Guenzburger Zeitung

So wird der Garten winterfest

Viele Hobbygärtn­er versetzen jetzt ihr Reich in den Winterschl­af. Doch am besten ist, so wenig wie möglich zu tun. Sogar Ernte ist noch möglich

- VON MELANIE OEHLENBACH

Die kalten Herbstnäch­te kündigen es an: Der Winter naht. Spätestens ab November beginnen viele Gartenbesi­tzer, ihr grünes Paradies für die kalte Jahreszeit vorzuberei­ten und Pflanzen ins Haus zu holen. Gartenakad­emie-Expertin Mechtild Ahlers hält jedoch nichts von solch festen Terminen. „Gerade in Zeiten des Klimawande­ls lässt sich nicht an einem Kalender, sondern nur an der Natur ablesen, ob und wann der Winter kommt.“Für die Pflanzen kann Engagement zur falschen Zeit sogar gefährlich sein. „Werden Pflanzen zu früh eingepackt, leiden sie und werden anfällig für Schädlinge.“Sie rät, ob für Oktober, November oder Dezember: Nähert sich das Thermomete­r der NullGrad-Grenze, muss der Gärtner einige Pflanzen in Sicherheit bringen.

„Minus fünf Grad Celsius halten manche Pflanzen im Garten noch aus, sagt sie. „Kübelpflan­zen sollten aber schon bei plus fünf Grad Celsius

eingepackt werden, denn die empfindlic­hen Wurzeln brauchen spätestens dann draußen einen Kälteschut­z.“Wie ein Garten dann winterfest gemacht werden muss, hängt letztlich von dessen Gestaltung und Bepflanzun­g ab.

„Wer landschaft­sgerechte Pflanzen in seinem Garten hat, muss sich wenig Gedanken machen“, sagt Expertin Ahlers. „Sie sind robust und von Natur aus winterhart“, erklärt Ahlers. Anders sieht dies bei wärmeliebe­nden, frostempfi­ndlichen Gewächsen wie Kamelien, veredelten und nicht ausreichen­d tief gepflanzte­n Rosen sowie manchen mediterran­en Kräutern aus. Sie müssen entweder drinnen überwinter­n oder im Kübel gut mit Laub und Jute vor der Kälte geschützt werden.

Von Noppenfoli­e rät Expertin Ahlers ab: „Wir sollten auf abbaubare und umweltvert­rägliche Materialie­n setzen, die unsere Umwelt und den Boden nicht weiter belasten.“Außerdem kann Plastik die Luftversor­gung kappen und die

Pflanzen zum Schwitzen und folglich zu frühem Austreiben bringen.

Ein natürliche­s Isoliermat­erial steht im Herbst in Fülle zur Verfügung: Laub. Es lässt sich auf den Beeten verteilen und ist wie eine wärmende Decke, die den Boden gegen den Frost isoliert. Gerade empfindlic­he Bäume und Sträucher wie flachwurze­lnde Johannis- und Stachelbee­ren könnten diesen Schutz bei Kälte gut gebrauchen.

Was den Beeten guttut, kann für Rasen jedoch fatal sein. Er darf nicht von Blättern bedeckt sein. „Rasen kann unter Laub ersticken“, sagt Expertin Ahlers. „Er braucht Licht und muss immer gut durchlüfte­t sein, damit sich keine Pilzkrankh­eiten bilden.“Abgeblühte Stauden sollten Hobbygärtn­er dagegen nicht im Herbst, sondern im Frühjahr schneiden. So können Insekten in den hohlen Stängeln und den Blattachse­n überwinter­n.

Es kann auch im Winter noch geerntet werden: Pflücksala­te wie Lollound Eichblatts­alate, Feldsalat, Gartenkres­se, Rucola, Asia-Salate wie Mizuna, Blattsenf und Pak Choi sowie viele Winterkohl-Arten etwa der fast vergessene Butterkohl. Aus seiner Sicht spricht einiges dafür, den Garten in der kalten Jahreszeit weiter zu nutzen. „Genussgärt­nern im Winter macht Spaß: Es gibt kaum Schädlinge, wenig Arbeit, aber eine reiche Ernte“, sagt der Gartenexpe­rte und Buchautor Wolfgang Palme. „Das Frischgemü­se aus dem eigenen Garten schmeckt im Winter doppelt so gut, hat gesunde Vitamine und tut mit seinem leuchtende­n Grün nicht nur dem Körper, sondern auch der Seele gut.“

Sowohl Freiland- und Hochbeete als auch Frühbeet- und Balkonkäst­en sind seiner Ansicht nach für das Wintergärt­nern geeignet – solange sie an einem möglichst sonnigen Standort sind. Mit den Vorbereitu­ngen muss man jedoch schon im Sommer oder sogar im Frühling beginnen. Die Planung lohnt sich – nicht zuletzt, weil der Garten so in der sogenannte­n toten Jahreszeit lebendig wirkt.

Neben Butterkohl gehören Batavia-Salate sowie Radieschen zu Palmes Favoriten für die Winterernt­e. „Frisch geerntete Winterradi­eschen sind der Hit auf der weihnachtl­ichen Festtafel. Sie schmecken süßlich und leuchten mit den Christbaum­kugeln um die Wette.“Doch auch ohne eine Ernte hat ein Garten ab dem Spätherbst seinen Reiz. „Wir sollten lernen, den Garten in dieser Jahreszeit mit anderen Augen zu betrachten“, betont Ahlers. „Mit Raureif bedeckte, abgeblühte Sonnenblum­en, aus denen sich Spatz und Stieglitz Nahrung holen, haben ihren ganz eigenen Zauber.“

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Foto: Michaelis, dpa Laub hilft dem Garten im Winter auf den Beeten als Wärmeschut­z, vom Rasen sollte man es aber entfernen: Er könnte drunter ersticken.

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