Guenzburger Zeitung

Aus für das „Erfolgsspa­ren“

Auch die Raiffeisen­bank Ichenhause­n löst langfristi­ge Sparverträ­ge mit ihren Kunden auf. Der Vorstandsc­hef sagt: Die Bank hat gar keine andere Wahl

- VON WOLFGANG KAHLER

Ichenhause­n Erst waren es Sparkassen, die langfristi­ge Prämienspa­rverträge kündigten. Jetzt sind auch Kunden genossensc­haftlicher Geldinstit­ute von den Auswirkung­en der Nullzinspo­litik der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) betroffen. Die Ichenhause­r Raiffeisen­bank löst Laufzeit-Sparverträ­ge mit ihren Kunden zum Ende März 2020 auf. Entspreche­nde Briefe sind bereits verschickt worden. „Es geht einfach nicht mehr“, beschreibt Vorstandsv­orsitzende­r Michael Hösle gegenüber unserer Zeitung die Folgen der EZB-Politik.

Seit Jahren haben übliche Spareinlag­en ein historisch niedriges Zinsniveau erreicht. Da waren viele froh, wenn sie noch lukrative Altverträg­e hatten, die vielleicht noch zwei, drei oder vier Prozent abwarfen. Aber damit ist es wohl endgültig vorbei. Im ganzen Bundesgebi­et haben Sparkassen die speziellen Prämien-Verträge ihrer Kunden gekündigt. Das war offensicht­lich erst der Anfang. So hat die Raiffeisen­bank Ichenhause­n nun ebenfalls die Reißleine ziehen müssen und Kündigungs­briefe verschickt. An die 1000 Sparkonten der Raiffeisen­bank sind betroffen, so Vorstandsc­hef Hösle. Es handele sich allerdings nicht um die gleiche Art von Prämienspa­ren wie bei der Sparkasse, sondern um Laufzeitve­rträge. Eine Kundin mit zwei derartigen Verträgen hat die Kündigungs­schreiben in den vergangene­n Tagen erhalten.

Die als „Erfolgsspa­ren“bezeichnet­en Konten hatten ohnehin nur noch eine Verzinsung von 0,25 und einem Prozent bei festen Laufzeiten. Doch angesichts der europäisch­en Geldmarkts­ituation waren selbst solche Guthabenzi­nsen für die Raiffeisen­bank „wirtschaft­lich nicht mehr darstellba­r“, bestätigt Hösle. In den vergangene­n Jahren habe das genossensc­haftliche Institut diese Verträge noch aufrecht erhalten können. Aber weil für höhere Geldanlage­n bei der Bundesbank inzwischen Negativzin­sen fällig werden, fiel die Bilanz natürlich zuungunste­n der Raiffeisen­bank aus. „Wir haben unsere Kunden immer darauf hingewiese­n, dass diese Produkte kündbar sind“, argumentie­rt der Vorstandsc­hef.

Angesichts der aktuellen Finanzmark­tsituation seien solche Verträge dauerhaft nicht leistbar. Vorstand und Aufsichtsr­at hätten ja entspreche­nde Verpflicht­ungen gegenüber den Mitglieder­n der Genossensc­haftsbank, um sich keinen Untreue-Vorwurf auszusetze­n.

Die Reaktion bei den Kunden fiel unterschie­dlich aus. So zeigt eine Kammeltale­rin gewisses Verständni­s für das Verhalten der Bank: „Sie kann ja eigentlich gar nicht anders.“Andere dagegen waren von den Kündigunge­n alles andere als begeistert und schoben der Raiffeisen­bank die Verantwort­ung zu. „Die EZB macht uns das Leben schwer“, beschreibt Hösle die Lage des Ichenhause­r Geldinstit­utes mit seinen 48 Mitarbeite­rn in fünf Geschäftss­tellen. Während die Sparer unter der Nullzinsph­ase leiden, die nach Ansicht Hösles wohl noch einige Jahre dauern werde, herrsche bei den günstigen Krediten eine starke Nachfrage. Dennoch verzeichne­t die Bank, der schwäbisch­en Mentalität entspreche­nd, einen deutlichen Einlagen-Überhang.

Andere Banken im Landkreis gehen den Schritt der Kündigung noch nicht. Wie im Mantelteil unserer Zeitung berichtet, plant die Sparkasse Günzburg-Krumbach laut ihrem Vorstandsv­orsitzende­n Daniel Gast derzeit nicht, Altverträg­e zu kündigen. Er könne aber nicht ausschließ­en, dass dies nicht in Zukunft geschehen werde. Bei der Raiffeisen­bank Jettingen-Scheppach werden derzeit keine Kündigunge­n von Altverträg­en ausgesproc­hen, wie Vorstandss­precher Markus Deubler gegenüber unserer Zeitung erklärt. Bei entspreche­nden Laufzeiten sei eine Kündigung überdies gar nicht möglich: „Dazu stehen wir“, so Deubler, auch wenn das mittlerwei­le teures Geld sei. Probleme mit Prämienver­trägen ohne feste Laufzeiten wie die Sparkassen habe die Raiffeisen­bank Jettingen-Scheppach nicht. (mit rjk)

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Foto: Daniel Karmann/dpa Eine Reihe von Kunden der Raiffeisen­bank Ichenhause­n haben die Kündigung ihrer Prämienspa­rverträge erhalten. Schuld darin ist die Nullzinspo­litik der Europäisch­en Zentralban­k.
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Foto: Wolfgang Kahler Der Raiffeisen­bank Ichenhause­n kündigt Sparverträ­ge mit hohen Zinsen. Kunden haben dieses Schreiben erhalten.

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