Aus für das „Erfolgssparen“
Auch die Raiffeisenbank Ichenhausen löst langfristige Sparverträge mit ihren Kunden auf. Der Vorstandschef sagt: Die Bank hat gar keine andere Wahl
Ichenhausen Erst waren es Sparkassen, die langfristige Prämiensparverträge kündigten. Jetzt sind auch Kunden genossenschaftlicher Geldinstitute von den Auswirkungen der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) betroffen. Die Ichenhauser Raiffeisenbank löst Laufzeit-Sparverträge mit ihren Kunden zum Ende März 2020 auf. Entsprechende Briefe sind bereits verschickt worden. „Es geht einfach nicht mehr“, beschreibt Vorstandsvorsitzender Michael Hösle gegenüber unserer Zeitung die Folgen der EZB-Politik.
Seit Jahren haben übliche Spareinlagen ein historisch niedriges Zinsniveau erreicht. Da waren viele froh, wenn sie noch lukrative Altverträge hatten, die vielleicht noch zwei, drei oder vier Prozent abwarfen. Aber damit ist es wohl endgültig vorbei. Im ganzen Bundesgebiet haben Sparkassen die speziellen Prämien-Verträge ihrer Kunden gekündigt. Das war offensichtlich erst der Anfang. So hat die Raiffeisenbank Ichenhausen nun ebenfalls die Reißleine ziehen müssen und Kündigungsbriefe verschickt. An die 1000 Sparkonten der Raiffeisenbank sind betroffen, so Vorstandschef Hösle. Es handele sich allerdings nicht um die gleiche Art von Prämiensparen wie bei der Sparkasse, sondern um Laufzeitverträge. Eine Kundin mit zwei derartigen Verträgen hat die Kündigungsschreiben in den vergangenen Tagen erhalten.
Die als „Erfolgssparen“bezeichneten Konten hatten ohnehin nur noch eine Verzinsung von 0,25 und einem Prozent bei festen Laufzeiten. Doch angesichts der europäischen Geldmarktsituation waren selbst solche Guthabenzinsen für die Raiffeisenbank „wirtschaftlich nicht mehr darstellbar“, bestätigt Hösle. In den vergangenen Jahren habe das genossenschaftliche Institut diese Verträge noch aufrecht erhalten können. Aber weil für höhere Geldanlagen bei der Bundesbank inzwischen Negativzinsen fällig werden, fiel die Bilanz natürlich zuungunsten der Raiffeisenbank aus. „Wir haben unsere Kunden immer darauf hingewiesen, dass diese Produkte kündbar sind“, argumentiert der Vorstandschef.
Angesichts der aktuellen Finanzmarktsituation seien solche Verträge dauerhaft nicht leistbar. Vorstand und Aufsichtsrat hätten ja entsprechende Verpflichtungen gegenüber den Mitgliedern der Genossenschaftsbank, um sich keinen Untreue-Vorwurf auszusetzen.
Die Reaktion bei den Kunden fiel unterschiedlich aus. So zeigt eine Kammeltalerin gewisses Verständnis für das Verhalten der Bank: „Sie kann ja eigentlich gar nicht anders.“Andere dagegen waren von den Kündigungen alles andere als begeistert und schoben der Raiffeisenbank die Verantwortung zu. „Die EZB macht uns das Leben schwer“, beschreibt Hösle die Lage des Ichenhauser Geldinstitutes mit seinen 48 Mitarbeitern in fünf Geschäftsstellen. Während die Sparer unter der Nullzinsphase leiden, die nach Ansicht Hösles wohl noch einige Jahre dauern werde, herrsche bei den günstigen Krediten eine starke Nachfrage. Dennoch verzeichnet die Bank, der schwäbischen Mentalität entsprechend, einen deutlichen Einlagen-Überhang.
Andere Banken im Landkreis gehen den Schritt der Kündigung noch nicht. Wie im Mantelteil unserer Zeitung berichtet, plant die Sparkasse Günzburg-Krumbach laut ihrem Vorstandsvorsitzenden Daniel Gast derzeit nicht, Altverträge zu kündigen. Er könne aber nicht ausschließen, dass dies nicht in Zukunft geschehen werde. Bei der Raiffeisenbank Jettingen-Scheppach werden derzeit keine Kündigungen von Altverträgen ausgesprochen, wie Vorstandssprecher Markus Deubler gegenüber unserer Zeitung erklärt. Bei entsprechenden Laufzeiten sei eine Kündigung überdies gar nicht möglich: „Dazu stehen wir“, so Deubler, auch wenn das mittlerweile teures Geld sei. Probleme mit Prämienverträgen ohne feste Laufzeiten wie die Sparkassen habe die Raiffeisenbank Jettingen-Scheppach nicht. (mit rjk)