So findet man ein nachhaltiges Hotel
Es gibt viele Marken und Zertifikate. Wie Sie erkennen, ob Unterkünfte Standards einhalten
Es ist nicht einfach, eine wirklich nachhaltige Unterkunft zu finden. Es gibt mittlerweile Siegel, Zertifikate und Labels – ein bisschen wie im Supermarkt. Nicht alle sind seriös. Es gibt regionale, spezialisierte und internationale Zertifikate. Manche orientieren sich an ökologischen Kriterien, andere decken alle drei Säulen der Nachhaltigkeit ab, also auch soziale und wirtschaftliche Faktoren. Dabei ist es wichtig, erst einmal die Beschreibung des Labels zu lesen. „Das Label sollte von einem neutralen Dritten zertifiziert sein“, erläutert Randy Durband, Hauptgeschäftsführer des GSTC. Der Rat ist der größte internationale Interessenverbund für nachhaltigen Tourismus. Er wird finanziell von Tui unterstützt, arbeitet aber nach eigener Aussage unabhängig. Der GSTC bildet diesen „neutralen Dritten“und prüft, wer und was hinter einem Label steht.
Vor Ort lasse sich die Nachhaltigkeit einer Unterkunft nicht leicht
Viele Kleinigkeiten machen den Unterschied. Liegen ungefragt in jedem Zimmer Plastikschlappen, in Plastik verpackt? Gibt es einzeln verpackte Seifen? Läuft die Klimaanlage beim Betreten des Zimmers? Werden die Handtücher gewechselt, obwohl der Urlauber deutlich gemacht hat, dass das nicht nötig ist? Passen Architektur und Baumaterial in die Umgebung? Liegt die Unterkunft in einem trockenen Gebiet und hat dennoch einen großen Pool?
Häufen sich solche Beobachtungen, sollte man als Gast darauf hinweisen. Besonders, wenn die Unterkunft ein Umweltzertifikat hat. Zeigen Gäste, dass ihnen Nachhaltigkeit wichtig ist, können Hotelbetreiber etwas ändern. Aber nicht nur Umweltschutz zähle, sondern auch die Menschen, die in der Unterkunft arbeiten. Das betrifft nicht nur ferne Länder wie Thailand oder Mexiko. „Auch in Europa herrschen ausbeuterische Arbeitsbedingungen in der Tourismusbranche“, sagt Antje Monshausen, Leiterin von Tourism
Watch die sich für nachhaltigen Tourismus einsetzt. „Der Hotelund Gastrobereich ist in Deutschland neben dem Reinigungsgewerbe der Sektor mit der geschätzt höchsten Umgehung des Mindestlohns“, erklärt die Expertin.
Nur was kann der Urlaubsgast konkret tun? Ein Beispiel: „Wenn ich mitbekomme, dass der Kellner vom Frühstück auch noch beim Abendessen da ist, sollte ich das Hotelmanagement oder den Reiseveranstalter ansprechen“, rät Monshausen. „Zehn Stunden arbeiten am Stück ist erlaubt, mehr nicht.“
Mache ich als Urlauber in ÖkoHotels alles richtig? Es gibt oft Widersprüche. „Einige Öko-Lodges liegen in entlegenen Gebieten, in die man beispielsweise nur mit dem Hubschrauber kommt. Das ist nicht nachhaltig“, sagt Monshausen. Die Landfrage sei hier ebenfalls ein großes Problem. Liegen Lodges mitten im Urwald, könnte es sich um ein Gebiet einer indigenen Bevölkerungsgruppe handeln. Viele Unterkünfte nennen sich selbst „Ecoerkennen.
Lodge“, doch auf den Namen können Urlauber nicht unbedingt vertrauen.
