Abenteuer im Wald und eine wilde Seefahrt
Der Auftritt des Blechbläserensembles Rainer Hauf in Burgau unterstreicht mit Bildern die Macht der Musik
Burgau Ein Künstler mit regionalem Bezug war bei der jüngsten Kulturveranstaltungen in der Burgau Kapuziner-Halle zu Gast. Rainer Hauf ist der Lehrer der Blechbläser am St.-Thomas-Gymnasium Wettenhausen. Als Mitglied des Nördlinger Bachtrompeten-Ensembles hat er sich einen Namen gemacht. In Burgau präsentiert er sich als Trompeter und Leiter eines elfköpfigen Ensembles. Seine Kollegen fand Hauf teilweise beim Nördlinger Bachtrompeten-Ensemble und beim Orchester des Staatstheaters Augsburg.
In Burgau stand konzertante Blasmusik der Extraklasse auf dem Programm. „Auf Kurs und auf Irrwegen“lautete der Titel des Abends. Denn zuerst ging es mit Engelbert Humperdinck in den Wald, wo sich Hänsel und Gretel verirrten. Danach erklang das zeitgenössische Stück „Die Seereise“aus der Feder von Tom Lier, das von einem Auswanderer nach Amerika erzählt.
Beide Stücke haben gemeinsam, dass die Instrumentalisten von einem Sprecher unterstützt werden. In Burgau wurde diese Rolle sehr ausdrucksvoll von Matthias Ubert übernommen. Dieser liefert teils verbindende Texte, teils interagiert er mit den Musikern. So ist zum Beispiel die strenge Rede der Mutter bei Hänsel und Gretel mit einem donnernden Soli der Posaunen und der Tuba unterlegt. Als die Hexe in den Ofen geschoben wird, folgt ein schnelles Abwärtslegato.
Doch das war nicht das einzig Gelungene an der Aufführung von Humperdincks Märchenoper, die Hans-Joachim Drechsler auszugsweise für Bläserensemble mit Schlagwerk arrangierte. Beschwingt ist der Tanz, mit dem sich Hänsel und Gretel von ihrer schweren Arbeit ablenken, besinnlich und choralhaft der Abendsegen, luftig der Flug der Hexe auf ihrem Besen. Wie ein Triumphmarsch mutet das glänzende Finale an, als die Hexe am Ende besiegt ist. In Burgau erlebte das Werk zumindest visuell eine Uraufführung. Erstmals wurden dabei auf eine Leinwand Zeichnungen der Grafikerin und Illustratorin Ursula Frerich aus München projiziert. In echte Bilder von Waldlandschaften wurden gezeichnete Figuren montiert, Hänsel und Gretel als Kinder mit weißer Haut und farbigen Augen in Grün und Blau, die Hexe als eine Mischung aus schrulliger Alter in Küchenschürze und einer Piratenbraut mit Rose im Kopftuch. Frerich hatte auch die Illustrationen zu Tom Liers Seereise entworfen.
Der Komponist begleitet das Nördlinger Bachtrompeten-Ensemble üblicherweise am Schlagwerk. In Burgau beschränkte er sich darauf, die Technik zu steuern. Das Stück entstand im Jahr 2018 und ist inspiriert durch einen Studienaufenthalt des Komponisten in den USA. In vielen Gesprächen erzählten die Kommilitonen von der Auswanderung ihrer Vorfahren. Der Text der Seereise ist ein erfundenes Tagebuch eines Deutschen aus der Zeit um 1800, der sich auf das Schiff nach Amerika begibt, um für immer dort zu leben. Bluesig wird das Ablegen des Schiffes dargestellt, das auch den Abschied von den Lieben bedeutet. Nach einigen Tagen auf See spürt der Passagier eine kontemplative Stille, die musikalisch ähnlich wie ein Choral gestaltet ist. Mit zunehmend dissonanten Klängen wird der Seegang ausgemalt. Mitreißend ist das lateinamerikanisch anmutende Finale, das ein Freudenfest nach der glücklichen Ankunft im Zielhafen beschreibt. Das Publikum verabschiedet die Mitwirkenden mit tosendem Applaus. (mgh)