„Ich habe fünf Personen ermordet“
Ein 25-Jähriger dringt in ein Haus in Kitzbühel ein. Aus Eifersucht erschießt er seine Ex-Freundin und deren neuen Freund, den Bruder und die Eltern. Dann geht er zur Polizei
Kitzbühel Der junge Mann versucht gar nicht erst zu fliehen oder zu leugnen. Minuten, nachdem Andreas E. aus Eifersucht seine Ex-Freundin und deren Familie erschossen hat, steht er in der Polizeiinspektion Kitzbühel. Dort sagt der 25-Jährige zu den Polizisten: „Ich habe soeben fünf Personen ermordet.“Dann legt er eine Pistole und ein Messer auf den Tresen. Der junge Mann wird sofort festgenommen.
Und doch bleibt das, was am frühen Sonntagmorgen in dem 8000-Einwohner-Ort in Tirol passiert ist, unbegreiflich. Dem Großaufgebot an Einsatzkräften, das kurz nach dem Geständnis von Andreas E. zum Einfamilienhaus geeilt ist, muss sich ein schreckliches Bild geboten haben: Sie finden fünf Menschen, die durch Schüsse getötet wurden – die 19-jährige Ex-Freundin von Andreas E., den Vater, 59, die Mutter, 51, sowie den Bruder der jungen Frau und ihren neuen Freund, beide 25.
Was in den Stunden davor passiert sein muss, können die Ermittler dank der Aussagen des Tatverrekonstruieren. In einem Lokal in Kitzbühel soll Andreas E. am Samstagabend zufällig die 19-Jährige getroffen haben, die vor zwei Monaten mit ihm Schluss gemacht hat. So schildert es Walter Pupp, Chef des Landeskriminalamts Tirol, am Sonntagmittag auf einer Pressekonferenz. Es kommt zum Streit zwischen E. und dem neuen Freund, der aber bald „befriedet“werden kann. Dieser kurze Disput scheint nach bisherigen Erkenntnissen nicht wirklich dramatisch verlaufen zu sein. Dennoch wird er wohl zum Auslöser der Tat, die fast einem Amoklauf gleicht.
Am Sonntagmorgen gegen 4 Uhr klopft Andreas E., der bei einer örtlichen Baufirma beschäftigt ist, an die Tür des Einfamilienhauses. Der Vater seiner Ex-Freundin öffnet. Es kommt zum Wortgefecht. Der 59-Jährige macht Andres E. klar, dass er in dem Haus nichts mehr zu suchen habe. Der 25-Jährige fährt wieder nach Hause – allerdings nur, um die Pistole seines Bruders zu holen. Der Bruder, aktuell im Ausland, besitzt die Waffe laut Polizei rechtmäßig und hat sie wohl auch ordnungsgemäß aufbewahrt.
Gegen 6 Uhr taucht Andreas E. wieder vor dem Elternhaus seiner Ex-Freundin auf. Als deren Vater erneut die Tür öffnet, erschießt er ihn, die Mutter und den Bruder.
Dann gelangt Andreas E. über den Balkon zur verschlossenen Einliegerwohnung des Hauses, in der sich seine Ex-Freundin und ihr neuer Freund aufhalten. Er schlägt ein Fenster ein und erschießt die beiden. Nach Angaben von LKA-Chef Pupp wusste E. genau, wo er das Paar finden würde. Schließlich hatte der junge Mann selbst eine Zeit lang in dem Haus gewohnt.
Die Ermittler gehen derzeit davon aus, dass Andreas E. aus Eifersucht handelte und dass es keinen Mittäter gab. Wie es hieß, war der Mann nicht alkoholisiert. Pupp beschreibt den mutmaßlichen Täter als „ruhig“. Vor Jahren habe er kleidächtigen nere Delikte begangen, war aber nicht amtsbekannt. „So eine Eskalation war nicht annähernd absehbar“, betont der LKA-Chef.
Eine Obduktion soll nun die genaue Todesursache klären und auch die Frage, welche Rolle ein Messer gespielt hat, das der 25-Jährige nach der Tat bei der Polizei präsentierte.
In Kitzbühel, dem bekannten Nobel-Skiort, weht am Sonntag die schwarze Fahne am Rathaus. Verwandte und Freunde der Getöteten werden von einem Kriseninterventionsteam betreut. „Wir sind alle schockiert und in tiefer Trauer“, sagt Kitzbühels Bürgermeister Klaus Winkler.
Die Familie des Opfers, aber auch die Familie des Tatverdächtigen seien im Ort angesehen gewesen. „Das ist noch nie da gewesen, dass eine ganze Familie so tragisch ausgelöscht wurde“, sagt Winkler. Auch der Arbeitgeber der 19-Jährigen sei zutiefst erschüttert. „Sie war ein besonders fleißiges Mädel, alle sind fassungslos.“Winkler sprach von einer „völlig irrationalen Handlung“. (sok, dpa)
Er fährt weg und kommt mit der Pistole wieder