So funktioniert der Mietendeckel
Berlin hat als erstes Bundesland eine gesetzliche Begrenzung von Mieten aufgesetzt. Was das für Mieter und Vermieter bedeutet – und warum Bayern auch aktiv wird
Berlin 9,80 Euro – mehr soll eine Wohnung in Berlin pro Quadratmeter Kaltmiete nicht kosten. Das ist einer der Kernpunkte des vom rotgrünen Senat am Dienstag auf den Weg gebrachten Gesetzes zur Deckelung der Mieten. Unter die neue Regelung fallen sollen zunächst rund 1,5 Millionen vor dem Jahr 2014 gebaute Wohnungen. Fünf Jahre soll der sogenannte Mietendeckel die Mieten für diese Wohnungen erst einmal einfrieren. Doch die Pläne gehen noch weiter.
So dürfen Vermieter die Obergrenzen, die sich nach Baujahr und Ausstattung der Wohnung richten, auch bei Neuvermietungen nicht überschreiten. Bestandsmieten dürfen in Zukunft um nicht mehr als 20 Prozent über den Obergrenzen liegen. Andernfalls sollen Mieter eine Absenkung fordern können. Hierbei soll zusätzlich die Lage der Wohnung eine Rolle spielen. Bis Anfang 2020 soll das Gesetz zum Mietendeckel mit diversen flankierenden Regelungen endgültig vom Abgeordnetenhaus beschlossen sein und rückwirkend ab 18. Juni 2019 gelten. Die Mietsenkungsregel soll neun Monate später kommen, also voraussichtlich Ende 2020. So soll Zeit bleiben, die Umsetzung vorzubereiten und in der Verwaltung dafür bis zu 250 zusätzliche Mitarbeiter einzustellen.
Hintergrund des umstrittenen Vorhabens sind die Wohnkosten in Berlin, die in den vergangenen Jahren extrem gestiegen sind. In manchen Stadtteilen haben Normalverdiener kaum noch eine Chance, eine bezahlbare Bleibe zu finden. Die Mieten für freie Wohnungen haben sich laut Bundesbauministerium binnen zehn Jahren auf durchschnittlich 11,09 Euro je Quadratmeter nettokalt im Jahr 2018 verdoppelt.
Als Inflationsausgleich dürfen Vermieter ab 2022 jährlich 1,3 Prozent auf die Miete draufschlagen, sofern sie die Obergrenzen damit nicht überschreiten. Zudem dürfen Modernisierungsmaßnahmen für mehr Barrierefreiheit oder Klimaschutz ohne Genehmigung bis zu einem Euro je Quadratmeter umgelegt werden. Für höhere Modernisierungskosten sollen Vermieter Fördermittel beantragen können. Wenn die Wohnung besonders hochwertig ausgestattet ist, können Vermieter ebenfalls einen Euro je Quadratmeter draufschlagen.
Die Immobilienwirtschaft befürchtet negative Auswirkungen auf Wohnungsbau und Investitionen in die Modernisierung. Der Berliner CDU-Vorsitzende Kai Wegner kündigte Klagen etwa vor dem Verfassungsgericht an. Die Börsenkurse großer Immobilienfirmen wie Deutsche Wohnen, die sehr stark in Berlin engagiert ist, stehen schon seit Beginn der Debatte deutlich unter Druck. Der Mieterverein dagegen spricht von einer historischen Chance, bezahlbare Mieten für die breite Masse der Bevölkerung zu sichern.
Auch Bayern will die Mieterrechte stärken: Am Dienstag beschloss das Kabinett eine Bundesratsinitiative, die eine Verdoppelung des Bußgeldrahmens für Mietwucher auf 100000 Euro vorsieht. Vermieter sollen bei Verstößen leichter belangt werden können.