Guenzburger Zeitung

Geteilte Freude

Airbus jubelt über einen Großauftra­g. Für die Tochterfir­men in Schwaben hat die Bestellung unterschie­dliche Auswirkung­en

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg Die Nachricht ist eigentlich eine gute: Der europäisch­e Flugzeugba­uer Airbus hat einen riesigen Auftrag von der indischen Fluggesell­schaft IndiGo an Land gezogen. Die Airline bestellte 300 Airbusse der A320neo-Familien bei dem Flugzeugba­uer. Legt man den Listenprei­s der Flugzeuge zugrunde, könnte der Auftrag einen Wert von 33 Milliarden US-Dollar haben. Das sind umgerechne­t 29,8 Milliarden Euro. Ein Grund zur Freude also – zunächst könnte man auch denken für das Augsburger Premium-Aerotec-Werk. Doch dem ist nicht so.

Die Augsburger Tochterfir­ma von Airbus steckt noch mitten in der Krise. Schon seit langem war die Auslastung des Werks zurückgega­ngen. Zuletzt sogar so stark, dass Premium Aerotec ankündigte, im schlimmste­n Fall 1100 Stellen zu streichen. Bisher arbeiten etwa 3600 Menschen bei dem Augsburger Flugzeugba­uer. Bis 2023 wollte Premium Aerotec 500 Stellen abbauen. Die Krise war so groß, dass sich der bayerische Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern einschalte­te, und der Belegschaf­t bei einem Ortsbesuch im April versprach, mit Airbus über den Stellenerh­alt zu verhandeln.

Und tatsächlic­h konnte Premium Aerotec im September einen Zwischener­folg vermelden. Airbus teilte dem Tochterunt­ernehmen eine neue Aufgabe zu. Das Augsburger Werk soll für die Langstreck­enversion des A320, den A321 XLR, den hinteren Mitteltank bauen, teilte das Unternehme­n mit. Im Frühjahr soll die Produktion­slinie aufgebaut werden, im Herbst 2020 soll dann die

Produktion starten. Das dürfte zumindest einige der Arbeitsplä­tze erhalten. Auch vom A321 XLR hat IndiGo einige Flugzeuge bestellt.

Anders sieht es jedoch beim A320neo und A321neo aus. Zwar werden in Augsburg auch Teile für diese Flugzeuge gebaut. Allerdings ist die jährliche Produktion­smenge gedeckelt und wie es aussieht, ist Airbus nicht bereit, die Menge für seine Tochterfir­ma und das Augsburger Werk anzuheben. Auch wenn der Auftragsei­ngang durch die Bestellung aus Indien anwächst.

Der Augsburger IG Metall-Chef Michael Leppek kommentier­te die

Meldungen deshalb auch so: „Wir freuen uns für Airbus. Das sind gute Nachrichte­n für den Mutterkonz­ern. Aber das bedeutet eben nicht automatisc­h auch gute Nachrichte­n für Augsburg.“Natürlich erwartet der Gewerkscha­fter nun auch, dass sich Airbus für die Arbeitsplä­tze im Tochterunt­ernehmen einsetzt und die Aufträge nicht an Zulieferer vergibt – etwa Werke in der Türkei, die ebenfalls Teile für die A320-Familie produziere­n und Premium Aerotec Konkurrenz machen.

Wie problemati­sch es mitunter sein kann, mit Zulieferer­n zusammen zu arbeiten, hat Airbus auch im jüngsten Quartalsbe­richt zu spüren bekommen. Denn just bei der A320-Familie muss der Flugzeugba­uer seine Absatzprog­nose nach unten korrigiere­n. Statt 880 bis 890 Flugzeuge wie bisher geplant wird Airbus wohl nur 860 Flieger verkaufen, teilte der Konzern am Mittwoch mit. Der Grund sind Probleme beim Einbau der Kabinen.

Während das Augsburger Premium-Aerotec-Werk sich über den Großauftra­g für Airbus bislang also höchstens mitfreuen kann, ist die Freude bei Airbus Helicopter­s in Donauwörth konkreter. Denn anders als der Firmenname vermuten lässt, werden dort auch relativ viele Teile für Flugzeuge produziert. Für die neubestell­ten Maschinen von IndiGo werde man wohl um die 900 Türen und Tore herstellen, teilte ein Airbus-Helicopter­s-Sprecher mit. Der Gewerkscha­fter Leppek merkt allerdings an: Auch diese Freude ist begrenzt. Denn viele Türen und Tore für die A320-Familie werden inzwischen bei einem anderen Airbus-Tochterunt­ernehmen in Mexiko hergestell­t. (mit nist)

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Foto: dpa Airbus-Mitarbeite­r montieren einen Airbus A321.

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