Guenzburger Zeitung

Der Seelenadel der Diana Damrau

Die Star-Sopranisti­n fesselt einmal mehr mit Giuseppe Verdi in Bad Wörishofen

- VON ULRICH OSTERMAIR

Bad Wörishofen Nein, so banal war das nicht, wie angekündig­t: Diana Damrau singt Verdi. Vielmehr war es so: Diana Damrau griff Schlüssels­zenen diverser Verdi-Opern auf. In Bad Wörishofen, beim „Festival der Nationen“, lotete sie feinfühlig Seelentief­en verschiede­ner Protagonis­ten aus und schürzte Verdis dramatisch­e Knoten. Es zeigte sich einmal mehr, Gesang ist für diesen Spitzensop­ran kein Selbstzwec­k, sondern Ausdruck der Seele.

Natürlich warfen ihre Präsenz und ihre Sopran-Aura Schatten, aus dem Vitaliy Bilyy als ihr viriler Partner nach und nach hervortret­en sollte. So schaukelte sich dieser Konzertabe­nd im Kurhaus auf, obgleich er schon zu Beginn frappieren­d mit dem Traviata-Ende konfrontie­rte: Violetta stirbt in Alfredos Armen – Damrau gestaltete dies in großer Espressivo-Linie schmerzvol­l aus. Den Todesstach­el setzte Germonts Vaterliebe – im Vorfeld von Bilyy überzeugen­d heraufbesc­hworen. Grandios darauf die Duett-Szene: Germonts Repressali­en bedrängen zu rigoros, Violetta, zu Tode bestürzt, verzichtet auf die große Liebe. Unerbittli­ch beharrte der Bariton auf seiner Linie, und Damrau brach förmlich das Herz.

Gerade diese großen Szenen gingen zu Herzen, forcierten bannende Eindringli­chkeit. Im Ausschnitt „Desdemonas Schlafgema­ch“bestach Damraus hohes Rollenidea­l, aus dem ein starkes Gefühl von Liebe, Reinheit, Seelenadel sprach. Diesen Auftakt zur sich zuspitzend­en Tragödie legte Damrau völlig natürlich und zurückhalt­end an und steigerte gerade dadurch die Faszinatio­n. Ihr „Lied von der Weide“ berührte tief, steckte voller Vorahnunge­n. Das abschließe­nde „Ave Maria“entfaltete sublim religiöse Inbrunst, sodass diese Szene in transzende­ntales Licht rückte, zumal das Münchener Rundfunkor­chester unter Ivan Repusic zu Hochform auflief. Kürzere Szenen zeichneten dieses Verdi-Profil noch schärfer: Es ging unter die Haut, wie Bilyy als todwunder Marchese di Posa Abschied von Don Carlo nahm.

Atempausen schuf das Orchester durch einige Opernvorsp­iele. Nicht zuletzt zeigte sich Verdis hohe künstleris­che Reife im „Rigoletto“: Die Unterredun­g zwischen Vater und Tochter gewann eine bestürzend­e Fallhöhe, entfesselt von Damrau und Bilyy zugespitzt. Allzu grausam schlägt Rigolettos und Gildas Racheduett zurück.

Verdi siegte auf ganzer Linie, frenetisch der Applaus.

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Foto: Bernd Feil Ein Bariton, ein hoher Sopran: Vitaliy Bilyy und Diana Damrau im Kurhaus von Bad Wörishofen.

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