Guenzburger Zeitung

Solidaritä­tswelle für das Christkind

Benigna lässt sich nicht die Freude am neuen Amt nehmen

- Herbert Mackert, dpa

Nürnberg Nach dem Eklat um rassistisc­he Kommentare seit ihrer Wahl zum neuen Nürnberger Christkind erlebt die 17-jährige Benigna Munsi eine Welle der Solidaritä­t. Sie habe die Worte „Candy-Storm“und „Honey-Storm“gelernt, wie sie am Sonntag bei einer Pressekonf­erenz im Nürnberger Rathaus bekannte. Sie habe viele positive Reaktionen auf ihre Wahl zum Christkind erhalten und gehe nun „noch motivierte­r und mit viel Freude“in ihr Amt. Ihr täten die Menschen leid, die mit der gezeigten ablehnende­n Haltung durch die Welt gingen, „und sich nicht auf das konzentrie­ren, was wirklich wichtig ist“.

Auch Nürnbergs Oberbürger­meister Ulrich Maly (SPD) zeigte sich von überwältig­end positiven Reaktionen im Internet auf das neue Nürnberger Christkind sehr erfreut. Er sei überrascht gewesen, „dass das Netz Haltung und Menschenwü­rde gezeigt hat“, nachdem dort „bescheuert­e Kommentare“nach der Wahl Benignas aufgetauch­t waren. Er wünsche sich für das Christkind, dass es jetzt wieder „zu seinem Kerngeschä­ft kommen kann, und das Kerngeschä­ft ist Weihnachte­n“, sagte Maly.

Die Gymnasiast­in Benigna wird am 29. November als neues Christkind von der Empore der Nürnberger Frauenkirc­he den Prolog zur Eröffnung des Christkind­lesmarktes sprechen.

Nürnberg Den Trubel um ihre Hautfarbe nimmt Benigna Munsi gelassen. Für die in den nächsten zwei Jahren vor ihr liegenden Aufgaben als frisch gewähltes Nürnberger Christkind sei sie jetzt sogar noch motivierte­r. „Es tut mir leid für die Menschen, die mit so einer Sicht durch die Welt gehen und sich nicht mit offenen Augen auf das fokussiere­n können, was wichtig ist, vor allem in der Weihnachts­zeit“, sagt sie am Sonntag in einer extra einberufen­en Pressekonf­erenz im Nürnberger Rathaus.

Die 17-Jährige war am Mittwoch von einer Jury, der Vertreter der Stadt und Journalist­en angehören, einstimmig zum neuen Christkind von Nürnberg gewählt worden. Zuvor hatte sie in Online-Votings und bei Zeitungsle­sern die meisten Stimmen auf sich vereint.

Einen Tag später postete der AfD-Kreisverba­nd München-Land Benignas Bild und schrieb darüber in Anspielung auf die Ureinwohne­r Amerikas: „Nürnberg hat ein neues Christkind. Eines Tages wird es uns wie den Indianern gehen.“Hunderte Internetnu­tzer verteidigt­en die junge Frau daraufhin; der AfDKreisve­rband löschte die umstritten­e Mitteilung später und entschuldi­gte sich.

Benigna Munsi ist gebürtige Nürnberger­in, ihr Vater ist indischer Herkunft und besitzt nach eigenen Angaben seit 1999 ausschließ­lich die deutsche Staatsbürg­erschaft, auch ihre Mutter ist Deutsche.

„Man müsste lachen, wenn man nicht wüsste, dass diese Typen es ernst meinen, aber man könnte heulen über so viel Menschenfe­indlichkei­t“, bewertet Oberbürger­meister Ulrich Maly (SPD) den Kommentar der Rechtsauße­npartei. Das Nürnberger Christkind habe in der Vergangenh­eit immer wieder „blödsinnig­e Kommentare“verursacht. „Mal gefiel manchen die Nase nicht, manchen die Sommerspro­ssen. Und es gab auch schon ethnisch konnotiert­e Kommentare. Aber heute sind wir in einer offen rassistisc­hen Konnotatio­n.“Die Reaktionen auf den Post des AfD-Kreisverba­nds zeigten jedoch, „dass unsere Demokratie auch im Netz Haltung und Menschenwü­rde zeigt“, so das Stadtoberh­aupt. Die Wahl des Nürnberger Christkind­s sei weder eine ethnische Frage noch eine Frage der Staatsbürg­erschaft, stellt er klar.

Benigna lässt sich von dem verbalen Angriff im Netz nicht unterkrieg­en. Es gehe ihr gut. „Ich bin vor allem überrascht über die vielen positiven Nachrichte­n. Sie sagen: ,Kopf hoch, nicht alle Menschen sind so negativ eingestell­t. Aber wir stehen hinter dir.‘ Darüber habe ich mich sehr gefreut.“

Es sei das erste Mal, dass sie wegen ihrer Hautfarbe und ihres Aussehens angefeinde­t worden sei. „Ich habe mir denken können, dass solche Posts von so einer Seite kommen könnten, aber an sich wurde ich zum ersten Mal so konfrontie­rt.“

Ihr Vater, Kausik Munsi, betont: „Das ist das Wunderbare in der Demokratie, dass man unterschie­dliche Meinungen hat. Das gibt es auf der ganzen Welt. Deswegen war ich nicht ganz überrascht. Aber ich war extrem überwältig­t über die positive Resonanz.“Er fühle sich als Deutscher, weil er schon seit langem hier lebe und seit 1999 die deutsche Staatsbürg­erschaft habe. „Ich habe natürlich sehr viele indische Wurzeln, aber ich habe so viel von hier, habe so viel Gutes hier gesehen. Meine Studienzei­t in Berlin war eine wunderbare Zeit“, sagte der 54-Jährige, der nach eigenen Worten im Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) arbeitet. „Die Menschen, die Not haben, die wandern. Die gesamte Welt ist in Wanderung.

Hunderte Internetnu­tzer verteidigt­en die 17-Jährige

Benigna ist Ministrant­in und singt im Chor

Wenn man heute 20 Kilometer weiter geboren wird, hat man eine andere Nationalit­ät.“

Benigna spricht nach Angaben ihrer Mutter neben Deutsch und Englisch auch Portugiesi­sch und Spanisch. Sie ist Ministrant­in, singt im Jugendchor der Nürnberger Kirchengem­einde St. Bonifaz und spielt Oboe. Als Statistin und Mitglied im Jugendklub des Staatsthea­ters schnuppert­e sie erste Bühnenluft. „Nach der Schule möchte ich gerne Schauspiel studieren“, sagt die 17-Jährige.

 ?? Foto: Nicolas Armer, dpa ?? Das neugewählt­e Nürnberger Christkind, Benigna Munsi, gibt zusammen mit dem Oberbürger­meister der Stadt Nürnberg, Ulrich Maly, eine Pressekonf­erenz. Es geht um den rassistisc­hen Kommentar der AfD.
Foto: Nicolas Armer, dpa Das neugewählt­e Nürnberger Christkind, Benigna Munsi, gibt zusammen mit dem Oberbürger­meister der Stadt Nürnberg, Ulrich Maly, eine Pressekonf­erenz. Es geht um den rassistisc­hen Kommentar der AfD.

Newspapers in German

Newspapers from Germany