An Allerheiligen ist Hochkonjunktur
Steinmetz Robert Wiedenmann zeigt, wie Grabsteine und Einfassungen entstehen. Warum er Sandstein bevorzugt und welche Ausführung derzeit besonders im Trend liegt
Ichenhausen Wenn Steinmetz Robert Wiedenmann über seine Arbeit spricht, erkennt man schnell seine Begeisterung für seinen Beruf. „Man muss das Handwerk leben“, erklärt er. Seit 41 Jahren leitet der Meister zusammen mit seinem Sohn Lukas den Steinmetz-Betrieb südlich des Ichenhauser Friedhofs. In der Werkstatt ist seit ein paar Wochen viel zu tun – wie jedes Jahr um Allerheiligen.
Zum Gedenktag der Verstorbenen ist es Brauch, die Gräber auf Vordermann zu bringen. Manche gestalten nur die Bepflanzung um, andere nehmen eine Rundumerneuerung vor. Spätestens dann kommt Robert Wiedenmann ins Spiel. Die meisten Grabstätten in Ichenhausen hat sein Betrieb gefertigt. Wenn der 58-Jährige über den Friedhof geht, dann kommen Erinnerungen hoch. „Jeder Stein hat eine eigene Geschichte.“
Wiedenmann zeigt sein Reich: Im Lager befinden sich diverse Steinplatten, -quader und -brocken. Granit sei seit eh und je beliebt, aber der Trend gehe immer mehr zu heimischen Materialien, besonders Sandsteinen. „Ich bevorzuge den Eifelsandstein, er ist der härteste Sandstein und hat eine schöne Marmorierung“, erklärt Wiedenmann. Jedes Jahr verarbeitet sein Betrieb über 100 Tonnen Material.
Die meisten Grabmäler sind mit etwa 80 Prozent Einzelanfertigungen. Es gibt zwar vorgefertigte Rohlinge oder gar komplette Gräber aus dem Katalog, doch wollen viele
Kunden eine individuelle Ausführung. An einen Auftrag kann sich Wiedenmann besonders gut erinnern: Als ein junger Mann gestorben war, wünschten seine Hinterbliebenen, dass auf dem Grabstein ein steinerner Hut platziert wird, da der Verstorbene immer einen Hut getragen hatte. „Das gibt es nicht im Katalog, das ist alles Handarbeit.“
Für die Arbeitsschritte bei der Herstellung eines Grabsteins oder einer Grabumrandung liegen in der Ichenhauser Werkstatt verschiedene Geräte bereit. Eine Maschine sägt die Materialien, eine andere schleift die Ränder ab. Die beliebten glatten Grabsteine seien mechanisch bearbeitet und nicht lackiert, so Wiedenmann. Es gibt acht verschiedene Schleifbürsten für den gewünschten Glättegrad. Grabsteine mit rauem Profil findet der Steinmetz aber schöner. Diese müssen allerdings öfter gereinigt werden.
Für die Inschriften gibt es zwei Methoden. Eine Keilschrift, die händisch mit Hammer und Eisen eingeschlagen wird oder eine maschinelle Schrift. Mit einem speziellen Drucker werden beliebige Schriftarten auf eine selbstklebende Kautschuk-Schablone gedruckt. Diese wird dann auf den Stein geklebt und die Buchstaben werden ausgespart. Eine Korundstrahl-Maschine bestrahlt den Stein mit scharfkantigem Aluminiumoxid. So werden die Buchstaben aus dem Stein gefräst. Dieses Verfahren ist zeit- und kostensparender. Das händische Aushauen dauert circa eineinhalb Stunden, die Bestrahlung nur eine viertel Stunde. Dennoch findet Wiedenmann bei allem technischen Fortschritt, dass die handwerklichen Fähigkeiten immer noch von Bedeutung sind. „Erst wenn man es mit der Hand kann, kann man es auch mit der Maschine.“
Doch eine Frage können die Herstellungsverfahren nicht beantworten: Wie soll ein neues oder ein umzugestaltendes Grab überhaupt aussehen? Die Bestattungskultur habe sich verändert, erklärt der Steinmetz. Viele Gräber werden aufgelöst oder verkleinert. Die zuletzt beliebte Bestattungsform an der Urnenwand sei im Rückgang. „Die Trauernden wollen wieder Blumen pflanzen.“
Das sei auch der Grund, warum es nicht mehr so häufig Vollabeckungen gebe. Bei ihr verschließt eine Platte das Grab vollumfänglich. Auch haben manche Friedhöfe bei neuen Gräbern eine Vollabdeckung inzwischen verboten. „Der Trend geht zur Teilabdeckung.“Diese Gräber seien pflegeleicht, haben dennoch Raum für Bepflanzungen. Bei Urnenbestattungen seien Urnenstelen derzeit beliebt. „Das ist nicht so anonym wie an der Wand.“