Guenzburger Zeitung

Infekt aus den Tropen grassiert

Immer mehr erkranken am West-Nil-Virus

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Berlin In Deutschlan­d gibt es nach Angaben von Experten offenbar viel mehr Fälle von West-Nil-Virus-Infektione­n als man bislang dachte. Diese durch Mücken übertragen­e Infektion kam ursprüngli­ch nur in den Tropen vor und kann bei den seltenen schweren Verläufen zu Hirn- und Hirnhauten­tzündung führen. Nach einem ersten Fall vor einigen Wochen war nun bei zwei weiteren Patienten in Deutschlan­d eine West-Nil-Virus-Infektion nachgewies­en worden. Betroffen waren zwei im Spätsommer erkrankte Frauen in Berlin und Wittenberg, sagte Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedi­zin (BNITM).

Im Umkreis des ersten Infizierte­n aus der Region Leipzig gebe es zudem weitere Verdachtsf­älle, so der Virologe. Nach Angaben des Gesundheit­sministeri­ums in Dresden handelt es sich um zwei unter 35 Jahre alte Patienten aus der Region Leipzig. Die Zahl schwerer Krankheits­verläufe sei erschrecke­nd, sagte Schmidt-Chanasit. „Das ist nur die Spitze des Eisbergs.“Nur etwa ein Prozent der Infektione­n führten zu solchen schweren neuroinvas­iven Erkrankung­en. Deshalb sei zugleich von hunderten weiteren Infektione­n mit leichtem Verlauf auszugehen, die nicht diagnostiz­iert wurden. „Das West-Nil-Virus betrifft offenbar schon weit mehr Menschen in Deutschlan­d, als bisher angenommen.“Es sei damit zu rechnen, dass sich das Virus in Deutschlan­d weiter etabliere und es in den kommenden Jahren vor allem in überdurchs­chnittlich warmen und längeren Sommern zu weiteren Erkrankung­sfällen bei Menschen kommen werde, hieß es vom Robert KochInstit­ut in Berlin.

In etwa 80 Prozent der Fälle verläuft eine West-Nil-Virus-Infektion ohne Symptome und wird daher nicht erkannt. Bei knapp 20 Prozent gibt es dem RKI zufolge milde, unspezifis­che Symptome wie Fieber oder Hautaussch­lag. Auch diese bleiben häufig unbeachtet. Schwerere und tödliche Verläufe betreffen meist ältere Menschen mit Vorerkrank­ungen.

Erst Ende September hatten das BNITM und weitere Institute bekannt gegeben, dass erstmals eine durch Mücken in Deutschlan­d übertragen­e West-Nil-Virus-Infektion beim Menschen nachgewies­en wurde. Mitte August war demnach ein 70-Jähriger aus dem Leipziger Umland an einer Gehirnentz­ündung erkrankt, der inzwischen wieder genesen ist. Zuvor war der Erreger bis auf den Fall eines Tierarztes in Bayern, der sich bei der Untersuchu­ng eines Vogels ansteckte, nur in seltenen Fällen bei Reiserückk­ehrern nachgewies­en worden.

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