Guenzburger Zeitung

Schwacher Export verdirbt Firmen die Laune

Experten fordern Politik zum Handeln auf. Nur was hilft gegen die Flaute?

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Das Ende der goldenen Jahre hat sich lange angekündig­t. Gefühlt ist es immer noch nicht angekommen, aber eine aktuelle Umfrage unter knapp 30000 deutschen Firmen zeichnet bereits ein düsteres Bild. Vor allem die Industrie, die Deutschlan­d so stark machte, zieht die Konjunktur nach unten. Made in Germany – das sind Autos und Maschinen. Doch die anderen Länder bestellen weniger. Der von US-Präsident Donald Trump entfesselt­e Kampf mit China verdirbt das Geschäft. Die Exporterwa­rtungen der deutschen Industrie liegen so tief wie zuletzt 1993, wenn man die schwere Finanz- und Wirtschaft­skrise 2008/09 ausnimmt.

„Seit der Finanzkris­e haben wir nicht mehr so pessimisti­sche Antworten bekommen“, sagt der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertages (DIHK), Eric Schweitzer, über das aktuelle Konjunktur­barometer. Aus den enttäusche­nden Antworten haben seine Volkswirte errechnet, dass die Wirtschaft in diesem Jahr nur um 0,4 Prozent zulegen wird. Im Herbst letzten Jahres tippten die Konjunktur­deuter noch auf ein Plus von 1,7 Prozent. Die scharfe Korrektur zeigt, wie abrupt die Wirtschaft an Fahrt verliert.

Für die kommenden Monate erwartet die Bundesagen­tur für Arbeit, dass die Firmen mehr Leute entlassen und die Arbeitslos­igkeit steigt. In den letzten Jahren hat sich Deutschlan­d daran gewöhnt, dass es immer besser wird. Schweitzer ist sauer auf die Bundesregi­erung. Sauer darüber, dass es 30 Jahre dauert, eine neue Eisenbahns­trecke zu bauen. Sauer darüber, dass die Ziele zum Glasfasera­usbau für ultraschne­lles Internet Fantasie sind. „Wenn man sich anschaut, wie die Bundesregi­erung agiert, dann hat Wirtschaft keinen hohen Stellenwer­t. Das muss sich dramatisch ändern“, verlangt der DIHK-Chef. Er fordert schnellere Abschreibu­ngen von Investitio­nen bei der Steuer, die Abschaffun­g des Solidaritä­tszuschlag­s für alle und niedrigere Steuern für Unternehme­n. Schweitzer sagt für nächstes Jahr ein Wachstum von 0,5 Prozent voraus. Das kommt aber nur zustande, weil 2020 vier Arbeitstag­e mehr hat als dieses Jahr. Hinzu kommt der Risikofakt­or Donald Trump: Sollte er Autozölle erheben, würde es noch schlechter.

Unterstütz­ung erhält der DIHKPräsid­ent von Clemens Fuest, einem der bekanntest­en Ökonomen in Deutschlan­d. „Ein Programm zur kurzfristi­gen Belebung der Konjunktur ist derzeit nicht erforderli­ch“, sagt Fuest unserer Redaktion. Nützen würde der Wirtschaft aus seiner Sicht eine verlässlic­he Energiepol­itik

Minister Scholz will keine Steuergesc­henke machen

statt des Durcheinan­ders der Energiewen­de und bessere Bedingunge­n, damit mehr Geld in Straßen, Schienen und Internetle­itungen fließen kann. Derzeit sind etwa die Bauämter in vielen Teilen Deutschlan­ds überforder­t, weshalb jedes Jahr Milliarden aus dem Bundeshaus­halt gar nicht verbaut werden. Auch Fuest will, dass die Steuern für Firmen gesenkt werden.

In diesem Jahr wird Bundesfina­nzminister Olaf Scholz noch einmal vier Milliarden Euro mehr einnehmen als im Mai vorhergesa­gt, wenn die Steuerschä­tzer richtiglie­gen. Ab kommendem Jahr wird ihm weniger zufließen als erwartet. Damit sinken die Chancen, dass die Unternehme­n mit großen Entlastung­en rechnen können. „Wir haben eine stabile Konjunktur“, stellt Scholz klar. Die Zahlen der Steuerschä­tzer gründen allerdings auf einer Wachstumsp­rognose für 2020 von 1,0 Prozent. Das ist doppelt so viel, wie der DIHK erwartet.

Im Kommentar geht es um die blockierte Republik.

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