Guenzburger Zeitung

So soll der Bundestag wieder kleiner werden

Führender CDU-Politiker will weiteres Aufblähen des Parlaments verhindern

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Landeslist­en der Parteien bei Bundestags­wahlen könnten bald der Vergangenh­eit angehören. Wenn es nach dem Chef des Wirtschaft­sflügels von CDU und CSU geht, stünden künftig auf allen Stimmzette­ln in ganz Deutschlan­d dieselben Spitzenkan­didaten. Um ein weiteres Aufblähen des Bundestags durch Überhangma­ndate zu verhindern, soll künftig über Bundeslist­en gewählt werden, mit denen ein bundesweit­er Ausgleich der Mandate möglich wäre. Das sagte der CDUAbgeord­nete Christian von Stetten (Hohenlohe) unserer Redaktion. Derzeit lasse er deren Verfassung­smäßigkeit prüfen. Auch aktuelle Vorschläge der Opposition für eine Begrenzung der Zahl der Abgeordnet­en müsse die Regierung nun ernsthaft diskutiere­n.

Von Stetten ist der Vorsitzend­e des einflussre­ichen Parlaments­kreises Mittelstan­d (PKM) in der Union. Er setzt sich seit Jahren für eine Wahlrechts­reform ein. Denn der Bundestag wird immer größer. Vorgesehen sind eigentlich 598 Abgeordnet­e, je zur Hälfte Wahlkreisg­ewinner und Kandidaten, die über die Landeslist­en einziehen. Doch aktuell hat das Parlament bereits 709 Mitglieder, mehr als in allen anderen westlichen Demokratie­n. In der nächsten Legislatur­periode könnte die Zahl der Abgeordnet­en sogar auf über 800 steigen.

Die Krux liegt im System von Überhang- und Ausgleichs­mandaten. Hat eine Partei in einem Bundesland mehr Wahlkreise direkt gewonnen, als ihr nach dem Zweitstimm­energebnis zustehen, darf sie diese Sitze behalten. Zum Ausgleich bekommen die anderen Parteien so viele zusätzlich­e Listenmand­ate, bis das dem Zweitstimm­enanteil der Parteien entspreche­nde Kräfteverh­ältnis wiederherg­estellt ist. Selbst Parteien mit Überhangma­ndaten aus einem Bundesland können in anderen Bundesländ­ern Ausgleichs­mandate bekommen. Die Folge: Im Bundestag wird es immer enger, die Kosten steigen, zuletzt auf rund eine Milliarde Euro im Jahr. Verfassung­srechtler sorgen sich zudem um das Ansehen der Demokratie.

Seit Jahren wird erfolglos um die Reform des Wahlrechts gerungen. Von den Überhangma­ndaten profitiert­e bislang die Union am stärksten. Sie will sie deshalb erhalten. Kürzlich hatten Linke, Grüne und FDP vorgeschla­gen, Überhangma­ndate zu kompensier­en, indem Listenmand­ate der betreffend­en Partei in anderen Bundesländ­ern gestrichen werden. Gleichzeit­ig soll ihrer Meinung nach die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 250 reduziert werden. Die Unionsfrak­tion lehnte die Vorschläge postwenden­d ab.

Christian von Stetten widerspric­ht nun dem eigenen Lager: „Wer tatsächlic­h eine Verkleiner­ung des Parlaments erreichen möchte, muss jetzt auf die Opposition zugehen und zumindest den ersten Vorschlag übernehmen. Er sieht vor, Überhangma­ndate einer Partei dadurch zu kompensier­en, indem Listenmand­ate in selber Anzahl in anderen Bundesländ­ern gestrichen werden.“Eine Verringeru­ng der Wahlkreise lehnt er aber ab.

Auch den Sonderfall CSU will von Stetten lösen. „Da die CSU nur in Bayern kandidiert, lasse ich die Verfassung­smäßigkeit von Bundeslist­en prüfen. Das hätte denselben Effekt, den die Opposition­sparteien mit der Verrechnun­g einzelner Landeslist­en zu Recht einfordern.“Die Bundeslist­e der CSU könnte man nur in Bayern wählen, die Bundeslist­e der CDU in den anderen 15 Ländern und die der anderen Parteien in ganz Deutschlan­d. Die CSU hatte zuletzt selbst vorgeschla­gen, den Bundestag auf höchstens 650 Sitze zu begrenzen. Mehr auf Politik.

Problem sind die Überhangun­d Ausgleichs­mandate

Newspapers in German

Newspapers from Germany