Streit um Erschließung: Beschluss vertagt
Die Weißenhorner Verwaltung schlägt eine Vereinbarung mit Anliegern vor. Der Gemeindetag äußert Bedenken
Weißenhorn Edita Paul ist enttäuscht. Die Hegelhoferin hatte wie viele andere Bürger gehofft, dass der Stadtrat eine Vergleichsvereinbarung beschließt, damit das Thema Erschließungsbeiträge für die Anlieger von vier Straßen im Stadtgebiet vorerst vom Tisch ist. Doch der Tagesordnungspunkt wurde abgesetzt. Denn es ist unklar, ob die Vereinbarung rechtlich zulässig ist.
Edita Paul und ihr Mann hatten eine Unterschriftenaktion gestartet, weil der Stadtrat beschlossen hatte, ihren Weg und drei weitere bis spätestens 1. April 2021 zu vollwertigen Straßen auszubauen. Dann könnte die Stadt dafür noch 90 Prozent der Erschließungskosten von den Anwohnern verlangen. Neben dem Metzgerweg in Hegelhofen waren die Amtshausstraße in Bubenhausen, der Schandweg in Oberhausen und der Unterfeldweg in Weißenhorn davon betroffen.
In der jüngsten Sitzung des Gremiums berichtete Bürgermeister Wolfgang Fendt nun, dass er mit den betroffenen Anliegern gesprochen habe. Einige von ihnen, darunter auch Edita Paul, saßen als Zuhörer im Saal. „Derzeit würden wir die Straßen nicht bauen und die Anwohner wollen es auch nicht“, sagte Fendt. Die Verwaltung habe deshalb einen Vergleichsvertrag ausgearbeitet und den Bewohnern vorlegt. Die Zustimmung liege bei 100 Prozent, berichtete der Rathauschef. „Das spricht für sich.“
Im Kern heißt es in der Vereinbarung, dass die Stadt entgegen des im Juli gefassten Stadtratsbeschlusses auf den vollwertigen Ausbau der vier Straßen verzichtet. Sollten in der Folgezeit mehr als 50 Prozent der Grundstückseigentümer bei der Stadt den Ausbau beantragen, dann beteiligen sich die Anlieger mit einem Kostenanteil in Höhe von 70 Prozent. Beim Bayerischen Gemeindetag, den die Stadtverwaltung zurate ziehen kann, gibt es allerdings Bedenken, ob dieser Vergleichsvertrag überhaupt rechtlich zulässig ist. Das hatte Fendt erst kurz vor der Sitzung per E-Mail erfahren. Doch nicht der Rathauschef oder ein Verwaltungsmitarbeiter hatten beim Gemeindetag nachgefragt, sondern CSU-Fraktionschef Franz Josef Niebling. Und das hatte Fendt sichtlich verärgert, denn er wusste nichts von dieser Anfrage.
Die Vorgehensweise von Herrn
Niebling lasse ihm keine andere Wahl als einen Antrag zur Geschäftsordnung zu stellen, sagte Fendt. Der Punkt müsse von der Tagesordnung genommen werden, damit der Gemeindetag zunächst den Vertragsentwurf prüfen kann. Mit 16 zu fünf Stimmen sprach sich das Gremium für diese Vorgehensweise aus. „Für die Anwohner tut es mir leid“, sagte der Bürgermeister nach der Abstimmung. Sie hätten nun weiterhin Ungewissheit darüber, wie es in der Sache weitergeht.
In der Tat sagt Edita Paul nach der Sitzung: „Wir sind weiter verunsichert.“Sie und die anderen betroffenen Anlieger hoffen nun, dass der Stadtrat gleich in seiner nächsten Sitzung am 18. November einen Beschluss zu ihren Gunsten fasst.
CSU-Fraktionschef Niebling ist allerdings der Meinung, dass die von der Verwaltung vorgeschlagene Vereinbarung gar nicht notwendig ist. Sein Vorschlag: „Einfach gar nichts machen, keinen Vertrag abschließen und auch nichts ausbauen. Dann sind die Bewohner eh verschont von den Kosten.“Der Stadtrat habe im Juli noch angenommen, dass die vollständige Erschließung innerhalb der vorgegebenen Frist bis 1. April 2021 erfolgen muss und deshalb zugestimmt, sagt Niebling. Doch nun sei klar, dass die Stadt das gar nicht mehr leisten könne.