Guenzburger Zeitung

Schmerzmit­tel und andere Trickserei­en

- VON JOHANNES GRAF joga@augsburger-allgemeine.de

Den menschlich­en Körper und dessen Sinne zu überlisten, ist mitunter ein Leichtes. Jeder kennt optische Täuschunge­n, etwa ein Bild, das eine junge und zugleich eine alte Frau zeigt. Mancher sieht das eine, mancher das andere, mancher beides. Das Täuschen auf die Spitze treiben Magier, die allerhand vorgaukeln. Mal zersägen sie Jungfrauen, mal zaubern sie Kaninchen aus dem Hut, mal lassen sie Menschen schweben oder verschwind­en. Letztlich beabsichti­gen die Houdinis stets, das menschlich­e Gehirn auszutrick­sen.

Prinzipiel­l lässt sich das auch mit Schmerz bewerkstel­ligen. Wobei man mit Hütchen-List und Entfesselu­ngskunst nicht weit kommt, wenn der Botenstoff Prostaglan­din seinen Auftrag erfüllt. Da die Methode des transferie­rten Schmerzes selten befriedigt – sich aufs Knie schlagen, um Kopfschmer­zen zu bekämpfen, löst auf Dauer nicht das Problem –, können Medikament­e Abhilfe schaffen. Vereinfach­t dargestell­t wirken diese so: Kein Botenstoff, kein Schmerz = Körper ausgetrick­st.

Nun spricht prinzipiel­l nichts dagegen, sich einmalig eine Ibu-Tablette einzuwerfe­n, wenn stundenlan­ges Sitzen im Büro zu Muskelvers­pannungen und Kopfaua führt. Anders verhält es sich indes, wenn im Profisport um Triumphe, Medaillen, letztlich um hunderttau­sende Euro gesprungen und gelaufen wird. Zwangsläuf­ig drängt sich der Gedanke auf, wann Trickserei­en den Rahmen des Erlaubten verlassen. Wer sich Tabletten einwirft, um Schmerz zu betäuben, der kramt vielleicht noch andere Schächtelc­hen und Fläschchen aus dem Apothekers­chrank, um schneller, höher und weiter zu kommen.

Wenigstens unglücklic­h ist daher der Umstand, dass die amerikanis­che Schmerzmit­telmarke Aleve die Ironman-Weltmeiste­rschaft auf Hawaii als Bühne nutzt; der Ableger des Bayer-Konzerns tritt als Sponsor auf. Die fragwürdig­e Botschaft dahinter: Wenn dein Körper unter enormer Belastung vor Schmerzen schreit, dann wirf dir ein paar Pillen ein – und weiter, ja vielleicht sogar schneller, geht’s.

Während Ironman-Funktionär Matthieu Van Veen die Partnersch­aft bizarrerwe­ise als „perfekt“bezeichnet­e, äußerte Christoph Simsch, der Anti-Doping-Beauftragt­e der Deutschen Triathlon Union, sein Unverständ­nis. Aus medizinisc­her als auch aus ethischer Sicht könne er die Partnersch­aft nicht gut heißen, meinte Simsch.

Sanfte Kritik, die verhallen wird. Einzig richtig wäre, die Zusammenar­beit mit Aleve zu beenden – statt Medikament­e als Erfüllungs­gehilfen im Sport anzupreise­n.

 ?? Symbolfoto: Imago ?? Interessan­ter Ansatz: Auf der IronmanWM wirbt eine Schmerzmit­telmarke des Bayer-Konzerns.
Symbolfoto: Imago Interessan­ter Ansatz: Auf der IronmanWM wirbt eine Schmerzmit­telmarke des Bayer-Konzerns.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany