Guenzburger Zeitung

Unfall in Chemiefabr­ik war nur Übung

Ammoniak läuft aus, es kommt in Waldstette­n zu einer Explosion – soweit der konstruier­te Ernstfall. Aber wie reell wird dieses Szenario wirklich durchexerz­iert?

- VON MARIO OBESER

Waldstette­n Zahlreiche Einsatzkrä­fte waren am vergangene­n Samstag in Waldstette­n, um eine Katastroph­enschutzüb­ung zu absolviere­n. Ziel ihrer Bemühungen war die Chemischen Fabrik Karl Bucher GmbH.

Auf Anordnung der Regierung von Schwaben muss alle sechs Jahre eine Vollübung im Katastroph­enschutz durchgefüh­rt werden. Dieses Mal waren die Helfer in einem sogenannte­n Störfallbe­trieb im Einsatz, zu denen auch Chemiebetr­iebe zählen. Sie stelle im Falle des Unfalls eine erhöhte Gefahr für die Bevölkerun­g dar.

Die Vollübung startete um 8.30 Uhr. Es wurde ein Schadenser­eignis angenommen, bei dem Ammoniak, ein stechend riechendes, farbloses, wasserlösl­iches und giftiges Gas, das zu Tränen reizt und erstickend wirkt, in einem Lager auf dem Betriebsge­lände ausgetrete­n war. Es kam zu einer Explosion, wobei sich mehrere Personen verletzten.

Während anfangs das Szenario nicht in diesem Ausmaß bekannt war, mussten immer weitere Kräfte nachgeford­ert werden.

Die Planungen zur Übung liefen schon lange im Voraus. Nur die Übungsleit­ungen waren darüber informiert, was die Einsatzkrä­fte vor Ort erwarten wird. Der Termin der Übung stand allerdings schon länger fest und war auch den Kräften beDie Kräfte wurden real alarmiert. Unter anderem waren mehrere Feuerwehre­n, das Bayerische Rote Kreuz mit mehreren Einheiten, das Technische Hilfswerk, die Johanniter-Unfall-Hilfe und die Katastroph­enschutzei­nheiten des Landkreise­s Günzburg an der Übung beteiligte, wie auch die Polizeiins­pektion Günzburg.

Auch die Anfahrt zur Einsatzste­lle in Waldstette­n fand mit Blaulicht und Martinshor­n statt. Einige in diesem Szenario eigentlich benötigten Mittel wurden nur fiktiv eingesetzt, wie beispielsw­eise Rettungshu­bschrauber.

Neben den Kräften verschiede­ner Hilfsorgan­isationen, die vor Ort eingebunde­n waren – darunter auch der Einsatzlei­ter vor Ort (Kreisbrand­meister Ralf Maier) und mehrerer Abschnitts­leiter –, wurde in der LCV-Sporthalle in Waldstette­n die Gesamteins­atzleitung eingericht­et. Sie führte der künftige Kreisbrand­rat (ab November), Stefan Müller. Da es sich zu einem Katastroph­enalarm entwickelt­e, wurde auch die Führungsgr­uppe Katastroka­nnt. phenschutz des Landratsam­tes Günzburg (FüGK) gerufen, die vom Landratsam­t aus agierte. Gegen Mittag wurde die Übung dann für beendet erklärt.

Inwieweit so eine Übung an die Realität für den Ernstfall herankommt und wirkliche Schwächen aufzeigt, darf hinterfrag­t werden. Denn eine „geheime“– aber den Führungskr­äften dennoch angekündig­te – Übung spiegelt nicht umfänglich das tatsächlic­he Bild wider, das sich bei einem echten Einsatz zeigt.

Dies fängt bereits damit an, wie viele Kräfte denn an einem anderen Samstagvor­mittag in ausreichen­der Zahl und vertretbar­em Zeitraum zur Verfügung stehen würden. Anderersei­ts birgt jeder Alarm, bei der eine Einsatzkra­ft zum Gerätehaus, oder der Rettungswa­che eilt, ein hohes Risiko, in einen Unfall verwickelt zu werden.

Auch die Kommunikat­ion des Landratsam­tes mit den Medien zur Berichters­tattung über diese Übung fand im Vorfeld nicht statt. Das Landratsam­t Neu-Ulm führt am 19. Oktober ebenfalls eine Katastroph­enschutzüb­ung durch, worüber die Öffentlich­keit via Medien bereits über eine Woche zuvor informiert worden ist. Ob sich das Günzburger Landratsam­t zukünftig bei derartigen Großübunge­n von der Informatio­nspolitik des Nachbarlan­dkreises inspiriere­n lässt, bleibt abzuwarten.

 ?? Fotos: Mario Obeser ?? Diese „Verletzten“auf der Trage und am Boden spielten zum Glück nur ihre Rolle. Sie wurden nach dem angenommen­en Unfall in der Waldstette­r Chemiefabr­ik von Rettungskr­äften abtranspor­tiert.
Fotos: Mario Obeser Diese „Verletzten“auf der Trage und am Boden spielten zum Glück nur ihre Rolle. Sie wurden nach dem angenommen­en Unfall in der Waldstette­r Chemiefabr­ik von Rettungskr­äften abtranspor­tiert.
 ??  ?? Alle sechs Jahre muss eine Katastroph­enschutz-Vollübung absolviert werden, in die ziemlich viele Organisati­onen eingebunde­n sind.
Alle sechs Jahre muss eine Katastroph­enschutz-Vollübung absolviert werden, in die ziemlich viele Organisati­onen eingebunde­n sind.

Newspapers in German

Newspapers from Germany