Lesen fürs Leben
Warum es so wichtig ist, Kindern möglichst oft vorzulesen
Neulich, die Sache mit dem Räuber Hotzenplotz. Absolutes Lieblingsbuch, eh klar. Aber halt schon auch recht lang für so eine Gute-NachtGeschichte. Um das Einschlafritual in einem darstellbaren zeitlichen Rahmen zu halten, wird deshalb beim Vorlesen ein bisschen gestrafft. Hier mal ein Absatz übersprungen, da mal eine Aussage des Wachtmeisters Dimpfelmoser verkürzt. Doch umgehend folgt Empörung: „Hey Papa, du sollst nicht erzählen, du sollst vorlesen!“Ein Dreijähriger lässt sich eben nicht mehr so leicht über den Tisch ziehen. Und auch, wenn sich das Einschlafen dadurch um unbestimmte Zeit verzögert, ist es ja für einen guten Zweck. Denn Experten sind überzeugt, dass Vorlesen nicht nur die sprachlichen Fähigkeiten von Kindern fördert, sondern ihnen das Lernen generell erleichtert.
Schon eine Viertelstunde am Tag wäre ganz gut. Doch selbst dafür nehmen sich viele Familien keine Zeit. Fast einem Drittel der Kinder in Deutschland wird höchstens einmal pro Woche oder sogar überhaupt nicht vorgelesen. Jörg Maas hält das für „skandalös“. Er ist Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen, die am Dienstag ihre aktuelle Umfrage unter 700 Eltern vorstellte. „Lesen ist Voraussetzung für Bildung“, betont Maas. Umso problematischer, dass ausgerechnet Mütter und Väter mit geringer Bildung besonders wenig Wert darauf legen, ihren Kindern vorzulesen. Dabei müssen es gar nicht unbedingt Bücher sein, auch das Lesen auf dem Bildschirm erfüllt seinen Zweck. Selbst das gemeinsame Anschauen von Wimmelbüchern ohne Text hilft. Und: Es hat den Vorteil, dass man nicht so leicht erwischt wird, wenn man die Geschichte zu später Stunde mal ein bisschen abkürzt.