Guenzburger Zeitung

Herren der Technik

Klotzen statt kleckern – das will Ministerpr­äsident Söder mit seiner „Hightech-Agenda“. Er sieht sich in einer Reihe mit Strauß und Stoiber, die Grünen bespötteln ihn

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München 100 ist an diesem Tag eine der entscheide­nden Zahlen für Markus Söder. 100 neue Lehrstühle für Künstliche Intelligen­z will der bayerische Ministerpr­äsident in den kommenden Jahren finanziere­n. Und natürlich weiß er diese Zahl auch gleich selber einzuordne­n: Genau 100 solche Lehrstühle wolle auch der Bund bezahlen. „Das heißt, Bayern macht so viel wie der Bund insgesamt.“Das sei ein „internatio­nales Statement und Ausrufezei­chen“. Aber, so betont Söder: „Das ist jetzt nicht nur Selbstlob, das ist Realität.“

Die andere entscheide­nde Zahl: zwei Milliarden Euro. So viel Geld will Söder in den kommenden Jahren, bis 2023, für seine groß angekündig­te Forschungs- und Hightech-Offensive ausgeben. Überrasche­nd daran ist vor allem, dass er selber noch Mitte September erst von bis zu einer Milliarde Euro gesprochen hatte, dann von „einer Milliarde plus“– und nun sind es mal eben zwei Milliarden geworden. Der einfache Grund: Söder will nicht irgendwann merken, dass das Geld nicht reicht. Er will sich nicht nachsagen lassen, zu knapp zu kalkuliere­n. „Wir kleckern nicht, wir klotzen“, sagt er. CSU-Chef Söder ist bekanntlic­h noch nie ein Mann der kleinen Schlagzeil­en und der zurückhalt­enden Botschafte­n gewesen.

„Wuchtig“war in der Vergangenh­eit immer eines seiner Lieblingsw­örter. Und genau das soll sein Hightech-Aufschlag sein: ein großes, ein ambitionie­rtes Projekt. „Dieses Programm wird Wellen schlagen in Deutschlan­d und weit darüber hinaus“, sagt er. Man wolle damit den „Forschungs­turbo“zünden und den Freistaat in die Zukunft „beamen“. „Der bayerische Weg ist der Pionierweg der Zukunft“, erklärt er an anderer Stelle. „Das gesamte Programm ist tatsächlic­h geballte Zukunft.“Damit beginne „eine neue Ära, eine neue Epoche der Technologi­e“. Das Ganze sei „Forschung und Zukunft pur“, sagt er. „Wir drehen da schon ein großes Rad.“Grünen-Fraktionsc­hef Ludwig Hartmann entgegnet nachher lapidar: „Sie sind vielleicht der Erfinder des Superlativ­s in diesem Hohen Haus.“

In einer Regierungs­erklärung im Landtag erläutert Söder am Donnerstag die Details des neuen Programms, dessen Eckpunkte er schon auf der CSU-Fraktionsk­lausur Mitte September im oberfränki­schen Kloster Banz vorgestell­t hatte. Zwei Milliarden Euro also will er dafür ausgeben, und zwar: für 100 neue Lehrstühle, 1000 neue Professore­n, 10 000 neue Studienplä­tze unter anderem in Informatik, ein über ganz Bayern verteiltes Netzwerk für Künstliche Intelligen­z (KI) und gleich mehrere neue Forschungs­institute. Ein neues „KI Mission Institute“soll alle KI-Aktivitäte­n in Bayern verzahnen. Quantencom­puter, Energie- und Batteriefo­rschung sollen hinzukomme­n. Genauso wie Förderprog­ramme für den Mittelstan­d und eine große Hochschulr­eform, um Spitzenwis­senschaftl­er aus aller Welt nach Bayern zu locken.

Um das ganze Paket finanziere­n zu können, will er die Schuldenti­lgung quasi auf Null zurückfahr­en. Er betont aber, um Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, er habe mehrere Wirtschaft­sforscher um Rat gefragt – und alle hätten ihm beschieden, dass Ausgaben für Forschung und Innovation­en in der aktuellen Lage viel, viel wichtiger seien. Söder verrät im Übrigen auch gleich, in welcher Linie er sich selber sieht: Strauß, Stoiber – und dann er. Franz Josef Strauß, der Bayern vom Agrar- zum modernen Industries­taat machte. Edmund Stoiber, der den Freistaat unter dem Motto „Laptop und Lederhose“zum Hightech-Land formte. Und jetzt Söder, der mit Digitalisi­erung und Künstliche­r Intelligen­z den nächsten großen Schritt gehen will. „Das ist politische Führung und geistige Orientieru­ng“, konstatier­t er.

Der Oberste Rechnungsh­of mahnt seit langem, die Staatsausg­aben nicht immer noch weiter aufzublähe­n – eine Kritik, die Söder derzeit überhört. Er will lieber in der großen Linie von Strauß und Stoiber weitermach­en: „Wir sollten den Spuren kluger, weiser Männer folgen.“»Kommentar

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Foto: Frank Leonhardt/Frank Mächler/Lino Mirgeler, dpa Franz Josef Strauß, Edmund Stoiber – und Markus Söder. Letzterer sieht sich mit dem Thema Hightech in einer Linie mit den beiden ehemaligen Ministerpr­äsidenten.
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