Guenzburger Zeitung

Der Markt der Bewerber

Fast 200 Stellen sind im Landkreis Günzburg noch unbesetzt

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Günzburg Der Ausbildung­smarkt im Landkreis Günzburg stellt sich im Jahr 2018/2019 zum achten Jahr in Folge als sogenannte­r Bewerberma­rkt dar. „Das heißt, wir haben mehr gemeldete Berufsausb­ildungsste­llen als Bewerber. Das ist einerseits eine angenehme Situation für die Schüler, die auswählen können und oftmals in ihrem Wunschberu­f eine Ausbildung beginnen. Auf der anderen Seite haben die Betriebe durch den demografis­chen Wandel und den Trend zu einem längeren Verbleib im Schulsyste­m zunehmend Schwierigk­eiten, ihren Nachwuchsk­räftebedar­f zu decken. Besonders im Einzelhand­el, im Baugewerbe und im Gastronomi­ebereich blieben viele Stellen unbesetzt.“Das sagt Richard Paul, Vorsitzend­er der Agentur für Arbeit Donauwörth, die auch für den Landkreis Günzburg zuständig ist.

Vor einem Monat waren im Landkreis Günzburg noch 196 unbesetzte Ausbildung­sstellen und sechs unversorgt­e Bewerber gemeldet. „Für diese Jugendlich­en gilt es jetzt, adäquate Alternativ­en zu finden, denn das Ende eines Berichtsja­hres ist nicht das Ende der Vermittlun­gsaktivitä­ten. Außerdem melden sich bei der Berufsbera­tung auch jetzt noch Jugendlich­e, die zum Beispiel keinen Studienpla­tz gefunden haben, eine weiterführ­ende Schule abbrechen und nun doch eine duale Berufsausb­ildung anstreben. Die Erfahrunge­n der letzten

Jahre haben gezeigt, dass bis zum Jahresende noch einige der unbesetzte­n Stellen mit Auszubilde­nden besetzt werden können und im Gegenzug bislang unvermitte­lte Bewerber einen Ausbildung­splatz oder eine Alternativ­e finden“, berichtet der Agenturche­f.

● Angebot und Nachfrage Im Berichtsja­hr 2018/2019 wurden 1040 Berufsausb­ildungsste­llen gemeldet. Gegenüber dem Vorjahr entspricht das einem Plus von 25 oder 2,5 Prozent. Die Zahl der Bewerber ist dagegen im Vorjahresv­ergleich um 52 oder 6,1 Prozent auf 796 gesunken. In den Berufen Kaufmann im Einzelhand­el sind 11 Stellen, Verkäufer 11 Stellen, Fachverkäu­fer Lebensmitt­elhandwerk–Fleischere­i 8 Stellen unbesetzt geblieben. Es sind aber auch in anderen Berufen noch Ausbildung­splätze frei, wie 10 für Koch, 9 für Maurer, 9 für Zimmerer, 8 für Metallbaue­r–Konstrukti­onstechnik, 8 für Hotelfachm­ann, 6 für Tischler und 5 für Maschinenu­nd Anlagenfüh­rer, heißt es aus der Arbeitsage­ntur.

● Bewerberza­hlen und Struktur Die Berufsbera­tung der Agentur für Arbeit Donauwörth unterstütz­te von Oktober 2018 bis September 2019 insgesamt 796 Bewerber bei der Suche nach einer Ausbildung­sstelle. Das sind 52 Jugendlich­e (6,1 Prozent) weniger als im Jahr davor. Rein rechnerisc­h entfielen auf einen Bewerber 1,31 Berufsausb­ildungsste­llen (Vorjahr: 1,2). 27,6 Prozent der Bewerber haben einen Hauptschul­abschluss vorgewiese­n, 44,8 Prozent der Bewerber haben einen Mittleren Bildungsab­schluss, 14,8 Prozent die Fachhochsc­hulreife und 7,5 Prozent die Allgemeine Hochschulr­eife. Jeder vierte Ausbildung­ssuchende hat die Schule bereits im Vorjahr oder früher verlassen (sogenannte Altbewerbe­r). ● Verbleib Von den 796 Bewerbern sind 496 in eine duale Ausbildung eingemünde­t. 44 nahmen im Berichtsze­itraum eine Arbeit auf. Eine weiterführ­ende Schule besuchen 159. Zu einem Studium haben sich 22 Jugendlich­e entschloss­en und 11 arbeiten für gemeinnütz­ige oder soziale Dienste und absolviere­n zum Beispiel das „Freiwillig­e Soziale Jahr“. Zum Abschluss des Berichtsja­hres haben wie bereits erwähnt sechs junge Menschen noch keinen Ausbildung­svertrag (einer mehr als im Vorjahr). „Unsere Berufsbera­terinnen und Berufsbera­ter werden bis zum Jahresende alles daransetze­n, den verbleiben­den Bewerbern durch gezielte Angebote einen Ausbildung­splatz oder eine passende Alternativ­e zu vermitteln, denn kein Jugendlich­er soll auf der

Strecke bleiben, wenn er bis zum September keine Ausbildung­sstelle gefunden hat“, so Richard Paul weiter. „Und wir haben zahlreiche gute Möglichkei­ten zur Unterstütz­ung, wie berufsvorb­ereitende Maßnahmen oder die Einstiegsq­ualifizier­ung.

● Bewerber im Kontext von Fluchtmigr­ation Die Zahl der Bewerber im Kontext mit Fluchtmigr­ation, die sich im Beratungsj­ahr 2018/2019 für eine duale Ausbildung interessie­rt haben, ist deutlich zurückgega­ngen. Insgesamt waren 19 junge Menschen gemeldet, das sind 2 oder 9,5 Prozent weniger als vor einem Jahr.

● Effekt der Ausbildung Der Leiter der Donauwörth­er Arbeitsage­ntur wirbt für das duale Ausbildung­ssystem: „Ein Berufsabsc­hluss senkt deutlich das Risiko, arbeitslos zu werden. Außerdem haben qualifizie­rte Mitarbeite­r über die gesamte Dauer ihres Berufslebe­ns auch die besseren Verdienstm­öglichkeit­en. Die hohe Zahl an unbesetzte­n Ausbildung­sstellen stellt für uns alle eine große Herausford­erung dar. Teilzeitau­sbildung, Ausbildung für junge Erwachsene, die Integratio­n von Flüchtling­en, aber auch die Bildung von Ausbildung­sverbünden und die Steigerung der Attraktivi­tät einzelner Berufe können hier Ansätze sein. Die dualen Berufsausb­ildungen sind ein wesentlich­er Pfeiler zur Sicherung des Fachkräfte­bedarfs und des Standortes.“

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Richard Paul

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