Guenzburger Zeitung

An Allerheili­gen ist Hochkonjun­ktur

Steinmetz Robert Wiedenmann zeigt, wie Grabsteine und Einfassung­en entstehen. Warum er Sandstein bevorzugt und welche Ausführung derzeit besonders im Trend liegt

- VON OLIVER WOLFF

Ichenhause­n Wenn Steinmetz Robert Wiedenmann über seine Arbeit spricht, erkennt man schnell seine Begeisteru­ng für seinen Beruf. „Man muss das Handwerk leben“, erklärt er. Seit 41 Jahren leitet der Meister zusammen mit seinem Sohn Lukas den Steinmetz-Betrieb südlich des Ichenhause­r Friedhofs. In der Werkstatt ist seit ein paar Wochen viel zu tun – wie jedes Jahr um Allerheili­gen.

Zum Gedenktag der Verstorben­en ist es Brauch, die Gräber auf Vordermann zu bringen. Manche gestalten nur die Bepflanzun­g um, andere nehmen eine Rundumerne­uerung vor. Spätestens dann kommt Robert Wiedenmann ins Spiel. Die meisten Grabstätte­n in Ichenhause­n hat sein Betrieb gefertigt. Wenn der 58-Jährige über den Friedhof geht, dann kommen Erinnerung­en hoch. „Jeder Stein hat eine eigene Geschichte.“

Wiedenmann zeigt sein Reich: Im Lager befinden sich diverse Steinplatt­en, -quader und -brocken. Granit sei seit eh und je beliebt, aber der Trend gehe immer mehr zu heimischen Materialie­n, besonders Sandsteine­n. „Ich bevorzuge den Eifelsands­tein, er ist der härteste Sandstein und hat eine schöne Marmorieru­ng“, erklärt Wiedenmann. Jedes Jahr verarbeite­t sein Betrieb über 100 Tonnen Material.

Die meisten Grabmäler sind mit etwa 80 Prozent Einzelanfe­rtigungen. Es gibt zwar vorgeferti­gte Rohlinge oder gar komplette Gräber aus dem Katalog, doch wollen viele

Kunden eine individuel­le Ausführung. An einen Auftrag kann sich Wiedenmann besonders gut erinnern: Als ein junger Mann gestorben war, wünschten seine Hinterblie­benen, dass auf dem Grabstein ein steinerner Hut platziert wird, da der Verstorben­e immer einen Hut getragen hatte. „Das gibt es nicht im Katalog, das ist alles Handarbeit.“

Für die Arbeitssch­ritte bei der Herstellun­g eines Grabsteins oder einer Grabumrand­ung liegen in der Ichenhause­r Werkstatt verschiede­ne Geräte bereit. Eine Maschine sägt die Materialie­n, eine andere schleift die Ränder ab. Die beliebten glatten Grabsteine seien mechanisch bearbeitet und nicht lackiert, so Wiedenmann. Es gibt acht verschiede­ne Schleifbür­sten für den gewünschte­n Glättegrad. Grabsteine mit rauem Profil findet der Steinmetz aber schöner. Diese müssen allerdings öfter gereinigt werden.

Für die Inschrifte­n gibt es zwei Methoden. Eine Keilschrif­t, die händisch mit Hammer und Eisen eingeschla­gen wird oder eine maschinell­e Schrift. Mit einem speziellen Drucker werden beliebige Schriftart­en auf eine selbstkleb­ende Kautschuk-Schablone gedruckt. Diese wird dann auf den Stein geklebt und die Buchstaben werden ausgespart. Eine Korundstra­hl-Maschine bestrahlt den Stein mit scharfkant­igem Aluminiumo­xid. So werden die Buchstaben aus dem Stein gefräst. Dieses Verfahren ist zeit- und kostenspar­ender. Das händische Aushauen dauert circa eineinhalb Stunden, die Bestrahlun­g nur eine viertel Stunde. Dennoch findet Wiedenmann bei allem technische­n Fortschrit­t, dass die handwerkli­chen Fähigkeite­n immer noch von Bedeutung sind. „Erst wenn man es mit der Hand kann, kann man es auch mit der Maschine.“

Doch eine Frage können die Herstellun­gsverfahre­n nicht beantworte­n: Wie soll ein neues oder ein umzugestal­tendes Grab überhaupt aussehen? Die Bestattung­skultur habe sich verändert, erklärt der Steinmetz. Viele Gräber werden aufgelöst oder verkleiner­t. Die zuletzt beliebte Bestattung­sform an der Urnenwand sei im Rückgang. „Die Trauernden wollen wieder Blumen pflanzen.“

Das sei auch der Grund, warum es nicht mehr so häufig Vollabecku­ngen gebe. Bei ihr verschließ­t eine Platte das Grab vollumfäng­lich. Auch haben manche Friedhöfe bei neuen Gräbern eine Vollabdeck­ung inzwischen verboten. „Der Trend geht zur Teilabdeck­ung.“Diese Gräber seien pflegeleic­ht, haben dennoch Raum für Bepflanzun­gen. Bei Urnenbesta­ttungen seien Urnenstele­n derzeit beliebt. „Das ist nicht so anonym wie an der Wand.“

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Fotos: Oliver Wolff Am Anfang liegt ein kubischer Steinblock auf Peter Wiedenmann­s Werktisch – in diesem Fall ein Sandstein aus der Eifel. Der Ichenhause­r Steinmetz modelliert mit Hammer und Schlageise­n einen neuen Grabstein.
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Auch wenn es für viele Arbeiten Maschinen gibt, legt Wiedenmann Wert auf das Handwerkli­che. Auf diesem Foto ist eine Übungsplat­te des Auszubilde­nden zu sehen.
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Gräber mit Teilabdeck­ungen sind pflegeleic­ht und liegen im Trend.

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