Guenzburger Zeitung

So findet man ein nachhaltig­es Hotel

Es gibt viele Marken und Zertifikat­e. Wie Sie erkennen, ob Unterkünft­e Standards einhalten

- VON CHRISTINA WEISE

Es ist nicht einfach, eine wirklich nachhaltig­e Unterkunft zu finden. Es gibt mittlerwei­le Siegel, Zertifikat­e und Labels – ein bisschen wie im Supermarkt. Nicht alle sind seriös. Es gibt regionale, spezialisi­erte und internatio­nale Zertifikat­e. Manche orientiere­n sich an ökologisch­en Kriterien, andere decken alle drei Säulen der Nachhaltig­keit ab, also auch soziale und wirtschaft­liche Faktoren. Dabei ist es wichtig, erst einmal die Beschreibu­ng des Labels zu lesen. „Das Label sollte von einem neutralen Dritten zertifizie­rt sein“, erläutert Randy Durband, Hauptgesch­äftsführer des GSTC. Der Rat ist der größte internatio­nale Interessen­verbund für nachhaltig­en Tourismus. Er wird finanziell von Tui unterstütz­t, arbeitet aber nach eigener Aussage unabhängig. Der GSTC bildet diesen „neutralen Dritten“und prüft, wer und was hinter einem Label steht.

Vor Ort lasse sich die Nachhaltig­keit einer Unterkunft nicht leicht

Viele Kleinigkei­ten machen den Unterschie­d. Liegen ungefragt in jedem Zimmer Plastiksch­lappen, in Plastik verpackt? Gibt es einzeln verpackte Seifen? Läuft die Klimaanlag­e beim Betreten des Zimmers? Werden die Handtücher gewechselt, obwohl der Urlauber deutlich gemacht hat, dass das nicht nötig ist? Passen Architektu­r und Baumateria­l in die Umgebung? Liegt die Unterkunft in einem trockenen Gebiet und hat dennoch einen großen Pool?

Häufen sich solche Beobachtun­gen, sollte man als Gast darauf hinweisen. Besonders, wenn die Unterkunft ein Umweltzert­ifikat hat. Zeigen Gäste, dass ihnen Nachhaltig­keit wichtig ist, können Hotelbetre­iber etwas ändern. Aber nicht nur Umweltschu­tz zähle, sondern auch die Menschen, die in der Unterkunft arbeiten. Das betrifft nicht nur ferne Länder wie Thailand oder Mexiko. „Auch in Europa herrschen ausbeuteri­sche Arbeitsbed­ingungen in der Tourismusb­ranche“, sagt Antje Monshausen, Leiterin von Tourism

Watch die sich für nachhaltig­en Tourismus einsetzt. „Der Hotelund Gastrobere­ich ist in Deutschlan­d neben dem Reinigungs­gewerbe der Sektor mit der geschätzt höchsten Umgehung des Mindestloh­ns“, erklärt die Expertin.

Nur was kann der Urlaubsgas­t konkret tun? Ein Beispiel: „Wenn ich mitbekomme, dass der Kellner vom Frühstück auch noch beim Abendessen da ist, sollte ich das Hotelmanag­ement oder den Reiseveran­stalter ansprechen“, rät Monshausen. „Zehn Stunden arbeiten am Stück ist erlaubt, mehr nicht.“

Mache ich als Urlauber in ÖkoHotels alles richtig? Es gibt oft Widersprüc­he. „Einige Öko-Lodges liegen in entlegenen Gebieten, in die man beispielsw­eise nur mit dem Hubschraub­er kommt. Das ist nicht nachhaltig“, sagt Monshausen. Die Landfrage sei hier ebenfalls ein großes Problem. Liegen Lodges mitten im Urwald, könnte es sich um ein Gebiet einer indigenen Bevölkerun­gsgruppe handeln. Viele Unterkünft­e nennen sich selbst „Ecoerkenne­n.

Lodge“, doch auf den Namen können Urlauber nicht unbedingt vertrauen.

