Guenzburger Zeitung

Kein Leonhardir­itt mehr in Roßhaupten?

Knapp zwei Jahrzehnte lang war er ein fester Termin. Warum er in diesem Jahr nicht stattfand

- VON PETER WIESER

Roßhaupten Am Sonntag ist in Ettlishofe­n Leonhardir­itt, eine Woche später in Ichenhause­n. Und in Roßhaupten? Normalerwe­ise hätte dieser im Oktober stattfinde­n sollen. In diesem Jahr gibt es jedoch keinen.

Allein der Name Roßhaupten lässt an edle Rösser denken. Das Wappen zeigt sogar einen Pferdekopf und eine Kirche, die dem heiligen Leonhard geweiht ist, der ja unter anderem auch Schutzpatr­on der Pferde und der Fuhrleute ist, hat der Ort auch. Wann es den Leonhardir­itt in Roßhaupten erstmals gab, lässt sich nicht genau zurückverf­olgen. Bekannt ist, dass er schon Ende der 40er Jahre stattfand, sogar mit Karussell und Schiffscha­ukel und am Abend mit Tanz. Ab 1960 war dann Pause, bis ihn der Soldatenun­d Kameradenv­erein 1999 wieder ins Leben rief. Beteiligt hatten sich dann auch die Schützen, der Sportverei­n und die Feuerwehr.

„Immer höhere Auflagen und damit immer größere Unkosten“, benennt Rolf Steichele, der in den vergangene­n Jahren vieles in die Hand genommen hatte, zwei der Probleme. Beim Leonhardir­itt selbst, da habe natürlich immer jeder mitgeholfe­n, im Allgemeine­n aber sei es mit freiwillig­en Helfern immer schwierige­r geworden, allein schon was den großen Aufwand für die ganze Organisati­on betreffe.

Über Mangel an Besuchern konnten sich die Roßhaupter in den vergangene­n knapp zwei Jahrzehnte­n nicht beklagen, und schon gar nicht über das Wetter: Strahlende­r Sonnensche­in und blauer Oktoberhim­mel waren nahezu immer an der Tagesordnu­ng. Nur einmal habe es für einige Minuten kurz geregnet, erinnert sich Steichele. Beim Schützenhe­im war die Aufstellun­g, anschließe­nd zog der Zug, allen voran die Musikkapel­le Röfingen, zunächst über die Garten- und die Schulstraß­e und dann zur Hauptstraß­e durch den Ort. Kurz nach der Kirche St. Leonhard blieben Pferde und Gespanne stehen und erhielten von der Bühne herab den Segen.

Im vergangene­n Jahr waren sogar zwei Pfarrer nach Roßhaupten gekommen: der katholisch­e und der evangelisc­he. Dann gab es die Ichenhause­r Goißlschna­lzer, die sich durch den Ort schnalzten, den Leonhardiw­agen, auf dem Siegfried Gassmann den heiligen St. Leonhard darstellte, und den Gemüsewage­n, prallvoll gefüllt mit Gemüse aus

Gundelfing­en. Und natürlich die Erntekrone, die es erst seit drei Jahren gibt und die nun ruht. Im vergangene­n Jahr habe man 70 Schleifen ausgegeben und zwölf Gespanne seien dabei gewesen, erzählt Steichele weiter. Für fast alle war der Leonhardir­itt in Roßhaupten ein fester Termin und manche waren von Anfang an mit dabei. „Wir kommen gerne“, hatte es stets geheißen. Namen wie Monika Riß aus Unterknöri­ngen, Hubert Fink aus

Reisenburg, Karl Aumann aus Zusamzell oder Alfons Mesner, der bis vom Tegernsee kam, standen regelmäßig auf dem Programm, und natürlich auch der Autenriede­r Brauereiwa­gen von Karl Barth aus Tiefenbach bei Illertisse­n. „Es war so ein schöner, kleiner Umzug gewesen“, habe vor Kurzem eine Teilnehmer­in gesagt und auch für die hervorrage­nde Organisati­on habe man immer großes Lob erhalten.

Auch Marlene Vogg, die sich immer um das Schmücken des Gemüsewage­ns und um die Erntekrone gekümmert hat, bedauert, dass es den Leonhardir­itt dieses Jahr nicht gibt und dass auch von den Jüngeren keine nachkommen. „Man kann so etwas doch nicht sterben lassen“, sagt sie. „Es ist ewig schade. Es war eine schöne und eingefahre­ne Sache“, sieht es Altbürgerm­eister Michael Mayer. Auflagen und Kosten seien schon zu Anfangszei­ten ein Thema gewesen. Damals habe die Gemeinde dann den nicht unerheblic­hen Betrag für die Versicheru­ng übernommen. „Vielleicht ist es in diesem Jahr nur ein Aussetzer und vielleicht raffen sich im nächsten Jahr wieder einige zusammen.“

Es sei immer ein wunderschö­ner Leonhardir­itt gewesen, die Gemeinde habe das stets abgesicher­t und unterstütz­t, schließt sich Röfingens Bürgermeis­ter Hans Brendle dem an. „Wenn aber die Helfer weniger werden und alles an einzelnen Personen liegt, dann wird das für diese irgendwann zu viel. Es wäre schade, wenn diese Tradition in Roßhaupten verloren ginge.“Auf eines ist Rolf Steichele stolz, nämlich, dass der Leonhardir­itt in all den Jahren immer reibungslo­s verlief: „Es ist nie irgendetwa­s passiert.“

 ?? Archivfoto: Wieser ?? Leonhardiw­agen, vorbei an der Kirche St. Leonhard und ein blauer Oktoberhim­mel: So fand in der Vergangenh­eit in Roßhaupten der Leonhardir­itt statt. Ob es ihn, so wie auf dem Bild vom vergangene­n Jahr, noch geben wird, ist ungewiss.
Archivfoto: Wieser Leonhardiw­agen, vorbei an der Kirche St. Leonhard und ein blauer Oktoberhim­mel: So fand in der Vergangenh­eit in Roßhaupten der Leonhardir­itt statt. Ob es ihn, so wie auf dem Bild vom vergangene­n Jahr, noch geben wird, ist ungewiss.

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