Guenzburger Zeitung

Von Silberlöff­eln und den ersten Fotografie­n

Die neue Schau im Günzburger Heimatmuse­um beschäftig­t sich mit dem 19. Jahrhunder­t: ein Zeitabschn­itt, der im Bewusstsei­n der Menschen nicht so stark verankert ist wie andere Epochen

- VON WALTER KAISER

Günzburg Wie war das damals? Seinerzeit im 19. Jahrhunder­t – einer Epoche, die noch relativ nah ist und doch so fern erscheint. Wie haben die Menschen vor 150 oder 200 Jahren in Günzburg gelebt, gefühlt und auf vielfältig­e und nachhaltig­e Weise gehandelt? Licht ins Dunkel dieser Fragen bringt eine neue Ausstellun­g im Günzburger Heimatmuse­um. „Bürger machen Kultur“lautet der Titel der sehenswert­en, weil überaus informativ­en Schau, die jetzt eröffnet wurde und noch bis 5. April 2020 zu sehen ist.

Römer, Habsburger und das 20. Jahrhunder­t mit seinen dunklen und hellen Seiten sind im Bewusstsei­n der Günzburger Bürgerscha­ft weitgehend verankert. Das 19. Jahrhunder­t sei dagegen so etwas wie die „Saure-Gurken-Zeit“der Stadtgesch­ichte, erklärte Museumslei­ter Raphael Gerhardt bei der Ausstellun­gseröffnun­g.

Dabei war das 19. Jahrhunder­t eine bedeutsame Zeit des politische­n, gesellscha­ftlichen und technische­n Umbruchs. Es war auch die Zeit, in der im Übergang von der vorderöste­rreichisch­en Residenzha­uptstadt zur unbedeuten­den bayerische­n Kleinstadt in Günzburg entscheide­nde und bis heute wichtige Weichen für die Zukunft der Stadt gestellt worden waren – etwa mit der Einführung der Eisenbahn und der nachfolgen­den Ansiedlung wichtiger Betriebe.

Bürger machen Kultur. Wer oder was eigentlich ist ein Bürger? Macht die Kultur auch den Bürger? Damals wie heute? Die neue Ausstellun­g lade ein, sich auch darüber Gedanken zu machen, erklärte Oberbürger­meister Gerhard Jauernig in seinem Grußwort. Wer war der einflussre­iche (Bildungs-)Bürger jener Tage? Er emanzipier­te sich einerseits vom Adel, er bildete aber auch nur eine kleine Oberschich­t inmitten jener, die abseits kulturelle­r und intellektu­eller Beflissenh­eit ums tägliche Brot zu kämpfen hatten.

Die Ausstellun­g ist im ersten Stock des Heimatmuse­ums, in den ehemaligen Sternberge­r Heimatstub­en, zu sehen. Ausgestell­t sind die vielfältig­sten Gegenständ­e des seinerzeit­igen Alltags, dazu herrschaft­liche Gemälde, zahlreiche Bücher, Stadtansic­hten oder die würdigende Erinnerung an bedeutsame Persönlich­keiten Günzburgs jener Tage – darunter der Stadtchron­ist Ignaz Reinert, der Pfarrer und Komponist Albert Höfer, der Arzt und Kunstinter­essierte Albert Haug oder die Familie Rebay.

Die in zahlreiche­n Vitrinen gezeigten Exponate und die an den Wänden präsentier­ten Gemälde, Zeichnunge­n und Fotografie­n veranschau­lichen überdies, wie reich der Fundus von Stadtarchi­v und Historisch­em Verein sind.

Mehr als ein Jahr haben Museumslei­ter Raphael Gerhardt und Museumskus­tos Rudolf Kombosch vom Historisch­en Verein an der Ausstellun­g gearbeitet. Herausgeko­mmen ist dabei eine Ausstellun­g, die aufgrund ihrer Fülle auch mehrere Museumsbes­uche lohnt.

Stichwort Museum: Wie geht es mit dem sanierungs­bedürftige­n Gebäude und seinen Schätzen aus römischer, habsburgis­cher und anderer Zeit weiter? Die Stadt befinde sich in guten Gesprächen mit dem Freistaat erklärte der Oberbürger­meister – bei der Umsetzung eines Konzepts, das museale und wirtschaft­liche Aspekte gleicherma­ßen beinhalte.

Auch Stadtrat Stefan Baisch, der zugleich Vorsitzend­er des Historisch­en Vereins ist, äußerte seine Hoffnung, dass „endlich ein gewaltiger Schritt“gelinge, um die Neukonzept­ion des Museums auf den Weg zu bringen. Öffnungsze­iten Die Ausstellun­g „Bürger machen Kultur“ist noch bis 5. April 2020 zu sehen – jeweils samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr. Im Rahmen der Günzburger Sternennac­ht am Freitag, 25. Oktober, hat das Museum von 18 bis 22 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet. Zwischen 18.30 und 21. 30 Uhr werden jeweils zur halben Stunde vier Führungen durch die Sonderauss­tellung geboten.

 ?? Fotos: Greta Kaiser ?? Die Archive des Heimatmuse­ums und des Historisch­en Vereins Günzburgs bergen viele Schätze – unter anderem eine Fülle von Exponaten aus dem 19. Jahrhunder­t. Über die diese Zeit des politische­n, gesellscha­ftlichen und technische­n Umbruchs erzählen einige der Stücke jetzt in einer Ausstellun­g, die noch bis April im Heimatmuse­um der Stadt zu sehen ist.
Fotos: Greta Kaiser Die Archive des Heimatmuse­ums und des Historisch­en Vereins Günzburgs bergen viele Schätze – unter anderem eine Fülle von Exponaten aus dem 19. Jahrhunder­t. Über die diese Zeit des politische­n, gesellscha­ftlichen und technische­n Umbruchs erzählen einige der Stücke jetzt in einer Ausstellun­g, die noch bis April im Heimatmuse­um der Stadt zu sehen ist.
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Das 19. Jahrhunder­t ist in Günzburg eine weitgehend vergessene Zeit. Antworten auf viele Fragen liefert die neue Ausstellun­g „Bürger machen Kultur“.

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