Guenzburger Zeitung

Wer bietet mehr?

Teppiche, Bücher, Vasen, Figuren – das und noch viel mehr wird in einem Auktionsha­us versteiger­t. Wer dabei das meiste Geld bietet, bekommt, was er will

- VON KARLOTTA EHRENBERG

Mara kennt diesen Witz:

Streiten sich drei Kinder, wer den schnellste­n Vater hat. Kind 1: „Mein Vater ist Pilot. Der fliegt in zwei Tagen um die Erde.“

Kind 2: „Das ist noch gar nichts. Mein Vater ist Rennfahrer. Der schafft die Rennstreck­e in einer Minute.“Kind 3: „Mein Vater ist der Schnellste. Der arbeitet bei der Stadt als Beamter. Er hat um 16 Uhr Feierabend und ist schon um 14 Uhr zu Hause.“ Ein Teppich hängt neben dem nächsten. In großen Metallrega­len stapeln sich Geschirr, Vasen und anderer Hausrat. Aus der Ecke guckt ein lebensgroß­er Tiger aus Porzellan hervor. Und irgendwo liegen auch noch Schmuck und Kleider.

All diese Sachen werden im Auktionsha­us Beier in der Hauptstadt Berlin versteiger­t. Bei einer Versteiger­ung bieten Käufer einen Betrag für ein Objekt. Oder sie bieten Geld für mehrere Waren zusammen. Fachleute nennen das Auktion. Bevor es losgeht, können sich Interessie­rte die Angebote genau ansehen. Die meisten der vielen Kunden sind Händler. Sie erwerben die Sachen, um sie später weiterzuve­rkaufen, etwa auf dem Flohmarkt. „Ich bin jedes Mal dabei“, sagt etwa der Händler Bilal.

Dann kommt Monika Beier herein. Sie ist die Auktionato­rin. Das erkennt man an ihrer schwarzen Mappe und ihrem großen Holzhammer. Eine große Gruppe Kunden folgt der Frau zu einem Regal. Damit alle sie gut hören, spricht Monika Beier in ein Mikrofon. Sie ruft, was es jetzt mit welchem Startpreis zu ersteigern gibt: „Drei Reihen Kinderbüch­er: zwanzig Euro!“– „Dreißig!“, ruft einer aus der Menge. Bilal hebt nur den Finger. Monika Beier versteht Geschirr, Vasen, sogar dieser Tiger konnten bei einer Auktion ersteigert werden. sofort: „Vierzig!“, ruft sie. Einige Händler treten zurück. Ihnen wird es zu teuer.

Um alle Gebote mitzubekom­men, muss Monika Beier genau aufpassen. Und sie muss viel und schnell reden. Denn damit ein Gebot gültig ist, muss es die Auktionato­rin dreimal wiederhole­n: „Erster: vierzig. Zweiter: vierzig ...“Aber da bietet schon wieder jemand: „Fünfzig!“Bilal gibt nicht auf. Er erhöht sein Gebot auf sechzig Euro.

„Erster: sechzig, zweiter: sechzig, dritter: sechzig!“, ruft Monika Beier und haut mit dem Holzhammer auf die Mappe. Mit diesem Hammerschl­ag steht fest: Die Bücher gehören jetzt Bilal. Man sagt auch: Er hat den Zuschlag bekommen. Damit ist das Zuschlagen mit dem Holzhammer gemeint. Sobald Bilal an der Kasse bezahlt hat, kann er die Bücher mitnehmen.

Diese Auktion war sehr aufregend und schnell. Weniger als eine Minute hat sie gedauert. In diesem Tempo geht es den ganzen Tag weiter, bis alle Gegenständ­e verkauft sind. Aber ist das viele Reden nicht anstrengen­d? Monika Beier lacht. „Nein. Mir macht das Spaß“, sagt sie. Außerdem hat sie sich einen Trick ausgedacht. „Normalerwe­ise ruft der Auktionato­r ,Zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten‘. Ich aber kürze das ab. Mich versteht ja trotzdem jeder“, sagt sie. Watterson/UPS/Distr. Bulls

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Foto: dpa

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