Knoten bei Grundrente soll jetzt platzen
Unterhändler von SPD und Union haben in einer Nachtsitzung Kompromiss vorbereitet
Berlin Die Große Koalition schickt sich an, ihren größten Zankapfel zu begraben. In Berlin deuten alle Zeichen darauf hin, dass der Koalitionsausschuss am Montag eine Lösung im monatelangen Streit um die Grundrente findet. Bei der Runde kommen die Chefs von SchwarzRot zusammen, um die schwierigen Themen so lange zu beraten, bis die Kanten abgeschliffen sind.
Die Grundrente bekommen sollen Rentner mit kleiner Rente. Wer 35 Jahre oder länger gearbeitet hat, soll im Alter vor Armut geschützt sein und eine Rente zehn Prozent oberhalb der Grundsicherung erhalten. Diese Festlegungen sind zwischen Union und SPD unstrittig. Gekämpft wurde bis zum Schluss um die Frage, ob die Grundrente mit oder ohne Prüfung der Bedürftigkeit gezahlt werden soll.
Zuletzt wurde der Streit sogar zum möglichen Koalitionskiller hochgejazzt. Die SPD verlangte einen Erfolg vor dem Parteitag Anfang Dezember, der über den Verbleib im Bündnis mit CDU und CSU entscheiden wird. Deshalb mussten die Unterhändler beider Lager eine
Sonderschicht einlegen. In der Nacht zum Freitag ging es hoch her. Elf Stunden wurde verhandelt, zu einer finalen Einigung kam es noch nicht. Das Arbeitsministerium teilte mit, dass noch verschiedene Varianten gerechnet und diskutiert würden. Für Unstimmigkeit zwischen den Fraktionspartnern sorgt weiter die von der CDU geforderte Bedürftigkeitsprüfung. Sie soll verhindern, dass Rentner, die ausreichend Geld zur Verfügung haben, eine Aufstockung
bekommen. Welche Einkommen dafür berücksichtigt werden sollen, ist noch unklar. Auch will die Union die Kosten unter zwei Milliarden Euro pro Jahr halten. Für die Finanzierung der Grundrente ist eine Mischung aus Steuermitteln und Beiträgen aus der Arbeitslosenund Krankenversicherung denkbar.
Katja Mast, stellvertretende Sprecherin der SPD-Fraktion, möchte noch keine Zahlen nennen, sieht den Fortgang der Verhandlungen
aber positiv: „Die eingesetzte Arbeitsgruppe hat intensiv gearbeitet und wichtige Vorarbeiten geleistet. Eine abschließende Einigung am Montag im Koalitionsausschuss ist möglich.“
Verschiedene Details würden noch geprüft. Für die Fraktion sei wichtig, dass möglichst viele Menschen mit der Grundrente erreicht würden. Soll sie wie geplant zum 1. Januar 2021 kommen, muss im Herbst die Gesetzgebung auf den Weg gebracht werden. Wie von den Parteien zu hören war, soll nun im Laufe des Montags die Arbeitsgruppe nochmals tagen, bevor sich dann am Abend die Spitzenrunde im Kanzleramt des Themas annimmt.
Der Entwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sah jährliche Kosten von zunächst 3,8 Milliarden Euro vor. Binnen vier Jahren würden sie um 1 Milliarde klettern. Teile der Opposition halten das Konzept für ungeeignet, um Altersarmut zu bekämpfen. Die Grundrente sei doppelt ungenau, kritisierte etwa der FDP-Rentenexperte Johannes Vogel. Sie würde „nicht gezielt gegen Altersarmut helfen, sieht aber Zahlungen an Menschen vor, die gar keine Unterstützung benötigen“.