Der erste Showstar der Bundesliga
Löwen-Legende Petar Radenkovic wirkte weit über das Rasenviereck hinaus. Er nahm Platten auf und warb für Pomenade. Heute feiert der einstige Torwart seinen 85. Geburtstag
BUNDESLIGA, MÄNNER V. MONTAG Er kam wie viele seiner Landsleute in jener Zeit: Mittellos, der deutschen Sprache nicht mächtig und auf der Suche nach Arbeit. Doch der Jugoslawe Petar Radenkovic wollte keinen Job als Kellner oder Schweißer, sondern als Fußballtorwart. 1961 stand er einsam auf dem Münchner Hauptbahnhof und wusste nicht wohin: Der FC Bayern München hatte ihn abgewiesen. Fünf Jahre später feierten Zehntausende den Mann aus Belgrad auf dem Marienplatz – der Torwart des TSV München 1860 riss die Meisterschale in die Höhe. Die „Löwen“erlebten ihre Blüte, und ihr Schlussmann war einer der großen Stars der Pionierjahre der Bundesliga.
„Radi“nannten ihn damals die Menschen. Zu verdanken hat Radenkovic den Spitznamen dem Münchener Fußballreporter Hans Schiefele, der sich von der Popularität des eleganten Torwarts dazu hinreißen ließ, ihn so zu nennen, wie das bayerische Staatsgemüse Rettich im Volksmund heißt.
Radenkovic war einer von fünf Ausländern bei der Bundesliga-Premiere am 24. August 1963. Die TVBilder aus den Stadien waren schwarz-weiß, die Trikots aus Baumwolle und Sport war Sport – und keine Unterhaltung. Außer, wenn Radi spielte. Der Sohn eines serbischen Folkloresängers gestikulierte wild, seine Paraden waren Flugschauen und oft Foto: dpa verließ er sein Tor weit über den Strafraum hinaus – um zu klären oder seinen Trainer Max Merkel zur Weißglut zu treiben. Radis Antwort auf dessen Tiraden: „Bin ich bestes Torwart von Welt.“Tatsächlich war er ein Torwart der Extraschafften klasse; mit ihm die Münchener die Qualifikation für die Bundesliga (1963), gewannen den Pokal (1964), erreichten das Europapokalfinale (1965) und wurden Meister (1966). Vor allem in wichtigen Spielen wuchs er über sich hinaus, so im Europapokal-Entscheidungsmatch gegen den übermächtigen AC Turin im Züricher Letzigrund. Der Kicker-Reporter schwärmte von „schwerelosen Flügen und unglaublichen Robinsonaden“.
Radenkovic war einer der besten Torhüter der Liga - und ihr erster Selbstdarsteller. Er inszenierte sich mit Schläue und Witz, er warb für Motorräder und Pomade, er trat in Fernsehshows und im Zirkus Krone auf – und er besang eine Schallplatte. „Bin i Radi, bin in König“wurde 400 000 Mal verkauft und stand wochenlang in den Top Ten. Trainer Merkel, sein Intimfeind, spottete mit Blick auf Radis Kollegen beim FC Bayern: „Bin i Radi, bin i Depp, König ist der Maier-Sepp.“
Er stand für jeden Fotogag zur Verfügung und erfüllte jeden Interview-Wunsch. Nur dem Kulturressort des Spiegel sagte er ab, als man ihn um eine Rezension von Peter Handkes Krimi „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“bat. Er hatte darin geblättert und dann abgelehnt – die Erzählung enthalte „nix viel Fußball“.
Heute wird er 85, und er kann noch genauso charmant lächeln wie damals und über die großen Zeiten plaudern. Damals, als er den Strafraum beherrschte und die Menschen begeisterte, dieser große Mann im schwarzen Dress, sprunggewaltig und unerschrocken und elegant wie ein Panther.