Guenzburger Zeitung

Viel Ehre für den Schneider

Ulm beschenkt Flugpionie­r Albrecht Ludwig Berblinger zu seinem 250. Geburtstag mit üppigem Festprogra­mm

- VON RONALD HINZPETER

Ulm Um ein Leben vollständi­g zu ruinieren, braucht es oft nur einige fatale Minuten. Das musste der Ulmer Flugpionie­r Albrecht Ludwig Berblinger bitter erfahren, als er 1811 mit seinem Gleiter in der Donau landete. Es dauerte sehr lange, bis er von der Spottfigur zum Helden wurde. Zu seinem 250. Geburtstag im kommenden Jahr hat seine Heimatstad­t ein mächtiges Feierprogr­amm geschneide­rt. Am Freitag wurde es der Öffentlich­keit präsentier­t. Warum schon so früh? Weil, sozusagen als vorgezogen­e Einstimmun­g auf das Jubiläum, bereits am 3. Oktober im Ulmer Theater die Uraufführu­ng des Stückes „Berblinger, Schneider.“über die Bühne geht.

Berblinger­s Zeitgenoss­en, die so viel Hohn über ihren gescheiter­ten Mitbürger ausgossen, konnten nicht ahnen, dass zwei Jahrhunder­te später ein Oberbürger­meister ausgerechn­et wegen ihm Ulm zur „Erfinderst­adt“ausruft. So sagte es Gunter Czisch bei der Vorstellun­g des üppigen Feierprogr­amms. Es soll nicht nur die altbekannt­e Geschichte noch einmal aufleben lassen, sondern auch beleuchten, wie eine Stadtgesel­lschaft auf Wandel reagiert. Kulturbürg­ermeisteri­n Iris Mann warf die Frage auf, was die damaligen Ereignisse den Menschen in heutiger Zeit sagen und was „wir für die Zukunft daraus lernen können“. Wie gehe die Stadtgesel­lschaft beispielsw­eise mit „solchen Figuren um, die uns zunächst quer kommen“. Berblinger sei damals zwar gescheiter­t, aber auf dem richtigen Weg gewesen. Mann: „Wer kein Risiko eingeht, wird sich auch nicht weiterentw­ickeln.“

Und so dreht sich das Programm sehr stark um Innovation, Erfinderge­ist und den Mut zur Veränderun­g. Das Gros der Veranstalt­ungen steigt in der zweiten Maihälfte des kommenden Jahres. Der Termin wurde nicht nur wegen des Flugversuc­hs gewählt, der sich am 31. Mai jährt, sondern auch, um dem Donaufest nicht in die Quere zu kommen, das Anfang Juli gefeiert wird. Und dann steht ja kurz danach schon wieder der Schwörwoch­entrubel ins Haus.

Was das Thema Innovation angeht, so startet bereits am 3. Oktober ein entspreche­nder Wettbewerb mit dem Titel „Test Test Contest“. Dazu seien alle Leute „mit TüftlerGen“aufgerufen, nicht nur technische Neuentwick­lungen einzureich­en, sondern auch Ideen, welche die Gesellscha­ft voranbring­en. Anders als es dem unglücklic­hen Berblinger widerfahre­n ist, sollen diesmal Erfinderin­nen und Erfinder die notwendige gesellscha­ftliche Unterstütz­ung erfahren – unter anderem mit Geld. Insgesamt ist der Wettbewerb, für den bis zum 7. Februar 2020 Ideen eingereich­t werden können, mit 15 000 Euro dotiert. Ob er nur eine einmalige Sache bleiben oder zur Dauereinri­chtung wird, konnte Oberbürger­meister Czisch noch nicht sagen: „Jetzt schau’ ma erst mal.“

Besonders nah am Geist Berblinger­s ist der Donau-Langstreck­enflug. Die Stadt schickt zwischen dem 18. und 31. Mai eine Gruppe von Elektroflu­gzeugen los, die emissions- und geräuschar­m von der Mündung im Schwarzen Meer bis zur Quelle bei Donaueschi­ngen flussaufwä­rts reisen sollen, begleitet von Live-Kameras. Damit solle ein Zeichen für nachhaltig­en Luftverkeh­r gesetzt werden. Publikumsw­irksam dürfte die „Digital Wall“ werden. An zwei Abenden macht das Berliner Kollektiv Wittmann/ Zeitblom&Liebert die historisch­e Stadtmauer zwischen Metzgertur­m und Adlerbaste­i zu einer durchgängi­gen Projektion­sfläche, um mit Bildern und Tönen, die sich mit Ulmer Innovation­sthemen befassen, ein Gesamtkuns­twerk von fast einem Kilometer Länge zu schaffen.

Neben Ausstellun­gen, Gesprächsr­unden und anderen Auftritten ragen aus dem Programm zwei Bühnenerei­gnisse heraus. Da ist zum einen das Schauspiel „Ikarus“, das John von Düffel im Auftrag des Ulmer Theaters geschriebe­n hat, und das Musical „Berblinger – Der Traum vom Fliegen 2.0“, das drei Musiker aus der Region nach jahrelange­r Vorarbeit geschriebe­n haben und im Sommer aufführen.

All diese Ereignisse zu Ehren des verkannten Pioniers lässt sich die Stadt einiges kosten. 1,2 Millionen hat der Gemeindera­t dafür bewilligt, hinzu kommen noch 300000 Euro von Sponsoren.

Und geflogen wird zum Jubiläum natürlich auch

IWeitere Informatio­nen zum Programm finden sich auf www.berblinger.ulm.de

 ?? Foto: Ronald Hinzpeter ?? Auf dieses Programm sollen nicht nur die Ulmer fliegen: Albrecht Ludwig Berblinger, tragischer Pionier der Luftfahrt, wird zu seinem 250. Geburtstag mit einem ausgesproc­hen üppigen Programm gefeiert.
Foto: Ronald Hinzpeter Auf dieses Programm sollen nicht nur die Ulmer fliegen: Albrecht Ludwig Berblinger, tragischer Pionier der Luftfahrt, wird zu seinem 250. Geburtstag mit einem ausgesproc­hen üppigen Programm gefeiert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany