Guenzburger Zeitung

Warum auch Wasserstof­f große Nachteile hat

Das Auto der Zukunft wird nicht mehr mit herkömmlic­hen Treibstoff­en fahren. Doch wenn wir dazu regenerati­ve Energien nutzen wollen, stehen auch neue Techniken vor großen Herausford­erungen

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Aus Wind und Sonne Energie zu erzeugen, hat enorme Potenziale und ist Kernpunkt einer nachhaltig­en Energiezuk­unft. Das Problem dabei: Zu bestimmten Zeiten herrscht ein Überangebo­t des so erzeugten Stroms, an bedeckten und windstille­n Tagen gibt es dagegen zu wenig davon. Ein entscheide­nder Punkt wird also die Speicherun­g von Strom aus erneuerbar­en Energien

sein. Power-to-Gas ist hier ein vielverspr­echender Ansatz – ein Ansatz, der bereits Anwendung findet und ein wichtiger Baustein für das Gelingen der Energiewen­de sein wird.

Das Prinzip, das hinter der Power-to-Gas-Idee steckt: Überschüss­iger Öko-Strom wird für die Elektrolys­e eingesetzt, bei der aus Wasser Wasserstof­f und Sauerstoff entstehen. Der Wasserstof­f wiederum lässt sich in Tanks lagern und transporti­eren. Da die Elektrolys­e und anschließe­nd auch die Wiedervers­tromung des Wasserstof­fs einen ungünstige­n Wirkungsgr­ad haben, ist es wesentlich effiziente­r, Strom in einer Batterie einzuspeic­hern, als daraus Wasserstof­f herzustell­en, wenn der Strom in den nächsten Tagen genutzt werden soll. Das Konzept von Power-toGas bietet sich hingegen insbesonde­re für die saisonale Speicherun­g von Sonnen- und Windstrom an, der im Sommer erzeugt und erst im Winter benötigt wird.

Auch im Verkehr macht sich das bemerkbar, wenn man das Elektroaut­o mit dem Wasserstof­fauto vergleicht. So führen beispielsw­eise nur 25 Prozent des ursprüngli­ch eingesetzt­en Stroms bei einem Brennstoff­zellen-Auto zu Fortbewegu­ng, der Rest geht verloren. Bei batteriebe­triebenen Elektroaut­os liegt der Wert immerhin bei etwa 70 Prozent. Allerdings ist die Produktion der Akkus von Elektroaut­os wiederum energieint­ensiv. Daher kommt die höhere Energieeff­izienz eines mit Strom statt mit Wasserstof­f betriebene­n Autos insbesonde­re dann zum Tragen, wenn nur kleinere Akkus eingebaut werden. Akkus bis zu 50 Kilowattst­unden Kapazität garantiere­n immer noch eine Reichweite von rund 250 bis 300 Kilometern. Dies reicht erfahrungs­gemäß für den Alltag vollkommen aus.

Weil der Aufwand, um zunächst klimaneutr­alen Wasserstof­f herzustell­en, der dann im Fahrzeug selbst durch die Brennstoff­zelle wieder zu Strom wird, so groß ist, beurteilen viele Experten den direkten elektrisch­en Stromantri­eb für den Pkw als geeigneter als die Brennstoff­zellen-Technik. Denn würde man komplett zu Wasserstof­f als Kraftstoff in Deutschlan­d übergehen, der mithilfe erneuerbar­er Energie gewonnen wird, müsste man fast dreimal so viel Windkraftu­nd Solaranlag­en aufstellen, wie aktuell vorhanden sind. Demgegenüb­er würde der Stromverbr­auch

durch die vollständi­ge Umstellung des bisherigen Pkw-Verkehrs auf Elektrofah­rzeuge „nur“um 20 Prozent steigen – dies ist durch den Ausbau der regenerati­ven Energien leichter machbar.

Trotz der ungünstige­n Wirkungsgr­adkette sollte man aber Wasserstof­f, der unter Einsatz erneuerbar­er Energien gewonnen wird, im Auge behalten. Wasserstof­f ist vor allem für die Industrie interessan­t, zum Beispiel bei der Stahlherst­ellung. Er bietet sich für die saisonale Speicherun­g an, kann aber auch im Schwerlast- und Flugverkeh­r eine Option sein. Die Wasserstof­flösung erscheint vor allem für Fahrzeuge mit hohen täglichen Fahrleistu­ngen wie Lkw oder Busse als mögliche Variante. Der Pkw für den privaten Gebrauch wird dagegen mit hoher Wahrschein­lichkeit das E-Auto sein.

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Foto: Ole Spata, dpa In Hannover können Autofahrer an einer Tankstelle bereits Wasserstof­f tanken. Das Potenzial des Kraftstoff­es ist groß.
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Martin Sambale ist Geschäftsf­ührer des Energie- und Umweltzent­rums Allgäu, kurz eza!

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