„Befürchte, dass mir das Herz blutet“
Warum Skiläuferin Meike Pfister aus Deisenhausen in der nun beginnenden Saison keine Weltcup-Rennen bestreiten kann und wie sie mit der Zuschauer-Rolle fertig wird
Deisenhausen Es ist etwas über acht Monate her, dass die Skiläuferin Meike Pfister aus Deisenhausen beim ersten Training für die Weltcup-Abfahrt im schweizerischen Crans Montana stürzte und im Fangzaun landete. Damit war für sie die Saison drei Wochen vor dem Finale beendet. Die Sportsoldatin und Stabsunteroffizierin, die auf die schnellen Disziplinen Abfahrt und Super G spezialisiert ist, wird nun auch nicht am Start sein, wenn Anfang Dezember im kanadischen Lake Louise die erste Abfahrt der neuen Saison ansteht. Im Interview mit unserer Zeitung verrät die für den Skiclub Krumbach startende 23-Jährige, warum für sie die Saison beendet ist, bevor sie begonnen hat.
Frau Pfister, warum zieht sich der Genesungsprozess so lange hin?
Pfister: Nach meinem Sturz lautete die erste Diagnose Schulter-Luxation und ich dachte eigentlich, dass ich bald wieder auf den Skiern stehen kann. Doch bei der ausgekugelten Schulter blieb es nicht, wie sich später nach mehreren Untersuchungen herausstellte. Ein Nerv war gerissen. Der Schaden musste mit einem Stück Nerv aus dem Bein geflickt werden. Und solch komplizierte Nervensachen beziehungsweise Operationen brauchen eben ihre Zeit.
Was können Sie zurzeit eigentlich machen?
Pfister: Alles, was meine rechte Schulter nicht belastet, beinhaltet das Reha-Programm. Mit den Beinen kann ich alles machen, zum Beispiel Radfahren, Bergwandern und Joggen. Das ist wichtig, damit ich physisch wieder auf ein anderes Level komme. Das Skifahren freilich lassen wir in diesem Jahr weg.
Aber fällt einem da nicht die Decke auf den Kopf?
Pfister: Nein. Schon direkt nach der Operation ging es mit der Reha los und da gab es sehr viel zu tun, auch wenn ich den rechten Arm noch in der Schlinge hatte. Aber es gibt natürlich auch Momente, in denen einem der Spaß am liebsten vergehen würde. Vor allem, wenn man daran denkt, dass die Teamkameradinnen zur gleichen Zeit beim Skifahren sind.
Fällt es Ihnen schwer, wenn demnächst die Saison beginnt und Sie nur zuschauen können?
Pfister: Kann ich noch nicht sagen. In so einer Situation war ich noch nie. Aber ich befürchte schon, dass mir das Herz blutet, wenn die Speed-Rennen gestartet werden und ich denke, da könntest du jetzt auch dabei sein.
Gab es Momente, in denen Sie daran gedacht haben, mit dem Skifahren Schluss zu machen und die Karriere zu beenden?
Pfister: Ja, die gab es. Und zwar als mir die Ärzte offenbarten, dass es schwierig werden könnte, aufgrund des gerissenen Nervs wieder Leistungssport zu betreiben. Aber so eine Sache macht einen auch stark, vor allem dann, wenn die Operation gut verlaufen ist und keine weiteren Schäden aufgetreten sind.
Wann stehen Sie frühestens wieder auf Skiern?
Pfister: Wenn alles gut geht, kann ich Ende Februar mit dem Skitraining beginnen. Ab Januar wäre bereits normales Fahren möglich.
Sie stehen nach wie vor im zwölfköpfigen Ski alpin A-Kader des DSV für die neue Rennsaison. Heißt das, man rechnet fest mit ihrer Rückkehr und dass Sie wieder das Leistungsniveau erreichen, auf dem Sie vor dem Sturz waren?
Pfister: Auf jeden Fall. Trainer und Betreuer haben Vertrauen in mich und sind zuversichtlich, dass ich wieder zurückkomme. Allerdings werde ich in diesem Winter mit Sicherheit keine Rennen bestreiten.
Ist es ein schwacher Trost für Sie, dass in diesem Winter keine Großereignisse stattfinden?
Pfister: Die Weltmeisterschaften finden 2021 in Cortina und die Olympischen Spiele 2022 in Peking statt. Diesbezüglich verpasse ich also nichts. Aber diese Saison wäre enorm wichtig gewesen, um mich im Weltcup zu etablieren.
Haben Sie durch ihre Verletzung jetzt mehr Zeit für ihr Fernstudium? Pfister: Das Fernstudium liegt zurzeit auf Eis. Aber ich werde im November und Dezember einen Bundeswehr-Lehrgang machen und bekomme im März und April dann frei, wenn ich wieder auf Skiern trainieren kann.
Werden Sie bei Weltcup-Rennen als Zuschauerin dabei sein?
Pfister: Das weiß ich noch nicht. Garmisch-Partenkirchen würde sich zum Beispiel anbieten. Aber ich befürchte, es würde mir schon wehtun, selbst nicht starten zu können. Ich lass’ das einfach auf mich zukommen. Interview: Alois Thoma