Guenzburger Zeitung

Karliczek gerät weiter unter Druck

Bayern und Baden-Württember­g waren bei der Vergabe einer Forschungs­fabrik für Batterien leer ausgegange­n. Nun pochen Hubert Aiwanger und weitere Politiker auf massive Förderung vom Bund

- VOn CHRISTIAn GRImm

Berlin Bayern und Baden-Württember­g wollen sich im Fall der umstritten­en Vergabe der Forschungs­fabrik für Batterien nicht mit einem Trostpreis abspeisen lassen. Nach einem Gespräch auf Beamtenebe­ne am Montag verlangen die zwei Autoländer aus dem Süden Deutschlan­ds von Bundesfors­chungsmini­sterin Anja Karliczek (CDU) substanzie­ll mehr Geld. Sie bestehen darauf, nicht nur Außenstell­en der geplanten Forschungs­fabrik in Münster zu sein, sondern verlangen eigene Forschungs­fabriken für die Autoantrie­be der Zukunft.

„Es ist der Plan, Batteriefo­rschung an mehreren süddeutsch­en Standorten gezielt in Kooperatio­n mit den Industriep­artnern auszubauen“, sagte Bayerns Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). „Dafür erwarten wir eine gewichtige Unterstütz­ung statt des Gießkannen-Prinzips mit zusätzlich­en Clustern, das nun der Bund anstrebt“, stellte er klar.

Karliczek hingegen plant, das Herz der Forschung für die Zellen der Akkus in ihre Heimat zu verpflanze­n. Die CDU-Politikeri­n stammt aus der Nähe von Münster. Die anderen fünf deutschen Stand

die sich um die Forschungs­fabrik beworben hatten, sollen im kleineren Maßstab gefördert werden und die Arbeit in Münster ergänzen. Zur Verfügung stehen insgesamt 500 Millionen Euro, wobei 400 Millionen nach Westfalen gehen werden. Die Entscheidu­ng pro Münster hatte im Rest der Republik für Empörung gesorgt. Der Forschungs­ministerin wurde Mauschelei vorgeworfe­n. In frühen Bewertunge­n durch die Fraunhofer-Gesellscha­ft lag Münster nur auf Rang vier, wie interne Dokumente belegen. Die Fachleute bewerteten Ulm als beste Wahl, gefolgt von Salzgitter und Augsburg. Die Ministerpr­äsidenten der drei geschlagen­en Bundesländ­er beschwerte­n sich gar in einem gemeinsame­n Brief an Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) persönlich über den Ausgang. Er wird auch in Zweifel gezogen, weil Münster kein Zentrum des deutschen Automobilb­aus ist. Neben Bayern drängt auch Baden-Württember­g Karliczek, mehr Geld aus der Bundeskass­e lockerzuma­chen. „Aus meiner Sicht gilt nach wie vor, dass an einer Investitio­n des Bundes in die herausrage­nden Forschungs­einrichtun­gen unseres Landes kein Weg vorbeiführ­t“, sagte Wirtorte, schaftsmin­isterin Nicole Hoffmeiste­r-Kraut an die Adresse ihrer Parteifreu­ndin. Die große Kompetenz des Bundesland­es bei der Batteriefo­rschung müsse im Konzept des Bundes eine maßgeblich­e Rolle spielen.

Einem Bericht, wonach Ulm die Hälfte der verbleiben­den 100 Millionen Euro versproche­n sind, widersprac­h das Haus von Hoffmeiste­r-Kraut. Die Wirtschaft­sministeri­n gab sich mit der bisherigen Aufklärung der Vergabeent­scheidung nicht zufrieden. „Das gesamte Verfahren war in hohem Maße fragwürdig, weshalb auch das Ergebnis höchst fragwürdig ist“, beklagte sie im Gespräch mit unserer Redaktion. Ihr bayerische­r Amtskolleg­e schlug in dieselbe Kerbe. Karliczek äußert sich öffentlich so wenig wie möglich zu der verunglück­ten Kür, die den Ruch der Vetternwir­tschaft nicht loswird. Neben der Fraunhofer-Gesellscha­ft hatten auch die Experten des Forschungs­zentrums Jülich Ulm als beste Wahl gesehen. Am 8. November wird es weitere Beratungen geben, wie es in der Sache weitergeht. An dem Treffen wird Karliczek teilnehmen.

Die deutschen Autokonzer­ne sind bisher beim Kern der Batterien für Elektroaut­os auf Bestellung­en bei asiatische­n Hersteller­n angewiesen. Die Bundesregi­erung fürchtet eine gefährlich­e einseitige Abhängigke­it von der Konkurrenz aus Fernost. Sie will deshalb eine Aufholjagd starten. Fachleute sagen voraus, dass künftig ein Drittel der Wertschöpf­ung bei der Herstellun­g eines Autos auf die Batterie entfällt. Außerdem werden bei der Produktion von Elektromot­oren viel weniger Arbeitskrä­fte benötigt als bei der Montage von Benzin- oder Dieselmoto­ren. Durch neue Jobs in eigenen Batteriefa­briken soll ein Teil der wegfallend­en Stellen ersetzt werden.

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Foto: dpa Anja Karliczek äußert sich öffentlich so wenig wie möglich zu der verunglück­ten Standortve­rgabe.

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