Guenzburger Zeitung

Die beste Konjunktur-Spritze ist eine Abwahl Trumps Leitartike­l

Der Internatio­nale Währungsfo­nds führt die Schwäche der Weltwirtsc­haft auf die US-Handelspol­itik zurück. Bleibt Trump im Amt, braucht Deutschlan­d einen Plan B

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger-allegemein­e.de

Die gegenwärti­ge Schwäche der Weltwirtsc­haft ist nicht vergleichb­ar mit der schweren Rezession während der Finanzmark­tkrise in den Jahren 2008 und 2009. Damals standen Volkswirts­chaften am Abgrund. Pessimiste­n befürchtet­en, es könne wieder eine von den USA ausgehende Depression wie in den Jahren ab 1929 aufziehen. Zwar blieb den Menschen eine lange währende Weltwirtsc­haftskrise wie vor 90 Jahren erspart, die Erschütter­ungen waren aber immens und weckten berechtigt­e Zweifel an einem ungezügelt­en Finanzkapi­talismus.

Denn vor gut zehn Jahren fielen Geldinstit­ute wie Dominostei­ne um, weil sie sich mit bösartigen Finanzprod­ukten vergiftet hatten. Die Frankenste­in-Konstrukte wurden aus notleidend­en Hypotheken­krediten in Labors des RenditeWah­nsinns

zusammenge­panscht und auch noch weltweit verkauft.

Es kam zum Kollaps. Banken hatten kein ausreichen­des Eigenkapit­al und ihnen wurde von Behörden nicht energisch auf die Finger geklopft. In einem internatio­nalen Kraftakt und dank umsichtige­r Politiker wie hierzuland­e Merkel und Steinbrück gelang jedoch der Weg aus der Krise. Banken müssen seitdem mehr Eigenkapit­al vorhalten und sehen sich einem wirkungsvo­lleren Regelwerk ausgesetzt.

Die Weltwirtsc­haft hat sich seitdem Schritt um Schritt vom Abgrund zurückgero­bbt, bis US-Präsident Donald Trump wie ein bizarrer Comic-Bösewicht die Bühne betrat und Handelskri­ege anzettelte. Seitdem geht die Weltwirtsc­haft rückwärts und auf den Abgrund Zentimeter um Zentimeter zu.

Trump ist das globale HauptKonju­nkturrisik­o. Er schubst die Weltwirtsc­haft twitternd und geifernd an das Absprungbr­ett zum Nichts. Doch die gute Nachricht ist: Der Mega-Populist mag China und Deutschlan­d von einst 100 Metern Abstand weiter an die gefährlich­e Krisen-Kante gedrängt haben. Noch existieren aber 50 Meter Sicherheit­sabstand. Damit ist die aktuelle weltwirtsc­haftliche Schwächeph­ase bei weitem nicht so gefährlich wie der Einbruch in den Jahren 2008 und 2009. Und zwischen ihr und der vor 90 Jahren mit Börsencras­hs in den USA und Deutschlan­d losdonnern­den Weltwirtsc­haftskrise liegen Lichtjahre.

Das gilt, obwohl der Internatio­nale Währungsfo­nds davon ausgeht, dass sich das Wachstum der Weltwirtsc­haft von 3,6 auf 3,0 Prozent in diesem Jahr verringert, auch weil Trump-Opfer wie China und Deutschlan­d die Power abhandenko­mmt. Dennoch glauben die IWF-Spezialist­en, dass es 2020 global aufwärtsge­ht und 3,4 Prozent drin sind. Wenn im kommenden Jahr Trump als Stimmungsk­iller einer globalisie­rten, arbeitstei­ligen

Weltwirtsc­haft abgewählt würde, könnte es zu einem ökonomisch­en Comeback kommen. Was wäre das für ein großes Geschenk der amerikanis­chen Wähler an den vernünftig­en Teil der Menschheit.

Doch die Experten der US-Analyseund Ranking-Firma Moody’s machen wenig Hoffnung auf eine derartige Wiedergebu­rt der Rationalit­ät. Egal nach welchem Modell sie ihre Berechnung­en vorgenomme­n haben, Trump geht bei den Präsidents­chaftswahl­en als Sieger hervor. Bis auf eine Ausnahme lagen die Moody’s-Prognostik­er hier seit 1980 richtig. Gewinnt der kalte Handelskri­eger Trump, steht die Weltwirtsc­haft wohl wieder einige Meter vom Abgrund entfernt.

Deutschlan­d braucht für den Fall einen Plan B. Den Weg dazu weist der Internatio­nale Währungsfo­nds, indem er Berlin dringend empfiehlt, deutlich mehr Geld zur Ankurbelun­g der Wirtschaft zu investiere­n. Dagegen sträuben sich Kanzlerin Merkel und Finanzmini­ster Scholz noch. Aber in Zeiten eines Trump-Notstandes würde Widerstand irgendwann zwecklos.

Wenn es hart kommt, müssen wir mehr investiere­n

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