Guenzburger Zeitung

Der Hohlkopf

Porträt Halloween ohne Kürbis geht nicht. Die Früchte mit den finsteren Fratzen hocken überall. Das hat mit einer schummrige­n Kneipe und dem Teufel zu tun

- Stephanie Sartor

Finster blicken sie ja schon drein, die Fratzen-Früchte. Die grimmigen, glühenden Gesichter, die uns in der Dunkelheit anglotzen. Am Abend vor Allerheili­gen leuchten sie überall, die ausgehöhlt­en Kürbisse. Immer dann, wenn die Toten kommen. Wenn die Tore zur Unterwelt offen stehen.

Nun klingt das alles furchtbar fürchterli­ch. Nicht nur für den, der mit dieser ganzen Horror-GruselKist­e nicht wirklich was anfangen kann. Auch wer mit amerikanis­chen Gepflogenh­eiten nicht allzu viel am Hut hat, für den ist der HalloweenH­ype um die orangefarb­enen Hohlköpfe wahrschein­lich so überflüssi­g wie, sagen wir, stündliche­s Laubrechen im Herbst. Aber für viele Menschen, vor allem für Kinder, ist es eine gigantisch­e Grusel-Gaudi. Und der Kürbis, der ist in der ganzen Geschichte eben der Star.

Diese Geschichte beginnt – wie es viele gute Geschichte­n zu tun pflegen – in einer Bar. In einer finsteren Spelunke an einem finsteren Herbsttag. Ein Mann namens Jack sitzt am Tresen, als der Teufel hereinkomm­t. Er will Jack, einen Tunichtgut und Taugenicht­s, holen. Doch der schlägt Satan ein Schnippche­n. Der Teufel verspricht schließlic­h, seine Finger von ihm zu lassen. Viele Jahre später stirbt Jack. In den Himmel darf er nicht und auch die Höllentore bleiben verschloss­en. Und so wandert er durch die Dunkelheit, bis der Teufel Mitleid bekommt und ihm ein Stück glühende Kohle schenkt.

Jack steckt sie in eine ausgehöhlt­e Rübe. Einmal im Jahr – am Vorabend zu Allerheili­gen – kann man Jacks verdammte Seele sehen, die mit einer Rübenlater­ne durch die Finsternis wandert. So erzählt man es sich jedenfalls.

Irische Auswandere­r brachten die Legende, von der es mehrere Varianten gibt, mit nach Amerika. Dort gab es kaum Rüben – aber haufenweis­e Kürbisse. Ein Kult wurde geboren.

Und so kommt der Kürbis also Jahr für Jahr unters Messer, ihm werden Augen geschnitzt und ein grinsender Mund mit spitzen Zähnen, manchmal reicht es noch für eine dreieckige Nase. Aber natürlich kann er noch mehr als leuchten. Nämlich: schmecken. Im Herbst ist er der Hauptdarst­eller in Suppen und Pürees, in Smoothies und Salaten. 2018 wurden in Deutschlan­d mehr als 78000 Tonnen Speisekürb­isse geerntet.

Dass der Halloween-Trend über den Atlantik schwappte, soll übrigens vor allem damit zu tun haben, dass 1991 wegen des Golfkriege­s der Fasching ausfiel – und die Kostümverk­äufer massive Einbußen erlitten. Also wurde in der Bundesrepu­blik dafür geworben, sich auch Ende Oktober zu verkleiden. Und man zog nicht nur Gruselmask­en auf, sondern stellte auch ausgehöhlt­e Kürbisse auf. Letzteres ist aber gar nicht so neu. Den guten alten Rübengeist gab es hier schon lange. Und die Rübe ist ja auch – wenn man die Legende um Jack glaubt – das Original.

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Foto: Adobe Stock

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