Kontakt zu einer attraktiven Russin endet mit Geldstrafe
Ein 62-Jähriger muss sich vor Gericht verantworten. Eine Internetbeziehung ist ihm zum Verhängnis geworden
Günzburg So hat sich der 62-Jährige seine Internetbeziehung zu einer Krankenschwester wohl nicht vorgestellt. Die angeblich attraktive blonde Russin bat den Rentner um einen Gefallen. Er sollte Pakete mit Modeartikeln weiter ins Heimatland der Frau schicken. Das machte der Mann sechs Mal, was ihm von der Staatsanwaltschaft als Geldwäsche zur Last gelegt wurde. Das Amtsgericht Günzburg verhängte eine Geldstrafe in Höhe von 1400 Euro und blieb damit unter dem ursprünglichen Strafbefehl.
Die Masche ist recht weit verbreitet, wie ein Kripobeamter am Rande der Verhandlung unserer Zeitung sagte. Allerdings grassiert sie nicht so extrem wie die der falschen Polizisten am Telefon. Über Datingim Netz werden geeignete Opfer gesucht, die den in Russland ansässigen Ganoven bei ihren Betrugsmanövern helfen. Allein bei der Staatsanwaltschaft Memmingen sind 30 solcher Verfahren anhängig.
Als der angeklagte Rentner im Oktober vergangenen Jahres Kontakt mit der laut Beschreibung attraktiven blonden Russin aufnahm, lief er in die Falle. Die Frau verkaufte dem Mann eine geschickt inszenierte Geschichte zu ihrer Person zunächst per E-Mail, dann über die sozialen Medien. Sie sei aufgrund ihrer schlechten finanziellen Verhältnisse als Krankenschwester auf die Unterstützung ihres deutschen Freundes angewiesen. Er möge für sie Pakete aus Deutschland nach Russland schicken. Pro Paket würde sie von ihrem Onkel 100 Euro erhalten. Ein direkter Versand von deutHändlern sei nicht möglich. Der so umgarnte Rentner sprang auf die Story an, versprach er sich doch nach Ansicht der Staatsanwaltschaft eine Liebesbeziehung und habe aufkommende Bedenken zurückgestellt. Der Angeklagte leitete sechs Pakete an die angebliche Empfängerin weiter. Dann stand die Polizei bei ihm vor der Tür. Bei der Ware, die über den Landkreis Günzburg nach Russland weiter ging, handelte es sich um Bekleidung von mehreren Online-Händlern im Gesamtwert von circa 4500 Euro. Diese Bestellungen erfolgten über die Konten von Kunden, deren Kontaktdaten die organisierten Betrüger ergattert hatten. Als die Kleidungsstücke und Schuhe nicht bezahlt wurden, flatterten dem Rentner Mahnungen ins Haus. Da erst sei ihm der Gedanke gekommen, dass er Gaunern aufPortale gesessen sein könne, wie er in der Verhandlung sagte. Als gegen ihn wegen des vom Strafgesetz als Geldwäsche eingestuften Paketversands die Memminger Kripo ermittelte, machte der Mann reinen Tisch. „Er machte ein überschießendes Geständnis“, wie die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer sagte, weil er gegenüber der Kripo von mehr Fällen erzählte, als bereits bekannt waren.
Nach kurzem Rechtsgespräch zwischen Richter Martin Kramer, der Staatsanwältin und dem Augsburger Rechtsprofessor Hermann Kühn als Verteidiger wurde der Einspruch gegen den Strafbefehl auf die Rechtsfolgen beschränkt. Einer vom Anwalt angesprochenen Einstellung des Verfahrens wollte Richter Kramer angesichts der Vielzahl der Fälle nicht folgen. Weil der Kripobeamte als Zeuge den Angeklagschen ten als kooperativ und geständig beschrieb, reduzierte die Staatsanwältin ihren Antrag auf eine Geldstrafe in Höhe von 45 Tagessätzen zu 40 Euro, der Anwalt hielt einen Betrag in Höhe von 1050 Euro für ausreichend.
Im Urteil ging Kramer auf die menschlichen und finanziellen Folgen des Falles ein. Ein Teil des entstandenen Schadens bei den Versandhändlern hat der Angeklagte bereits bezahlt. So bewegte sich die Geldstrafe mit 1400 Euro zwischen der Forderung der Staatsanwältin und dem Antrag des Verteidigers. Sie wäre in Anbetracht der Schadenssumme eigentlich höher ausgefallen, so der Richter, aber er habe die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten und das vom Verteidiger hervorgehobene „Nachtat-Verhalten“berücksichtigt.