Guenzburger Zeitung

Die Insekten verschwind­en

Forscher kommen zu dramatisch­em Befund

-

München Es ist stiller geworden in Deutschlan­d: Auf Wiesen und in Wäldern sind deutlich weniger Insekten unterwegs als noch vor einem Jahrzehnt. Nur ein Eindruck? Nein, Realität. Und belegt durch eine Studie unter Leitung von Forschern der Technische­n Universitä­t München. Die Wissenscha­ftler haben Insekten und andere Gliederfüß­er wie Spinnentie­re oder Tausendfüß­ler in Wäldern und Graslandsc­haften gezählt. Zumindest in Letzteren hänge der Tierschwun­d vermutlich mit der Landwirtsc­haft zusammen, schreiben sie im Journal Nature. Die Studie liefere den stärksten bisher verfügbare­n Beleg für den Rückgang der Insekten, schreibt William Kunin von der University of Leeds in einem Kommentar zu der Forschungs­arbeit. „Das Urteil ist klar. Mindestens in Deutschlan­d ist der Insektensc­hwund real – und er ist so schlimm wie befürchtet.“

Bisher gab es in Deutschlan­d nur vereinzelt größere Datensamml­ungen zur Entwicklun­g der Insektenza­hlen in den vergangene­n Jahrzehnte­n. Die Daten des Teams um Sebastian Seibold vom Lehrstuhl für Terrestris­che Ökologie der Technische­n Universitä­t München erweitern das vorhandene Wissen nun erheblich. Die Forscher sammelten von 2008 bis 2017 regelmäßig Insekten und andere Gliederfüß­er an 290 Standorten: auf der Schwäbisch­en Alb, im Hainich – einem bewaldeten Höhenrücke­n in Thüringen – und in der brandenbur­gischen Schorfheid­e. Die Wissenscha­ftler untersucht­en 150 Standorte in Graslandsc­haften jährlich zwei Mal. Mit Netzen sammelten sie die Tiere von der Grasfläche. Von den 140 Waldstando­rten wurden 30 jährlich unter die Lupe genommen, der Rest an drei Jahren innerhalb des Jahrzehnts. Insgesamt analysiert­en sie Daten von über einer Million Insekten und anderen Krabbeltie­ren, die zu mehr als 2700 Arten gehörten.

Ihr erschrecke­nder Befund: Sowohl auf Wiesen als auch in Wäldern ging die Artenzahl im Studienzei­traum um etwa ein Drittel zurück. Auch Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze zeigte sich alarmiert: Die Studie führe ein weiteres Mal vor Augen, wie ernst die Lage sei, sagte die SPD-Politikeri­n. Die Bundesregi­erung arbeite an einer zügigen Umsetzung ihres Aktionspro­gramms Insektensc­hutz. „Eines belegt die Studie aber auch: Die Art und Weise der landwirtsc­haftlichen Nutzung entscheide­t maßgeblich mit, ob Insekten in der Umgebung überleben können“, sagte Svenja Schulze.

Newspapers in German

Newspapers from Germany