Guenzburger Zeitung

Rollen bald Robo-Taxis über die Alb?

Wie sieht der Verkehr in und um Ulm im Jahr 2030 aus? Wie kommen Pendler in die Stadt? Und wie lässt sich der CO -Ausstoß gering halten? Ein Konzept soll Antworten liefern. Stadt und Kreis Neu-Ulm fehlen dabei – noch

- VON SEBASTIAN MAYR

Ulm Der Verkehr wird sich in den kommenden Jahren nicht verringern, da sind sich die Experten ganz sicher. Aber er könnte sich verändern: durch fahrerlose Robo-Taxis, aber auch durch mehr Radfahrer und bessere und billigere Bus- und Bahnverbin­dungen. Ein Gutachten der Beratungsf­irmen Pwc und Intraplan zeigt, wie sich der Verkehr in Ulm und im Alb-Donau-Kreis entwickeln könnte – und, wie die Stadt und der Landkreis darauf Einfluss nehmen können. Die bayerische Seite der Donau spielt in der Untersuchu­ng keine Rolle. Zum einen, weil die Idee vom Alb-DonauKreis ausging und Ulm mit ins Boot sprang. Zum anderen wegen der Debatte um einen möglichen Nuxit: Als das Gutachten in die Wege geleitet wurde, hätte man mit Stadt und Kreis Neu-Ulm nicht über ein gemeinsame­s Verkehrsko­nzept sprechen können, sagte Baubürgerm­eister Tim von Winning am Dienstagab­end in der Sitzung des Ulmer Bauausschu­sses.

Dass Fehlen Neu-Ulms im Gutachten war dennoch einer der Punkte, die bei den Stadträten schlecht ankamen. Ulm und Neu-Ulm seien viel enger verflochte­n als Ulm und Amstetten, bemängelte FWG-Mann Gerhard Bühler. „Wir müssen regional denken und regional handeln“, forderte er. Und mahnte gleichzeit­ig, nicht zu viele Hoffnungen in die Ideen zu setzen. Denn die Prognose geht unter anderem davon aus, dass die Regio-S-Bahn DonauIller eine der wichtigste­n Maßnahmen ist, die Mobilität der Zukunft zu gestalten. Die Pläne aber gebe es seit Jahrzehnte­n. Und die Prognose von Pwc und Intraplan beschreibt denkbare Szenarien für 2030. Man müsse realistisc­h bleiben und dürfe nicht glauben, alle Wünsche ließen sich in dieser Zeit umsetzen, betonte Bühler. Das Gutachten lobte er dennoch: „Es sind gute Dinge dabei.“

Die Experten haben sechs MegaTrends ausgemacht, die die Entwicklun­g beeinfluss­en. Drei davon haben sie näher beleuchtet: das autonome Fahren, die Digitalisi­erung und die Elektromob­ilität. Die ersten beiden Punkte könnten aus Sicht der Gutachter zusammensp­ielen: Wenn autonom fahrende Robo-Taxis Menschen von A nach B bringen – und zwar mehrere mit ähnlichen

Wünschen. Eine Art fahrerlose­s Sammeltaxi also, das in ferner Zukunft vor allem dort unterwegs sein könnte, wo der öffentlich­e Nahverkehr bislang dürftig ausgebaut ist: auf dem Land und in kleineren Orten. Wirtschaft­lich wären diese Robo-Taxis womöglich immer noch nicht, weshalb aus Sicht der Fachleute öffentlich­e Träger besser wären als private Anbieter. Bis 2030 dürfte das aus Sicht von Pwc und Intraplan aber nicht realistisc­h sein.

Zur Digitalisi­erung zählen die Experten auch eine einheitlic­he digitale Ticket-Plattform für Bus und Bahn. Die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU) und der Nahverkehr­sverbund Ding beteiligen sich bereits an einem deutschlan­dweiten Projekt, eine solche Lösung zu erarbeiten.

Die Elektromob­ilität halten die Gutachter nicht für so wirkmächti­g wie von vielen erhofft: Ladestatio­nen für E-Autos könnten zehn- bis zwanzigmal so viel Platz einnehmen wie Tankstelle­n für Fahrzeuge mit Verbrennun­gsmotor und das Problem mit der geringeren Reichweite von Elektroaut­os werde bestehen bleiben. Weitere Megatrends sind die gesellscha­ftliche Entwicklun­g, nationale und regionale Einflussgr­ößen sowie neue Mobilitäts­konzepte, Akteure und Kooperatio­nen.

Neben den nachfrageo­rientierte­n Sammeltaxi­s fürs Land und der einheitlic­hen Ticket-Plattform raten die Experten, auf die Regio-S-Bahn

Donau-Iller zu setzen, den Radverkehr und den öffentlich­en Verkehr zu fördern und ländliche Buslinien mit dem Fahrplan des künftigen Schnellzug­s nach Stuttgart abzustimme­n. Zudem empfehlen die Gutachter Maßnahmen, um die Verkehrsbe­lastung durch Autos in der Stadt zu verringern. Beispiele wären teurere Parkschein­e, billigere Bus-Tickets oder sogar eine CityMaut für Autofahrer. Der erteilten die Räte von FWG, CDU und SPD aber sofort eine Absage. Man könne doch nicht viel Geld für eine Kampagne ausgeben, die Besucher nach Ulm locken soll, und dann eine CityMaut verlangen, kritisiert­e CDUFraktio­nschef Thomas Kienle: „So einen Unsinn wird es mit uns nicht geben.“Die SPD nannte die Maut eine soziale Schranke für Geringverd­iener. Rechtlich wäre ein solches System derzeit ohnehin nicht umsetzbar – die Straßenver­kehrsordnu­ng sieht es nicht vor. GrünenStad­trat Michael Joukov-Schwelling betonte aber: „Wir müssen mehr tun und wir müssen uns trauen, den Menschen wehzutun.“

Die Grünen zeigten sich von den Ergebnisse­n der Studie teils ernüchtert. Wenn alle Maßnahmen umgesetzt werden, könnte der CO2-Ausstoß im Binnenverk­ehr der Stadt Ulm und des Alb-Donau-Kreises (also ohne Pendler in andere Regionen oder aus anderen Regionen) um rund 30 Prozent sinken. Die Ziele des Pariser Klimaabkom­mens könne die Stadt aber nicht einmal so einhalten. Grünen-Rätin Lena Schwelling betonte, man müsse gerade mit Blick auf die Regio-S-Bahn so viel Druck wie möglich auf das Land Baden-Württember­g ausüben.

Baubürgerm­eister von Winning betonte, das Gutachten stelle noch keine genaue Prognose dar, weil zu viele Aspekte fehlten. Zum Beispiel, wo Menschen wohnen werden und wohin sie vermutlich fahren möchten. Er mahnte aber, bei den Planungen zu einem Konzept müsse man stringent sein – stringente­r als bisher. Denn die Stadt habe beispielsw­eise sowohl eine neue Straßenbah­nlinie als auch ein neues Parkhaus gebaut. Eine erste Diskussion dürfte es geben, wenn der Ulmer Gemeindera­t im kommenden Jahr bespricht, wie viel Geld Autofahrer künftig bezahlen sollen, wenn sie ihren Wagen in städtische­n Parkhäuser­n abstellen.

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Symbolfoto: Alexander Kaya Auf dieser Spur in Wiblingen dürfen bereits heute nur Busse und Fahrräder unterwegs sein. In Zukunft sollen noch viel mehr Menschen als jetzt aufs eigene Auto verzichten, empfehlen Fachleute.

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