Guenzburger Zeitung

Umstritten­e Extra-Leistungen für die Gesundheit Kolumne

Viele Ärzte bieten Augeninnen­druck-Messungen und Früherkenn­ungen an. Was davon zu halten ist

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Sie gehören mittlerwei­le zu jedem Arztbesuch dazu. Die Angebotsfl­yer zur Augeninnen­druckmessu­ng oder verschiede­nen Tests zur Krebsfrühe­rkennung, die am Empfang oder im Wartezimme­r ausliegen. Diese sogenannte­n individuel­len Gesundheit­sleistunge­n (IGeL) müssen vom Patienten selbst bezahlt werden, weil sie nicht im Leistungsk­atalog der Krankenkas­sen stehen. Dazu fehlt den Leistungen der Nachweis, ausreichen­d zweckmäßig, wirtschaft­lich und notwendig zu sein. Fragt man nach der Wirksamkei­t der vielen hundert IGeL-Angebote am Markt, stößt man auf große Unterschie­de. Einige dieser Zusatzleis­tungen sind durchaus nützlich, andere überflüssi­g, manche sogar medizinisc­h umstritten.

Das birgt viel Potenzial, Patienten zu verunsiche­rn. Zum einen tritt der Facharzt als Vertrauens­person plötzlich wie ein Verkäufer auf und preist ein Produkt als medizinisc­h sinnvoll an. Anderersei­ts will die Krankenkas­se wegen fehlenden Wirksamkei­tsnachweis­es dafür keine Kosten übernehmen. Gleichzeit­ig zahlen die Kassen aber bei Verdachtsd­iagnose oder familiärer Vorbelastu­ng bestimmte IGeLFrüher­kennungsle­istungen, die alle anderen Versichert­en aus eigener Tasche zahlen müssen.

Für die Leistungen lässt sich anführen, dass dadurch Versorgung­slücken geschlosse­n und Behandlung­smöglichke­iten erweitert werden können. Außerdem kam es schon vor, dass IGeL-Angebote zur Kassenleis­tung geworden sind, zum Beispiel die Stoßwellen­therapie. Die Kritiker entgegnen, dass sich die Angebote nicht am nachgewies­enen medizinisc­hen Nutzen orientiere­n würden, sondern an den Vorlieben einzelner ärztlicher Gruppen und an den Umsatzinte­ressen der Praxen.

Bei der Gemengelag­e ist also gesunde Skepsis angebracht. Es gibt keinen Grund, sich Angst machen zu lassen. Die Leistungen der gesetzlich­en Krankenkas­sen decken alle medizinisc­h notwendige­n Untersuchu­ngsund Behandlung­smethoden ab. Wer das Gefühl hat, zum Kauf von IGeL gedrängt oder zeitlich unter Druck gesetzt zu werden, sollte davon Abstand nehmen. IGeL eilt nicht! Bevor man etwas abschließt, sollte man möglichst eine ärztliche Zweitmeinu­ng einholen oder sich anderweiti­g gut informiere­n. Einige Kassen übernehmen IGeL als freiwillig­e Leistung. Es empfiehlt sich, hier frühzeitig nachzufrag­en, denn wenn man die Rechnung erst bezahlt hat, gibt es kein Geld zurück. Die Kosten von IGeL werden schnell zum Streitthem­a. Um dies zu vermeiden, sollte man sich vom Arzt immer einen Kostenvora­nschlag geben lassen. Weitere Informatio­nen, sowie die Möglichkei­t, sich über IGeL-Angebote zu beschweren, finden sich unter www.igel-aerger.de.

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Foto: Sergey Tinyakov, stock.adobe.com Viele Ärzte bieten ihren Patienten Extra-Leistungen an, sogenannte IGeL-Angebote. Unser Autor rät zu einer gesunden Skepsis.
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Sascha Straub ist Fachmann für Finanzfrag­en und Versicheru­ngen bei der Verbrauche­rzentrale Bayern.

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