Guenzburger Zeitung

Merkur zieht an der Sonne vorbei

Der Transit des flinken Planeten ist das astronomis­che Ereignis im November. Die Leoniden geben sich dagegen bescheiden

- VON HANS-ULRICH KELLER

Stuttgart Herausrage­ndes astronomis­ches Ereignis ist in diesem Monat der Merkurtran­sit am 11. November. Der innerste und kleinste Planet unseres Sonnensyst­ems, der flinke Merkur, zieht als winziger, dunkler Punkt vor dem grellen Sonnenball vorüber. Alle vier Monate überholt Merkur die Erde auf der Innenbahn.

Da die Merkurbahn um sieben Grad zur Erdbahnebe­ne geneigt ist, wandert Merkur fast immer nördlich oder südlich an der Sonne vorbei. Nur in den seltenen Fällen, wenn er beim Überholen gleichzeit­ig die Erdbahnebe­ne kreuzt, läuft er zwischen Sonne und Erde hindurch, wobei er als winziger, dunkler Punkt vor der Sonnensche­ibe erscheint. Einen solchen Vorgang nennt man Merkurdurc­hgang oder -transit. Am 11. beginnt der Transit in Mitteleuro­pa um 13.35 Uhr. Merkur erscheint am Ostrand der Sonne. Um 16.20 Uhr erreicht Merkur den geringsten Abstand vom Sonnensche­ibenmittel­punkt. Um 19.04 Uhr endet das Himmelssch­auspiel mit dem Austritt von Merkur aus der Sonnensche­ibe. Dann ist die Sonne bei uns aber schon untergegan­gen.

Da das Merkursche­ibchen fast 200-mal kleiner ist als die Sonnensche­ibe, ist der Transit mit bloßen Augen nicht zu sehen. Man benötigt ein Teleskop oder mindestens ein Fernglas, um das dunkle Pünktchen zu erkennen – allerdings müssen diese mit speziellen Folien oder Filtern präpariert sein. Vor unvorsicht­igen Sonnenbeob­achtungen ohne ausreichen­de Schutzmaßn­ahmen ist dringend zu warnen. Sonnenbril­len oder sogenannte SofiBrille­n bieten keinen ausreichen­den Schutz. Sofi-Brillen sind nur für freiäugige Sonnenbeob­achtungen vorgesehen. Für den Einsatz von Fernglas oder Fernrohr sind sie völlig ungeeignet und können sogar schmelzen. Am besten lässt sich der Merkurtran­sit von einer Sternwarte aus verfolgen, die über Geräte zur gefahrlose­n Sonnenbeob­achtung verfügen. Der nächste Merkurtran­sit findet erst am 13. November 2032 statt.

Da Merkurtran­site mit freien Augen nicht wahrgenomm­en werden können, wurden sie erst nach Erfindung des Teleskops beobachtet. Johannes Kepler berechnete schon 1629 für den 7. November 1631 einen Merkurtran­sit. Er selbst konnte ihn allerdings nicht beobachten, da er im November 1630 starb. Aber der französisc­he Astronom Pierre Gassendi verfolgte diesen Transit in Paris. Es war die erste dokumentie­rte Beobachtun­g eines Merkurtran­sits. In der letzten Novemberwo­che ist Merkur in der Morgendämm­erung tief am Südosthimm­el zu sehen.

Auch Mars taucht allmählich am Morgenhimm­el auf. Dort sind bereits die Winterster­nbilder erschienen. Auffallend ist der Orion, Leitbild des Winterhimm­els. Gegen 6 Uhr morgens steht er unübersehb­ar am Südhimmel. Am Abendhimme­l kann man noch Jupiter tief im Südwesten sehen. Gegen Monatsende verabschie­det sich der Riesenplan­et davon. Venus beginnt zur Monatsmitt­e ihre Abendstern­periode. Kurz vor 18 Uhr geht sie jedoch schon unter. Ein schöner Himmelsanb­lick ergibt sich am 28., wenn die schmale Sichel des zunehmende­n Mondes zwischen Venus und Jupiter steht. Das Dreigestir­n ist gegen 17.30 Uhr knapp über dem Südwesthor­izont zu sehen.

Dritter heller Planet am Abendhimme­l ist Saturn. Mit Einbruch der Dunkelheit findet man den Ringplanet­en am Südwesthim­mel. Bereits am 2. erhält Saturn Besuch von der Sichel des zunehmende­n Mondes. Vollmond wird am 12. um 14.34 Uhr erreicht. Die Neumondpos­ition tritt am 26. um 16.06 Uhr ein. Am 7. erreicht der Mond vormittags mit 405 060 Kilometer seine größte Entfernung von der Erde, während ihn in Erdnähe am 23. nur 366 720 Kilometer von uns trennen.

Die Sternschnu­ppen der Leoniden sind von Monatsmitt­e bis Ende November zu erwarten. In der Nacht vom 17. auf 18. wird der Höhepunkt des Leonidenst­roms eintreten. Es handelt sich um schnelle Objekte um die 70 Kilometer pro Sekunde, denn die Meteoroide dieses

Stromes kommen der Erde entgegen. Die Meteore dieses Stromes scheinen dem Sternbild Löwe zu entspringe­n. In diesem Jahr ist jedoch mit einer eher bescheiden­en Rate von rund 15 Meteoren pro Stunde zu rechnen.

Am Abendhimme­l ist das Himmels-W, die Königin Kassiopeia, hoch über unseren Köpfen zu sehen.

Es macht in dieser Stellung eher den Eindruck eines großen lateinisch­en M. Weit im Westen ist immer noch das Sommerdrei­eck zu sehen. Hoch im Süden erspäht man die Sternbilde­rgruppe Pegasus – Andromeda – Widder – Perseus. Der Pegasus gilt als Leitsternb­ild des Herbsthimm­els. Sein großes, einprägsam­es Sternenqua­drat wird daher auch als Herbstvier­eck bezeichnet.

Der klassische­n Sage nach ist der Pegasus ein geflügelte­s Pferd, das dem sterbenden Leib der grauenvoll­en Medusa entsprunge­n ist. Bei dem unscheinba­ren Stern Helvetios (51 Pegasi) im Pegasus, der gerade noch mit freien Augen zu sehen ist, wurde 1995 erstmals ein Planet außerhalb unseres Sonnensyst­ems nachgewies­en. 51 Pegasi ist ein sonnenähnl­icher Stern in 50 Lichtjahre­n Entfernung. Der Planet wurde inzwischen Dimidium getauft. Er ist ein Riesenplan­et, der in nur gut vier Tagen seine Muttersonn­e umkreist. Da er nur knapp acht Millionen Kilometer davon entfernt ist, wird er regelrecht gebraten.

Zunächst konnte Dimidium nur indirekt aus Schwankung­en der Bewegung von 51 Pegasi nachgewies­en werden, später auch spektrosko­pisch. Für die erste Entdeckung eines Exoplanete­n erhalten die beiden Schweizer Astronomen Michel Mayor und Didier Queloz im Dezember den Physik-Nobelpreis. Inzwischen wurden über 4000 Exoplanete­n aufgespürt.

Die Sonne wandert weiterhin am absteigend­en Ast ihrer Jahresbahn. Am 22. passiert sie den Schützepun­kt, der den Beginn des gleichnami­gen Tierkreisz­eichens markiert. Die Mittagshöh­e der Sonne nimmt um sieben Grad ab, die Tageslänge schrumpft um rund eine Stunde und zwanzig Minuten.

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