Guenzburger Zeitung

Schleuse, Schranke und Ampel sollen Brücke retten

Wieder gehen Ulm und Neu-Ulm einen Schritt weiter, um das marode Bauwerk zu sichern

- VON SEBASTIAN MAYR

Ulm/Neu-Ulm Die neuste Änderung haben die Ulmer schon wieder entfernt: ein rundes, blaues Fußgänger-Zeichen auf dem Asphalt vor der Gänstorbrü­cke. Fußgänger hatten sich beklagt, dass die Autofahrer vor dem maroden Bauwerk zu selten anhalten. Das Zeichen sollte signalisie­ren, dass sich dort ein Überweg befindet. Doch diesen Überweg gibt es offiziell nicht mehr. Er war mit der Fußgängera­mpel verknüpft, die inzwischen abgebaut ist. Das heißt: Die vermeintli­ch rücksichts­losen Autofahrer sind im Recht. „Das war gut gemeint, aber falsch“, räumt Roswitha Schömig ein, die bei der Stadt Ulm für Ingenieurb­auwerke zuständig ist.

Die nächste Änderung soll Ende November folgen – und endlich erreichen, dass die zu schweren Lastwagen nicht mehr über das marode Bauwerk rollen. Weder eine Gewichtsbe­grenzung samt dazugehöri­ger Schilder, noch eine Höhenbegre­nzung zeigten Wirkung. Kraftfahre­r nahmen sogar in Kauf, dass ihre Lastwagen durch die metallene Höhenbesch­ränkung zerkratzt wurden – selbst als zeitweise Metallkral­len zusätzlich abschrecke­n sollten. Nun greift die Stadt zu einem Mittel, das sie eigentlich vermeiden wollte: Eine Art Schleuse mit Betoneleme­nten soll die Durchfahrt von Lastwagen verhindern, die breiter als 2,20 Meter sind. Die Logik dahinter: Fahrzeuge, die schwer sind, sind auch breit.

Die Schleuse zu errichten ist komplizier­t. Die Abstimmung der städtische­n Verantwort­lichen mit den Stadtwerke­n Ulm/Neu-Ulm (SWU) und Baufirmen zog sich, der Aufbau verzögerte sich. Die SWU sind gleich doppelt betroffen: als Stromverso­rger und wegen ihrer Linienbuss­e. Die sollen die Brücke nämlich weiterhin überqueren dürfen. Aus Sicherheit­sgründen dürfen nur Autos bis zu einem Gewicht von 3,5 Tonnen über die Gänstorbrü­cke fahren. Für Feuerwehra­utos und andere Einsatzfah­rzeuge gilt diese Regelung aber genauso wenig wie für Busse. Doch auch sie sind breiter als 2,20 Meter. Die Lösung soll eine Schranke mit einer Induktions­schleife darstellen, die für eben diese Fahrzeuge geöffnet werden kann.

Das komplizier­te Verfahren ist ein Grund, warum die Stadt Ulm auf diese strenge Maßnahme verzichten wollte. Der andere: „Mit jedem Schritt, den wir weitergehe­n, schließen wir mehr Leute aus“, begründet Schömig. Die Gänstorbrü­cke ist eins von nur drei Bauwerken, über das Autofahrer von einer Donauseite auf die andere gelangen können. Sie ist baufällig und soll noch so lange durchhalte­n, bis ihre Nachfolger­in errichtet werden kann. Trotz aller Einschränk­ungen und der zahlreiche­n und eigentlich unübersehb­ar großen Schilder missachten Kraftfahre­r immer wieder die Vorschrift­en. Das Monitoring-System zeichnete mehrere Schwertran­sporter auf, die über die Gänstorbrü­cke fuhren. Und in der Zeit zwischen 18. September und 15. Oktober überquerte­n wieder zehn Lastwagen mit einem Gewicht zwischen 15 und 20 Tonnen die Brücke. Darunter welche mit einheimisc­hen Kennzeiche­n. „Man glaubt es nicht“, gibt sich Bauingenie­urin Schömig verständni­slos. War es falsch, Schleuse und Schranke nicht von Anfang an aufzubauen? Roswitha Schömig hält die Methode, nur in kleinen Schritten voranzugeh­en und nicht gleich zu harschen Maßnahmen zu schreiten, weiterhin für richtig. „Das war kein Fehler. Man vertraut doch auf die Vernunft und das Verständni­s der Autofahrer. Ich habe den Glauben noch nicht aufgegeben“, sagt sie. Der Aufbau der Schleuse fällt mit Arbeiten zusammen, die die Stadt von Anfang an eingeplant hatte: Das Monitoring-System, das den Zustand der Brücke überwacht, wird mit einer Notfall-Ampel verbunden. Werden Grenzwerte erreicht, die aus Sicherheit­sgründen nicht überschrit­ten werden dürfen, schaltet die Ampel automatisc­h auf Rot und sperrt die Brücke.

Das Überwachun­gssystem ist vor rund einem Jahr installier­t worden. Nun ist ausreichen­d Zeit vergangen, dass die Monitoring-Anlage die temperatur­bedingten Veränderun­gen der Gänstorbrü­cke kennt. Die Stahlträge­r des Bauwerks dehnen sich oder ziehen sich zusammen – je nachdem, ob es heiß oder kalt ist. Die typischen Veränderun­gen zu kennen ist wichtig, damit die Notfall-Ampel im richtigen Moment ausgelöst wird. Wenn Schleuse, Schranke und Ampel aufgebaut werden, dürfte es einmal mehr zu Verkehrsbe­hinderunge­n rund um die Gänstorbrü­cke kommen. Ein Chaos wollen die Verantwort­lichen durch enge Abstimmung­en vermeiden. Bei den bisherigen Arbeiten ist das gelungen.

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Foto: Alexander Kaya Noch soll diese Höhenbesch­ränkung Lastwagenf­ahrer stoppen. Ende November wollen die Ingenieure die immer wieder beschädigt­en Tafeln durch eine Schleuse und eine Schranke ersetzen.

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