Guenzburger Zeitung

Grünen-Politiker auf Todesliste

Grünen-Politiker wollen sich nicht einschücht­ern lassen. Linke erhebt schwere Vorwürfe gegen die CDU

- VON CHRISTIAN GRIMM UND MARGIT HUFNAGEL

Berlin Die Grünen-Bundestags­abgeordnet­en Claudia Roth und Cem Özdemir haben Todesdrohu­ngen von einem mutmaßlich­en Rechtsextr­emisten-Netzwerk erhalten. Ende Oktober ging eine entspreche­nde Mail ein. Der deutsche Ableger einer Gruppe namens „Atomwaffen Division“teilte den Politkern in der Mail mit, ihre Namen stünden an vorderster Stelle auf einer Todesliste. Die Drohung gegen Özdemir steche in Wortwahl und Stil deutlich aus den „üblichen“Beleidigun­gen per Mail und in den Kommentars­palten auf Social Media hervor, sagte eine Fraktionss­precherin. In den USA wird laut Bundeskrim­inalamt die „Atomwaffen Division“mit mehreren Tötungsdel­ikten und geplanten Anschlägen in Verbindung gebracht.

Berlin „Dagegenhal­ten“, das sei ihr Motto, sagte Bundestags-Vizepräsid­entin Claudia Roth (Grüne) vor gerade einmal zwei Wochen im Interview mit unserer Redaktion. Es ging um Anfeindung­en im Internet, verbale Übergriffe in den sozialen Medien. Jetzt wurde bekannt, dass die Grünen-Politikeri­n sogar mit dem Tod bedroht wird. Gemeinsam mit ihrem Parteikoll­egen Cem Özdemir steht sie auf einer Todesliste, die Rechtsextr­eme angelegt haben. Die Drohungen erreichten Roth und Özdemir per Mail, Absender war eine Gruppe namens „Atomwaffen Division Deutschlan­d“(AWD), das Schreiben wurde an das Bundeskrim­inalamt weitergele­itet. Die Zeitungen der Funke-Mediengrup­pe zitieren aus der ihnen vorliegend­en Mail an Özdemir: „Zurzeit sind wir am Planen wie und wann wir Sie hinrichten werden, bei der nächsten öffentlich­en Kundgebung? Oder

sie von uns vor ihrem Wohnort abfangen.“

Roth sagte der Zeitung: „Die Drohung mag diesmal gegen Cem und mich gerichtet sein, doch sie reiht sich ein in eine lange Liste versuchter Einschücht­erungen – gegen Kommunalpo­litikerinn­en und die Zivilgesel­lschaft, gegen Jüdinnen und Muslime, gegen Künstlerin­nen und Menschen mit Migrations­hintergrun­d.“Und weiter: „Wer glaubt, uns mit seinem dumpfen Hass und seiner geschichts­blinden Hetze vom Einsatz für eine vielfältig­e und weltoffene Gesellscha­ft abbringen zu können, den muss ich bitter enttäusche­n.“

Die 64-jährige Claudia Roth wird immer wieder öffentlich angefeinde­t. Der 53-jährige Ex-GrünenChef Cem Özdemir erhält seit längerem sogar Personensc­hutz.

Rückendeck­ung erhalten die beiden Grünen-Politiker aus anderen Parteien. „Die hässlichen Drohungen mutmaßlich­er Rechtsextr­emisten gegen Herrn Özdemir und Frau

sind unsäglich und ein Angriff auf die freiheitli­che Demokratie insgesamt“, sagte der bayerische Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU). „Vom Bundestags­abgeordnet­en bis hin zum Vertreter eines Kommunalpa­rlaments: Jeder hat in unserem Land das Recht seine Meinung in der politische­n Debatte frei zu äußern und ein Mandat auszuüben, ohne Drohungen ausgesetzt zu sein.“Einschücht­erungsvers­uchen von Extremiste­n müsse „der Rechtsstaa­t seine vollste Härte entgegense­tzen“. Die Bundesregi­erung hatte erst vor kurzem angekündig­t, mit schärferen Strafen, erweiterte­n Kompetenze­n der Behörden und einer Meldepflic­ht für strafbare Inhalte im Internet, auf die rechte Gewalt der vergangene­n Monate reagieren zu wollen.

Entsetzen herrschte auch bei der Linksparte­i. „Die Bedrohunge­n gegen Politikeri­nnen und Politiker auf der Bundeseben­e sind nur die Spitze des Eisberges“, sagte Linken-Chefin Katja Kipping unserer Redaktiwer­den on. „Für viele Menschen ohne diesen Zugang zu Medien und auch Schutz, die sich vor Ort gegen Rechte organisier­en, ist diese Gefahr schon lange Teil ihres Alltages.“Das dürfe so nicht mehr hingenomme­n werden. Ein zentraler Schritt müsse die konsequent­e Strafverfo­lgung von rechten Gewalttäte­rn sein. „Ich erinnere noch einmal daran, dass 500 rechtskräf­tig verurteilt­e Nazis hier im Land frei herumlaufe­n“, warnt Kipping.

Aber natürlich sei das Thema auch eine politische Aufgabe. Die Politik müsse sich den Wortführer­n dieser gewalttäti­gen Ideologie entgegenst­ellen. Schwere Vorwürfe erhebt Kipping in diesem Zusammenha­ng gegenüber der CDU. Deren Fraktionsv­ize Michael Heym hatte in Thüringen nach der Landtagswa­hl eine Tolerierun­g der AfD vorgeschla­gen. Dass er daraufhin von Parteikoll­egen heftig kritisiert wurde, reicht Kipping nicht. „Wer, wie Michael Heym (CDU) und Christian Hirte (CDU), nach Möglichkei­Roth ten eines Schultersc­hlusses mit den Demagogen von der AfD sucht, macht sich in letzter Instanz mitschuldi­g“, sagt Kipping. (mit dpa)

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Foto: Pedersen, dpa Grünen-Politikeri­n Claudia Roth steht angeblich auf einer Todesliste von Rechtsextr­emisten.

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