Guenzburger Zeitung

Die drei Aufgaben der Christine Lagarde Debatte

Die Französin ist neue EZB-Chefin. Draghi hinterläss­t ihr kein leichtes Erbe

- VON CHRISTIAN GRIMM

Zu Allerheili­gen hat Christine Lagarde den Chefposten der Europäisch­en Zentralban­k eingenomme­n. Es ist kein leichtes Erbe, das Mario Draghi ihr hinterlass­en hat. Lagarde wird sich unter anderem um eine neue Einigkeit der Euroländer bemühen müssen.

Die Aufgabe ist nicht nur zwischenme­nschlicher Natur. Lagarde wird auch Leerstelle­n im theoretisc­hen Überbau der Zentralban­k schließen müssen. Offiziell kümmert sich die EZB allein um Preisstabi­lität in der Eurozone. Doch trotz eines langen Aufschwung­s, sinkender Arbeitslos­igkeit und der ultralocke­ren Politik der Notenbank bleibt die Teuerung unter dem EZB-Ziel von knapp unter zwei Prozent. In der Volkswirts­chaft sind die Ursachen dafür noch nicht gut untersucht. Die Professore­n vermuten, dass es damit zusammenhä­ngt, dass weltweit immer mehr Menschen an der Produktion von Gütern beteiligt sind. Die neue EZB-Präsidenti­n wird die Frage beantworte­n müssen, ob sich das EZB-Ziel für Preisstabi­lität noch halten lässt.

Die andere gewichtige Frage lautet, ob sich die Notenbank wirklich vor den Karren der Konjunktur spannen lassen sollte. Derzeit versuchen die großen Zentralban­ken überall auf der Welt, der nachlassen­den Wirtschaft durch billiges Geld die Sporen zu verleihen. Kommt es wirklich zu einer neuen Krise, haben sie keine Möglichkei­ten mehr, um einen Abschwung zu bekämpfen.

Diese zweite Lücke im Überbau hat unmittelba­r mit der dritten Aufgabe Lagardes zu tun. Die erste Frau an der Spitze der Institutio­n muss gerade den Deutschen besser erklären, warum sie handelt, wie sie handelt. Dazu gehört, den Sparern reinen Wein einzuschen­ken. Die Zinsen werden für lange Jahre niedrig bleiben. Indem sie für Milliarden Staatsanle­ihen der Eurostaate­n kauft, hält sie den Währungsbl­ock zusammen, weil Wackelkand­idaten wie Italien und Zypern nicht mehr so hohe Zinsen zahlen müssen für ihre Schulden.

De facto ist natürlich das Verbot der Finanzieru­ng von Staaten mit der Notenpress­e ad acta gelegt. Gerade den Deutschen war das aber wichtig. Wenn sie es geschickt macht, könnte die 63-Jährige ihre Kritiker hierzuland­e vielleicht damit überzeugen, dass die Vermeidung eines Abschwungs und der Erhalt von Jobs wertvoller sind als Prinzipien. „Der Euro gehört nicht der EZB, er gehört den Menschen“, meinte die neue Zentralban­k-Chefin kürzlich.

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Foto: dpa Christine Lagarde löst den bisherigen EZB-Chef Mario Draghi ab.

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