So viele Frauen, so viel Mitgefühl
Als ich vor kurzem einmal gefragt wurde, welches Kino-Erlebnis sich mir besonders eingebrannt hat, fiel mir spontan dieses ein. Es liegt schon ein paar Jahre zurück, genauer im Jahr 1995. Im Kino lief „Die Brücken am Fluss“, diese Film von und mit Clint Eastwood und Meryl Streep. Er ist ein ungebundener Fotograf, sie eine Hausfrau mit Familie und Kindern. Beide kommen sich durch einen Zufall näher und erleben ein paar Tage Glück miteinander, bis ihre Familie wieder zurückkehrt und die Pflicht mit all ihren Zwängen über die Liebe siegt. Die Liebe des Lebens, wie sich dann zeigt, weil beide nach ihrem Tod an der Brücke, an der sie sich das erste Mal geliebt haben, bestattet werden wollen.
Die Vorstellung, die ich gesehen habe, war eine 17-Uhr-Vorstellung. Das Kino ein kleiner Schuhkarton, der Film lief schon eine Weile. Bis heute glaube ich, dass ich der einzige Mann war, ungefähr 20 bis 30 Jahre jünger als die durchschnittliche Besucherin dieser Vorstellung. Mir kamen die Frauen im Kinosaal nicht wie die klassischen Hausfrauen aus dem Film vor, sondern wie durch und durch moderne und starke Wesen. Zwischen Beruf und die familiären Verpflichtungen danach passten noch diese 135 Minuten.
Und ja, mich rührte der Film auch an. Aber das war kein Vergleich gegen das kollektive Weinen um mich herum. So viele Taschentücher, so viele Tränen, so viel Leidenschaft, Mitgefühl und Verständnis für diese Frau, die ihrem Glück entsagte. Ich war beeindruckt – natürlich auch davon, wie sich alle nach dem Film wappneten für den Abend zu Hause, die Sehnsucht wieder verstauten, die Gesichtszüge wieder glätteten, um in dem Leben jenseits des Kinosaals wieder normal zu funktionieren. Und doch nahm da jeder diese Idee eines anderen Lebens mit nach draußen.