Zurück zu den Wurzeln
Künstlerin Barbara Quintus widmet sich einer Technik, die man von ihr bislang wenig gewohnt ist: der Holzschnitzerei. Das Ergebnis zeigt derzeit die Burgauer Galerie
Burgau In 45 Arbeiten präsentiert Barbara Quintus in der Burgauer Galerie unter dem Themenfeld „Mensch und Natur“Bekanntes, aber auch viel Neues. Freunde von Barbara Quintus dürfen sich sowohl am Wiedererkennen erfreuen, als auch an der Entdeckung. Denn die renommierte Künstlerin, akademische Bildhauerin, die an der Fachschule für Holz- und Steinbildhauer Schriftgestaltung unterrichtet, hat sich in der Vorbereitung zur großen Ausstellung in der Burgauer Galerie einem in den vergangenen Jahren in ihrem künstlerischen Schaffen weniger bearbeiteten Material gewidmet: der Holzschnitzerei.
In ihren Lindenholzminiaturen stehen Dimension und Wirkung in starkem Kontrast. Die kleinen Schnitzarbeiten gehen in der Galerie vor den Gemälden und Tuschearbeiten zunächst beinahe unter. Doch wer sie entdeckt, wird von ihnen magisch angezogen. In jede dieser Arbeiten, in denen nur wenige Zentimeter große Menschen in verschiedensten Lebenssituationen und Konstellationen zu sehen sind, kann sich der Betrachter hineinversenken.
Zunächst scheint es sich um Idyllen, nette Darstellungen zu handeln. Doch wer sich auf eine intensive Betrachtung einlässt und sich auf eine Reise durch Kunst und Gesellschaft begibt, kann herauslesen, wie Barbara Quintus sich mit der modernen Gesellschaft auseinandersetzt: mit der Stellung der Frau, die oftmals als Alibifrau in einer Heerschar von wichtigtuerischen Männern dargestellt ist.
Doch emanzipatorischer Impetus allein ist es nicht, was diese Arbeiten auszeichnet. Sie fordern den Betrachter auf sich damit auseinanderzusetzen, wie unsere moderne Gesellschaft funktioniert, was sie aus uns macht: vereinzelte, einsame Individuen, jedes für sich nach Geld, Erfolg, Macht strebend. Kritische Gedanken, die zum Einhalten und Nach- und Überdenken auffordern. Bei aller Gesellschaftskritik findet sich in Barbara Quintus Schnitzarbeiten auch ein erfrischender, hintergründiger Humor.
Die Personengruppen, in denen jede einzelne kleine Figur, die zwar kein Gesicht hat, aber durch Haltung, Kleidung und Accessoires eindeutig interpretierbar ist, animieren, sich Geschichten dazu zu erfinden, die über alle Intellektualität hinaus einen augenzwinkernden Humor innehaben.
Menschen, speziell Frauenbilder, stilisierte grafisch betonte Gesichter vor einem Auszug des Gedichtes Weibsbilder, Keramiken, Weißzementarbeiten, Gemälde mit konturierten Menschengestalten. Auch diese, bekanntere Barbara Quintus ist in Burgau zu sehen. Astrid Thun, die den zahlreichen Vernissagebesuchern mit ihrer Einführung auch einen literarischen Zugang zum Werk der Ichenhauser Künstlerin ermöglichte, erklärte: „Die Weibsbilder auf der Leinwand leben es vor: Intelligente Frauen sollten sich besser vernetzen, die Pluralität ihrer Launen und Talente einander ergänzend einsetzen.“
Einen dritten Themenkomplex widmet Quintus der Natur. Hier arbeitet sie überwiegend mit Acryl, Blau ist ihre bevorzugte Farbe, kombiniert mit erdigen, feurigen Tönen, doch auch ein sparsam eingesetztes Gold, das externe Leuchtpunkte hervorruft, findet sich. Ein andermal versteht sie es, ihrem Werk von innen Licht- und Leuchtkraft zu geben, eine faszinierende Tiefe und Dreidimensionalität zu erreichen. Mit oft pastos aufgetragener Spachtelmasse gibt sie die Dynamik der Natur, der Naturgewalten wider, die sich im machtvollen Meerestoben oder dem lebendig gewordenen Feuer des Lavastroms manifestieren. Doch auch die andere Seite der Natur hat Barbara Quintus festgehalten: die Ruhe des Auwaldsees, die Boote im Mondlicht.
Die Ausstellung von Barbara Quintus gibt einen tiefen und spannenden Einblick in die vielfältige Produktivität der Künstlerin, die ihrem Stil treu bleibt und sich dennoch immer wieder auch auf Neues einlässt. (adl) Die Ausstellung „Barbara Quintus“ist noch bis zum 12. November in der Burgauer Galerie, Norbert-Schuster-Straße 6 zu sehen.
Kleine Schnitzarbeiten ziehen den Betrachter an