„Spiegel“-Affäre: Relotius nimmt sich Moreno vor
Vorwürfe Es ist ein ungeheuerlicher Verdacht: Hat es der freie Reporter Juan Moreno ausgerechnet in seinem Buch über den Fälscher Claas Relotius (links) selbst nicht so genau genommen mit der Wahrheit? Ausgerechnet Moreno, der Relotius auf die Schliche kam? Hat er, wie der tief gefallene ehemalige Spiegel-Redakteur, Falschbehauptungen in die Welt gesetzt, sich Dinge zurechtgebogen? Relotius behauptet das über seinen Anwalt Christian Schertz. „Ohne mich persönlich zu kennen oder mit Menschen aus meinem näheren Umfeld gesprochen zu haben, konstruiert Moreno eine Figur“, zitierte Die Zeit Relotius, der das erwiesenermaßen häufig tat: Figuren konstruieren.
Der Rowohlt-Verlag, in dem Morenos Buch „Tausend Zeilen Lüge. Das System Relotius und der deutsche Journalismus“erschien, erklärte, zu den behaupteten „erheblichen Unwahrheiten und Falschdarstellungen“zähle „der Umstand, ob die Bürotür von Claas Relotius stets geschlossen war oder nicht“: „Unserer Meinung nach handelt es sich um den Versuch, mit Randfragen und Nebenschauplätzen den Reporter Moreno zu diskreditieren.“
An diesem Freitag wird Juan Moreno auf den Medientagen München erwartet, um 13.30 Uhr, Saal 14B. Dürfte interessant werden, was er über die Vorwürfe sagt. Denn auch das wäre ungeheuerlich: Versucht Relotius, seinen Ex-Kollegen ein weiteres Mal in Misskredit und an den Rande seiner beruflichen Existenz zu bringen? Das nämlich tat er, ebenfalls erwiesenermaßen, mit großer Perfektion und Hinterhältigkeit.
Man wünscht sich für Juan Moreno genauso wie für den deutschen Journalismus inständig, dass Moreno kein zweites Enthüllungsbuch über Relotius schreiben muss. Und dass er sauber arbeitete, so, wie es bislang allen Anschein hat. Bereits jetzt hat das Vertrauen in den Journalismus wegen Relotius Schaden genommen. Schlimm genug.