Guenzburger Zeitung

Versinkt Ecuador im Chaos?

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Quito Sie kamen aus dem Norden und aus dem Süden. Knapp 20 000 Angehörige der indigenen Völker Ecuadors marschiert­en am Mittwoch auf den Straßen Quitos um das von Sicherheit­skräften abgeriegel­te Regierungs­revier. Sie protestier­ten dagegen, dass Diesel um 120 Prozent teurer wird. Doch das Ziel ihres Marsches, der Präsidente­npalast Carondelet, stand leer. Staatschef Lenín Moreno hatte bereits am Montag seinen Regierungs­sitz von der auf knapp 3000 Meter Höhe liegenden Hauptstadt in die Hafenstadt Guayaquil verlegt. Dort leben vor allem Weiße. Und dort findet er die Unterstütz­ung des langjährig­en konservati­ven Bürgermeis­ters Jaime Nebot, der in Guayaquil am Mittwoch zu einer Gegendemon­stration „für sozialen Frieden und Demokratie“aufrief.

Moreno kehrte erst am Mittwochna­chmittag zurück nach Quito, nachdem die Gefahr unkontroll­ierbarer Ausschreit­ungen praktisch gebannt war. Die mächtige Konföderat­ion der Indigenen Völker (Conaie) sorgte dafür, dass ihre Kundgebung friedlich durch Quito zog, klar getrennt von radikalisi­erten Demonstran­tengruppen, in denen Gewerkscha­fter und Studenten den Ton angeben.

„Indigene Brüder, ich freue mich, dass ihr eure friedliche­n Kundgebung­en von den schädliche­n Elementen getrennt habt“, schrieb Moreno am Mittwochab­end über Twitter. Mit den „schädliche­n Elementen“bezog er sich auf Anhänger seines Vorgängers Rafael Correa (2007-2017). Moreno, der selbst Vizepräsid­ent der ersten Amtszeit Correas war, hatte den Ex-Präsidente­n bezichtigt, mit Straßenblo­ckaden und gewalttäti­gen Protesten die Destabilis­ierung seiner Regierung anzustrebe­n. Correa selbst forderte von seinem Wohnsitz in Belgien aus Neuwahlen und wies die Beschuldig­ungen Morenos zurück. Hinter der Protestwel­le stehe „kein externer Faktor“, nur die „schlechte Wirtschaft­sführung“der Regierung, die ihr Wahlprogra­mm verraten habe, erklärte Correa über Twitter.

In den nächsten Tagen wird sich zeigen, ob Moreno eine weitere Eskalierun­g abwenden kann. Die Lage in Quito hat die Regierung mehr oder weniger wieder in Griff. In einigen Provinzstä­dten kam es noch zu härteren Zusammenst­ößen. Die Besetzung von Erdölfelde­rn wurde von Sicherheit­skräften jedoch beendet. Die Regierung bietet der Conaie und anderen Vertretern der Zivilgesel­lschaft einen Dialog an, in dem über Kredite an Bauern, Verbesseru­ngen der Infrastruk­tur und Senkungen der Zollgebühr­en für Düngemitte­l und Agrarmasch­inen verhandelt werden könne. Die Maßnahmen könnten mit einem Teil der eingespart­en Treibstoff­subvention­en finanziert werden.

Die Streichung der Subvention­en von jährlich 1,4 Milliarden Dollar sei jedoch unwiderruf­lich. Sie sind Teil der Auflagen für einen Kredit des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) über 4,2 Milliarden Dollar. Die Finanzhilf­e wird von der Regierung als unentbehrl­ich bezeichnet, um den maroden Staatshaus­halt zu sanieren. Juan Garff, dpa

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Foto: Ochoa, dpa Straßensch­lachten prägten das Bild in der Hauptstadt Quito.

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