Regierung verschärft Kampf gegen Rechtsextreme
Neues Paket gegen Hass im Netz. Mitglieder verfassungsfeindlicher Organisationen verlieren Waffenschein
Berlin Nach dem antisemitisch motivierten Anschlag von Halle mit zwei Todesopfern will die Bundesregierung härter gegen Hasskriminalität vorgehen. „Die Bedrohungslage durch Rechtsextremismus und Antisemitismus ist hoch“, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Mittwoch in Berlin. Gemeinsam mit Justizministerin Christine Lambrecht und Familienministerin Franziska Giffey (beide SPD) stellte er ein Maßnahmenpaket vor, das kurz zuvor vom Kabinett beschlossen worden war. Es sieht eine stärkere Bekämpfung von Hass und Hetze im Internet und einen besseren Schutz von Kommunalpolitikern vor.
Geplant, so Seehofer, sei zudem eine Verschärfung des Waffenrechts. Vor der Erteilung von Waffenscheinen soll künftig eine sogenannte „Regelabfrage“bei den Verfassungsschutzbehörden stattfinden. Bereits die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Vereinigung soll zur waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit führen. Der Antragsteller erhält dann keinen Waffenschein. Umgekehrt sollen auch vorhandene Waffenscheine entzogen werden, wenn die Behörden Kenntnis davon bekommen, dass der Inhaber einer verfassungsfeindlichen Organisation angehört. „Die zentrale Botschaft ist, dass Waffen nicht in die Hände von Rechtsextremisten gehören“, erklärte Seehofer.
Um Hasskriminalität im Netz einzudämmen, sollen Internetfirmen stärker in die Pflicht genommen werden. Diese sollen Hasskommentare melden und den Behörden
Auskunft über deren Urheber geben müssen. Beim Bundeskriminalamt wird dafür laut Seehofer eine neue Zentralstelle eingerichtet werden. Er kündigte an, dass der Verfassungsschutz den Bereich des Rechtsterrorismus intensiver bearbeiten werde. Der Staat werde aber deshalb nicht nachlassen bei der Bekämpfung anderer extremistischer Strömungen wie dem Islamismus und Linksextremismus.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht kündigte an, dass das Strafgesetzbuch im Hinblick auf Gewalt und Hasskriminalität ergänzt werden soll. „Wozu die Enthemmung und Entfesselung des Hasses im Netz führen kann, hat das schreckliche Attentat auf die jüdische Gemeinde in Halle erneut gezeigt“, sagte sie. Rechtsextremismus und Antisemitismus trete der Rechtsstaat mit all seinen Mitteln entgegen. Personen, die durch Gewalt gefährdet seien – etwa Kommunalpolitiker – müssten besser geschützt werden. Etwa, indem sie einfacher ihre Adressen in Melderegistern sperren lassen könnten. Vor dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke sei im Internet dessen Wohnadresse zusammen mit Gewaltaufrufen veröffentlicht worden.
Mit 460 Millionen Euro will die
Bundesregierung in den kommenden vier Jahren bestehende Programme zur Extremismusprävention ausbauen. Für Familienministerin Giffey ist das die „andere Seite derselben Medaille“im Kampf gegen Rechtsextremismus, der eine „Daueraufgabe“sei.
Der innenpolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Volker Ullrich, begrüßte das Maßnahmenpaket: „Die größte Bedrohung in diesem Land kommt aus der rechtsextremen Ecke.“Der Augsburger weiter: „Menschen ohne jegliches Geschichtsbewusstsein, die unseren Staat verachten und feige in der Anonymität des Netzes gegen andere wegen ihrer Hautfarbe oder Religion hetzen, werden künftig noch konsequenter verfolgt.“
Aus der Opposition kam dagegen Kritik an den Maßnahmen der Regierung. Stephan Thomae (Kempten), stellvertretender FDP-Fraktionschef, nannte es „aktionistisch und vage“. Ein schärferes Waffenrecht könne Anschläge wie in Halle nicht verhindern, bei dem ja gerade keine legalen Waffen eingesetzt worden seien. Statt Jäger und Sportschützen unter Generalverdacht zu stellen, müssten „in erster Linie Rechtsextreme entwaffnet und illegale Waffen aus dem Verkehr gezogen werden“, so Thomae.