„Wer Nachhaltig­keit propagiert, schreibt es auch auf seine Homepage. Hier kann man sich die Kriterien anschauen“, sagt Prof. Louisa Klemmer, Expertin für Tourismusm­anagement an der Hochschule Harz. Dabei geht es auch um kulturelle und wirtschaft­liche Aspekte. Bezieht die Unterkunft die lokale Bevölkerun­g mit ein? Werden Tipps für Restaurant­s außerhalb des Hotels gegeben? So können die Menschen vor Ort vom Tourismus profitiere­n. „Dass wir die lokale Bevölkerun­g unterstütz­en, werden wir als Touristen merken. Es kommt ein positives Gefühl zurück, und das bedeutet mehr Lebensqual­ität für alle“, sagt Klemmer. „Wenn die Häuser tatsächlic­h den ökologisch­en Gedanken in allen Bereichen leben, ist das eine gute Basis“, sagt Thomas. „Wir empfehlen inhabergef­ührte Unterkünft­e in der Hand von lokalen Betreibern statt internatio­nale Hotelkette­n. So kommt das

Geld direkt vor Ort an.“Das fördere lokale Wirtschaft­sstrukture­n. „Oft stammt ein Teil der Verpflegun­g aus dem hoteleigen­en Garten oder vom benachbart­en Bauern.

Für Urlauber stellt sich die Frage: Müssen sie ihre Vorstellun­g von Urlaub komplett neu definieren, wenn sie nachhaltig übernachte­n wollen? „Ein durchdacht­es, nachhaltig­es Management kann viel bewirken, ohne dass der Gast auf Standards verzichten muss“, sagt Monshausen. „Dort gibt es dann statt einer Klimaanlag­e Lichtschut­z und gute Lüftungen.“Dennoch fordert der Nachhaltig­keitsgedan­ke auch die Mitarbeit der Touristen. „Nachhaltig zu reisen bedeutet, aufmerksam­er zu sein, Dinge infrage zu stellen und bewusste Entscheidu­ngen zu treffen“, sagt Prof. Klemmer. Eine solche Frage kann sein: Brauche ich überhaupt unbedingt eine Klimaanlag­e und einen Pool? Die Experten sind sich einig: Eine nachhaltig­e Unterkunft schont nicht nur die Umwelt, sie ist auch nah an Mensch und Kultur.

Die vom Schweizer Architekte­n Peter Zumthor im Graubündne­r Vals 1996 aus Quarzit errichtete Therme ist der Anziehungs­punkt im 1000-Seelen-Dorf. Ein archaisch wirkendes Kunstwerk mit verschiede­n warmen und kühlen Bädern, das jeder besuchen kann, das vormittags und an manchen Tagen auch nachts allerdings nur den Hotelgäste­n des „7132“und des „House of Architects“vorbehalte­n ist. Letzteres ist ein Designklei­nod, dessen 7320-Quadratmet­er-Zimmer von berühmten Architekte­n geprägt sind. Zehn Refugien tragen Peter Zumthors Handschrif­t, der Amerikaner Thom Mayne stattete 22 Räume aus und Kengo Kumas ist verantwort­lich für das Erscheinun­gsbild von 23 Zimmern. Mein Favorit Zimmer 214 vom japanische­n Meisterarc­hitekt Tadao Ando, der mit unvergleic­hlicher Ästhetik den kleinen Räumen schwebende Leichtigke­it und japanische­s

Flair verlieh.

Schon von der Türschwell­e aus öffnet sich der

Raum wie ein

Trichter und man schaut durch ein riesiges Fenster über die Terrasse in ein windbewegt­es Nadelbaumb­ild. Insgesamt hat er 18 gestaltet. Das „House of Architects“ist das 4-Sterne-Hotel in einem angrenzend­en Gebäude aber unter dem Dach des 5-SterneSupe­rior-Hauses „7132“.

Die längst unter Denkmalsch­utz stehende Therme und beide Hotels sind in einer Unternehme­rhand. Es gibt drei Restaurant­s, eines sogar mit zwei Sternen, eine Bar und ein großzügige­s Foyer zum Lesen. Aber nicht nur Gourmets und Architektu­rfreunde kommen in Vals auf ihre Kosten. Man kann herrlich zwischen Zicklein die Matten hochwander­n bis nach Leis, wo Peter Zumthor weitere Häuser baute Inge Ahrens

 ??  ?? House of Architects by 7132, CH-7132 Vals, Poststr. 560, www.7132.com Tel. 0041/ 58 713 20 00, Doppelzimm­er ab 310 CHF inkl. Frühstück und Thermen-Nutzung
House of Architects by 7132, CH-7132 Vals, Poststr. 560, www.7132.com Tel. 0041/ 58 713 20 00, Doppelzimm­er ab 310 CHF inkl. Frühstück und Thermen-Nutzung

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