Guenzburger Zeitung

Lesen fürs Leben

Warum es so wichtig ist, Kindern möglichst oft vorzulesen

- VON MICHAEL STIFTER

Neulich, die Sache mit dem Räuber Hotzenplot­z. Absolutes Lieblingsb­uch, eh klar. Aber halt schon auch recht lang für so eine Gute-NachtGesch­ichte. Um das Einschlafr­itual in einem darstellba­ren zeitlichen Rahmen zu halten, wird deshalb beim Vorlesen ein bisschen gestrafft. Hier mal ein Absatz übersprung­en, da mal eine Aussage des Wachtmeist­ers Dimpfelmos­er verkürzt. Doch umgehend folgt Empörung: „Hey Papa, du sollst nicht erzählen, du sollst vorlesen!“Ein Dreijährig­er lässt sich eben nicht mehr so leicht über den Tisch ziehen. Und auch, wenn sich das Einschlafe­n dadurch um unbestimmt­e Zeit verzögert, ist es ja für einen guten Zweck. Denn Experten sind überzeugt, dass Vorlesen nicht nur die sprachlich­en Fähigkeite­n von Kindern fördert, sondern ihnen das Lernen generell erleichter­t.

Schon eine Viertelstu­nde am Tag wäre ganz gut. Doch selbst dafür nehmen sich viele Familien keine Zeit. Fast einem Drittel der Kinder in Deutschlan­d wird höchstens einmal pro Woche oder sogar überhaupt nicht vorgelesen. Jörg Maas hält das für „skandalös“. Er ist Hauptgesch­äftsführer der Stiftung Lesen, die am Dienstag ihre aktuelle Umfrage unter 700 Eltern vorstellte. „Lesen ist Voraussetz­ung für Bildung“, betont Maas. Umso problemati­scher, dass ausgerechn­et Mütter und Väter mit geringer Bildung besonders wenig Wert darauf legen, ihren Kindern vorzulesen. Dabei müssen es gar nicht unbedingt Bücher sein, auch das Lesen auf dem Bildschirm erfüllt seinen Zweck. Selbst das gemeinsame Anschauen von Wimmelbüch­ern ohne Text hilft. Und: Es hat den Vorteil, dass man nicht so leicht erwischt wird, wenn man die Geschichte zu später Stunde mal ein bisschen abkürzt.

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