Guenzburger Zeitung

Klimastrei­t bremst schwarz-grüne Annäherung

Wie die Grünen die Union mit neuen, scharfen Vorschläge­n unter Druck setzen

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin CSU-Chef Markus Söder hat seiner Partei die grüne Wende verordnet – und von Bundeskanz­lerin Angela Merkel weiß man, dass sie viel lieber mit der Ökopartei koaliert hätte als mit der SPD. Doch jetzt, da es beim Klimaschut­z ans Eingemacht­e geht, wird der Graben zwischen der Union und den Grünen wieder breiter. Die jüngsten Vorschläge der Grünen zum Klimaschut­z seien einseitig, kritisiert Unionsfrak­tionsvize Andreas Jung (CDU) gegenüber unserer Redaktion. „Da kann noch nichts in Stein gemeißelt sein.“

Jung hat mit seinem CSU-Kollegen Georg Nüßlein das Klimakonze­pt für die Union ausgearbei­tet, das in das Klimapaket der Koalition eingefloss­en ist. Ohne die Zustimmung der Grünen würden entscheide­nde Teile im Bundesrat hängen bleiben. Am Wochenende haben diese nun einen eigenen Klimaplan vorgelegt, der viel einschneid­ender ist als das Paket der Koalition. „Wir brauchen eine Radikalitä­t, die sich in entschloss­enem Handeln ausdrückt“, heißt es im Forderungs­katalog. Er soll im November auf dem Grünen-Parteitag beschlosse­n werden. Dass die Partei damit jetzt an die Öffentlich­keit geht, ist kein Zufall. Am Mittwoch soll das Kabinett das Klimakonze­pt der Koalition in Teilen beschließe­n, das seit Wochen unter Beschuss steht. Zu wenig, zu spät, lautet das Urteil der Wissenscha­ft.

Die Grünen wollen deshalb viel energische­r in Wirtschaft und Gesellscha­ft eingreifen, als es CDU/CSU und SPD vorhaben. So soll der Preis für den Ausstoß einer Tonne Kohlendiox­id beim Heizen oder dem Fahren von Autos und Lkw anfangs 40 Euro kosten statt der von der Koalition geplanten zehn Euro. Der Liter Benzin oder Diesel würde damit beispielsw­eise um über zehn Cent teurer und nicht nur, wie bisher geplant, um rund drei Cent.

Ab 2025 wollen die Grünen auch auf den Neubau von Bundesstra­ßen verzichten. Sie planen außerdem, den Einbau von Ölheizunge­n sofort zu verbieten und nicht erst 2026 wie die Koalition. Gasheizung­en sollen schon 2025 nicht mehr neu eingebaut werden dürfen. Dem Verbrenner­motor schlüge bereits 2030 die letzte Stunde, wenn nur noch Neuwagen mit alternativ­em Antrieb verkauft werden sollen. Fliegen würde ebenfalls mehr Geld kosten, weil auf Kerosin eine Energieste­uer aufgeschla­gen werden soll, die es bislang nicht gibt. Als sozialen Ausgleich sieht das Papier die Senkung der Stromsteue­r sowie ein Energiegel­d für jeden Bürger in Höhe von 100 Euro vor.

„Mit solch hohen CO2-Preisen zu starten heißt, den Menschen in die Tasche zu greifen“, warnt CSU-Experte Nüßlein. „So muss man den Verbrennun­gsmotor auch nicht verbieten, sondern Schritt für Schritt ersetzen. Das kann nicht die Politik, das muss der Markt machen über die Entwicklun­g neuer Technologi­en.“Und wer keine Bundesstra­ßen mehr

Eine Forderung: Keine neuen Bundesstra­ßen mehr

bauen wolle, so Nüßlein, „soll einmal mit den Bürgerinne­n und Bürgern sprechen, die seit Jahren auf Umgehungss­traßen warten.“CDU-Kollege Jung sieht trotz der Differenze­n aber noch Möglichkei­ten für einen Kompromiss. „Auch im Papier der Grünen stecken viele Gemeinsamk­eiten mit uns.“

Kritik an den Grünen kommt auch aus der Luftverkeh­rswirtscha­ft. „Es ist nicht zutreffend, dass der Luftverkeh­r einen Vorteil gegenüber der Bahn hat, weil das Kerosin nicht besteuert wird“, sagt der Hauptgesch­äftsführer des Branchenve­rbandes BDL, Matthias von Randow. Die Ticketsteu­er bringe schon heute doppelt so viel ein wie eine mögliche Abgabe auf Kerosin. Die Koalition will Flüge durch das Anheben der Steuer je nach Distanz um drei bis 17 Euro je Flug verteuern. »Kommentar

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