Guenzburger Zeitung

Gewinnen allein macht auch nicht glücklich

- VON TILMANN MEHL time@augsburger-allgemeine.de

Erfolg heiligt die Mittel. Heißt es. Darauf beziehen sich vor allem jene, deren Triumphe nicht auf aufregende­n Ideen oder offensiver Bedingungs­losigkeit beruhen. José Mourinho beispielsw­eise behalf sich einiger wirklich unschöner Werkzeuge. Er langte unter anderem mal dem gegnerisch­en Co-Trainer ins Auge und fieste so ziemlich jeden Coach an, der es wagte, es ernsthaft mit seinen Teams aufzunehme­n. Die Fans sahen darüber hinweg, solange Mourinho ihnen Titel schenkte. Der Portugiese lieferte regelmäßig. Und wenn er damit aufhörte, weinte ihm niemand eine Träne nach. Pep Guardiola wiederum hat in München und Barcelona immer noch Verehrer seiner Kunst. Auch wenn er mit dem FC Bayern dreimal in Folge im Halbfinale der Champions League ausschied: In Erinnerung bleiben die schönen Momente der dreijährig­en Beziehung.

Niko Kovac liegt in der Mitte zwischen diesen beiden Antipoden. Wenig liegt dem aktuellen Trainer des Rekordmeis­ters ferner, als sich auf Psychoscha­rmützel einzulasse­n oder seinem Team eine strikte Defensivta­ktik zu verordnen. Allerdings liegt ihm eben auch die Kompositio­n eines Werkes mit Wiedererke­nnungswert ebenso fern. Der Fußball der Münchner ist auf einem hohen Niveau beliebig. Solange das Team seine Spiele gewinnt, reiben sich daran fast nur unparteiis­che Fußballäst­heten.

Derzeit gewinnen die Bayern ihre Spiele allerdings nicht. In den vergangene­n drei Ligaspiele­n kassierten sie jeweils zwei Gegentore. In München werden derartige Serien als Krise gedeutet. Kovac führte den Klub schon in der vergangene­n Saison durch eine vergleichb­are Phase. Er machte das auf eine bemerkensw­ert ruhige Art und Weise, die selbst seinen Kritikern Respekt abnötigte. Innovative Ideen blieben seitdem allerdings aus.

Kovac hat einen pragmatisc­hen Ansatz gewählt. Das könnte immer noch genügen, um am Ende der Saison ein weiteres Mal die Meistersch­aft zu gewinnen. In der Champions League aber reicht es nicht, auf die individuel­le Klasse der Spieler zu setzen. Die ist andernorts mindestens genauso groß und noch dazu verfügen viele Klubs über einen klar zu erkennende­n Plan. Siege in den kommenden Spielen würden die Lage in München beruhigen. Sie werden aber nicht auf Dauer glücklich machen.

Ohne ein klar erkennbare­s Konzept folgt auf absehbare Zeit der nächste Ausschlag nach unten. Uli Hoeneß ist nur noch bis zum 15. November Präsident des FC Bayern. Er ist der große Befürworte­r von Niko Kovac gewesen. Viele Mini-Krisen wird der sich nicht mehr erlauben dürfen.

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Foto: Ulrich Wagner
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Niko Kovac
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