Blind wie ein Maulwurf
In der neuen Ausstellung des Walderlebniszentrums Roggenburg ist der Tastsinn gefragt. Der Rundgang durch den Pavillon mit verbundenen Augen erfordert auch etwas Mut
Roggenburg Ein Holztisch mit zwei Bänken, ein Hinweisschild und ein schwarzer Vorhang – mehr ist beim Betreten der neuen Ausstellung des Walderlebniszentrums Roggenburg zunächst nicht zu sehen. Das braucht es auch nicht, denn nichts zu sehen ist Teil des Konzepts. „Augen zu und durch“, steht auf der Tafel über dem Eingang des Pavillons. Blind wie ein Maulwurf sollen die Besucher die Waldvielfalt erleben. Genauer gesagt: ertasten.
Die Biodiversität, also die Vielfalt im Wald, zu vermitteln, ist das zentrale Anliegen des Walderlebniszentrums. „Wir versuchen, das Thema diesmal typisch waldpädagogisch zu bespielen“, sagt Albin Huber, Leiter der Einrichtung. Das Erleben mit allen Sinnen gehöre dazu. In der neuen Ausstellung, die am Freitag eröffnet wurde, steht der Tastsinn im Mittelpunkt.
Vorraum basteln sich die Besucher zunächst eine MaulwurfMaske. Mit dieser vor Augen lassen sich hinter dem Vorhang 20 verschiedene Gegenstände ertasten. Die meisten dieser Stücke kommen aus dem Roggenburger Forst, einige aus dem Fundus des Walderlebniszentrums. An einem Seil entlang bewegt man sich langsam vorwärts, kleine Holzkugeln markieren die Stellen, wo es etwas zu ertasten gibt.
Lea und Julia, zwei junge Mädchen aus Niedersachsen, die mit ihrer Familie die Herbstferien in der Region verbringen, wagen sich bei der Eröffnung als Erstes voran. Es erfordert etwas Mut, die Maske aufzusetzen und den Vorhang beiseitezuschieben. Schließlich weiß der Besucher nicht, was ihn erwartet. Und nicht bei jedem Gegenstand ist auf Anhieb klar, um was es sich da handelt. Ist das Stein? Ein Tierknochen? Steht da etwa plötzlich ein Baumstamm?
Die meisten Ausstellungsstücke hängen an einer Schnur, sodass sie vom Halteseil aus problemlos zu finden sind. Einige liegen auch in einer Holzkiste. In einer zweiten Runde, dann ohne Maske, kann jeder anschließend sehen, ob er mit den Vermutungen über das, was er oder sie in den Händen hielt, richtig gelegen hat. Auf Infotafeln sind die Exponate näher beschreiben.
Wer sich nicht traut, die Ausstellung mit Maske allein zu durchlaufen, könne sich auch von einer zweiten Person führen lassen, empfiehlt Huber. Die Idee für eine Ausstellung, bei der es auf den Tastsinn ankommt, sei ihm schon länger vorgeschwebt, erzählt er. In Verbindung mit der Vielfalt des Waldes sei es passend, das anzuwenden. „DarüIm ber hinaus soll die Ausstellung auch dazu anregen, in den Wald hinauszugehen und dort den Tastsinn anzuwenden“, sagt Huber.
Roggenburgs Bürgermeister Mathias Stölzle zeigt sich bei der Eröffnung beeindruckt von Albin Hubers Ideenreichtum. Neben Einheimischen, Ausflüglern und Tagestouristen kommen auch viele Schüler in die Ausstellungen am Parkplatz 3 beim Kloster. Denn die waldpädagogische Schwerpunkteeinrichtung der Bayerischen Forstverwaltung, angegliedert ans Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Krumbach, kooperiert eng mit dem benachbarten Bildungszentrum. „Wir haben jedes Jahr 150 Klassen hier, die an Projekten im Wald teilnehmen“, sagt Stölzle.
Ohne Maske geht es auf eine zweite Runde
Zeiten Die Ausstellung im Pavillon am Parkplatz 3 beim Kloster ist bis Sonntag, 19. April 2020, täglich von 9 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.