„Wer Nachhaltigkeit propagiert, schreibt es auch auf seine Homepage. Hier kann man sich die Kriterien anschauen“, sagt Prof. Louisa Klemmer, Expertin für Tourismusmanagement an der Hochschule Harz. Dabei geht es auch um kulturelle und wirtschaftliche Aspekte. Bezieht die Unterkunft die lokale Bevölkerung mit ein? Werden Tipps für Restaurants außerhalb des Hotels gegeben? So können die Menschen vor Ort vom Tourismus profitieren. „Dass wir die lokale Bevölkerung unterstützen, werden wir als Touristen merken. Es kommt ein positives Gefühl zurück, und das bedeutet mehr Lebensqualität für alle“, sagt Klemmer. „Wenn die Häuser tatsächlich den ökologischen Gedanken in allen Bereichen leben, ist das eine gute Basis“, sagt Thomas. „Wir empfehlen inhabergeführte Unterkünfte in der Hand von lokalen Betreibern statt internationale Hotelketten. So kommt das
Geld direkt vor Ort an.“Das fördere lokale Wirtschaftsstrukturen. „Oft stammt ein Teil der Verpflegung aus dem hoteleigenen Garten oder vom benachbarten Bauern.
Für Urlauber stellt sich die Frage: Müssen sie ihre Vorstellung von Urlaub komplett neu definieren, wenn sie nachhaltig übernachten wollen? „Ein durchdachtes, nachhaltiges Management kann viel bewirken, ohne dass der Gast auf Standards verzichten muss“, sagt Monshausen. „Dort gibt es dann statt einer Klimaanlage Lichtschutz und gute Lüftungen.“Dennoch fordert der Nachhaltigkeitsgedanke auch die Mitarbeit der Touristen. „Nachhaltig zu reisen bedeutet, aufmerksamer zu sein, Dinge infrage zu stellen und bewusste Entscheidungen zu treffen“, sagt Prof. Klemmer. Eine solche Frage kann sein: Brauche ich überhaupt unbedingt eine Klimaanlage und einen Pool? Die Experten sind sich einig: Eine nachhaltige Unterkunft schont nicht nur die Umwelt, sie ist auch nah an Mensch und Kultur.
Die vom Schweizer Architekten Peter Zumthor im Graubündner Vals 1996 aus Quarzit errichtete Therme ist der Anziehungspunkt im 1000-Seelen-Dorf. Ein archaisch wirkendes Kunstwerk mit verschieden warmen und kühlen Bädern, das jeder besuchen kann, das vormittags und an manchen Tagen auch nachts allerdings nur den Hotelgästen des „7132“und des „House of Architects“vorbehalten ist. Letzteres ist ein Designkleinod, dessen 7320-Quadratmeter-Zimmer von berühmten Architekten geprägt sind. Zehn Refugien tragen Peter Zumthors Handschrift, der Amerikaner Thom Mayne stattete 22 Räume aus und Kengo Kumas ist verantwortlich für das Erscheinungsbild von 23 Zimmern. Mein Favorit Zimmer 214 vom japanischen Meisterarchitekt Tadao Ando, der mit unvergleichlicher Ästhetik den kleinen Räumen schwebende Leichtigkeit und japanisches
Flair verlieh.
Schon von der Türschwelle aus öffnet sich der
Raum wie ein
Trichter und man schaut durch ein riesiges Fenster über die Terrasse in ein windbewegtes Nadelbaumbild. Insgesamt hat er 18 gestaltet. Das „House of Architects“ist das 4-Sterne-Hotel in einem angrenzenden Gebäude aber unter dem Dach des 5-SterneSuperior-Hauses „7132“.
Die längst unter Denkmalschutz stehende Therme und beide Hotels sind in einer Unternehmerhand. Es gibt drei Restaurants, eines sogar mit zwei Sternen, eine Bar und ein großzügiges Foyer zum Lesen. Aber nicht nur Gourmets und Architekturfreunde kommen in Vals auf ihre Kosten. Man kann herrlich zwischen Zicklein die Matten hochwandern bis nach Leis, wo Peter Zumthor weitere Häuser baute Inge Ahrens