Geteilte Freude
Airbus jubelt über einen Großauftrag. Für die Tochterfirmen in Schwaben hat die Bestellung unterschiedliche Auswirkungen
Augsburg Die Nachricht ist eigentlich eine gute: Der europäische Flugzeugbauer Airbus hat einen riesigen Auftrag von der indischen Fluggesellschaft IndiGo an Land gezogen. Die Airline bestellte 300 Airbusse der A320neo-Familien bei dem Flugzeugbauer. Legt man den Listenpreis der Flugzeuge zugrunde, könnte der Auftrag einen Wert von 33 Milliarden US-Dollar haben. Das sind umgerechnet 29,8 Milliarden Euro. Ein Grund zur Freude also – zunächst könnte man auch denken für das Augsburger Premium-Aerotec-Werk. Doch dem ist nicht so.
Die Augsburger Tochterfirma von Airbus steckt noch mitten in der Krise. Schon seit langem war die Auslastung des Werks zurückgegangen. Zuletzt sogar so stark, dass Premium Aerotec ankündigte, im schlimmsten Fall 1100 Stellen zu streichen. Bisher arbeiten etwa 3600 Menschen bei dem Augsburger Flugzeugbauer. Bis 2023 wollte Premium Aerotec 500 Stellen abbauen. Die Krise war so groß, dass sich der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern einschaltete, und der Belegschaft bei einem Ortsbesuch im April versprach, mit Airbus über den Stellenerhalt zu verhandeln.
Und tatsächlich konnte Premium Aerotec im September einen Zwischenerfolg vermelden. Airbus teilte dem Tochterunternehmen eine neue Aufgabe zu. Das Augsburger Werk soll für die Langstreckenversion des A320, den A321 XLR, den hinteren Mitteltank bauen, teilte das Unternehmen mit. Im Frühjahr soll die Produktionslinie aufgebaut werden, im Herbst 2020 soll dann die
Produktion starten. Das dürfte zumindest einige der Arbeitsplätze erhalten. Auch vom A321 XLR hat IndiGo einige Flugzeuge bestellt.
Anders sieht es jedoch beim A320neo und A321neo aus. Zwar werden in Augsburg auch Teile für diese Flugzeuge gebaut. Allerdings ist die jährliche Produktionsmenge gedeckelt und wie es aussieht, ist Airbus nicht bereit, die Menge für seine Tochterfirma und das Augsburger Werk anzuheben. Auch wenn der Auftragseingang durch die Bestellung aus Indien anwächst.
Der Augsburger IG Metall-Chef Michael Leppek kommentierte die
Meldungen deshalb auch so: „Wir freuen uns für Airbus. Das sind gute Nachrichten für den Mutterkonzern. Aber das bedeutet eben nicht automatisch auch gute Nachrichten für Augsburg.“Natürlich erwartet der Gewerkschafter nun auch, dass sich Airbus für die Arbeitsplätze im Tochterunternehmen einsetzt und die Aufträge nicht an Zulieferer vergibt – etwa Werke in der Türkei, die ebenfalls Teile für die A320-Familie produzieren und Premium Aerotec Konkurrenz machen.
Wie problematisch es mitunter sein kann, mit Zulieferern zusammen zu arbeiten, hat Airbus auch im jüngsten Quartalsbericht zu spüren bekommen. Denn just bei der A320-Familie muss der Flugzeugbauer seine Absatzprognose nach unten korrigieren. Statt 880 bis 890 Flugzeuge wie bisher geplant wird Airbus wohl nur 860 Flieger verkaufen, teilte der Konzern am Mittwoch mit. Der Grund sind Probleme beim Einbau der Kabinen.
Während das Augsburger Premium-Aerotec-Werk sich über den Großauftrag für Airbus bislang also höchstens mitfreuen kann, ist die Freude bei Airbus Helicopters in Donauwörth konkreter. Denn anders als der Firmenname vermuten lässt, werden dort auch relativ viele Teile für Flugzeuge produziert. Für die neubestellten Maschinen von IndiGo werde man wohl um die 900 Türen und Tore herstellen, teilte ein Airbus-Helicopters-Sprecher mit. Der Gewerkschafter Leppek merkt allerdings an: Auch diese Freude ist begrenzt. Denn viele Türen und Tore für die A320-Familie werden inzwischen bei einem anderen Airbus-Tochterunternehmen in Mexiko hergestellt. (mit nist)