Abschied eines Modemoguls
Porträt s.Oliver-Gründer Bernd Freier geht in den Ruhestand: Über einen schweigsamen Unternehmer, der aus einer Würzburger Boutique einen Milliardenkonzern formte
Dass Bernd Freier ein „unglaubliches Verkaufstalent“hat, habe er schon in seinem ersten Laden gezeigt. Es ist eine Anekdote, die im Modeunternehmen s.Oliver gerne erzählt wird: Wenn dem Kunden ein Teil zu groß war, habe Freier einfach gesagt, dass man das in Paris gerade so trägt.
50 Jahre später geht Freier nun in den Ruhestand. Zum Ende seines Berufslebens wird der Gründer und Firmeninhaber des Konzerns mit Sitz im mainfränkischen Rottendorf nichts sagen – zumindest öffentlich. Im Laufe seines Aufstiegs hat sich der 73-jährige Unternehmer zunehmend rar gemacht in den Medien, seit vielen Jahren lehnt er Interviewanfragen ab.
Die Geschichte von s.Oliver begann 1969. Seit seiner Jugend hatte Freier großes Interesse an Mode und Bekleidung. Regelmäßig fuhr er nach Paris, um sich modisch aktuell einzukleiden. Bald wurde er auch von seinen Freunden und Bekannten gebeten, Kleidung mitzubringen, die in Deutschland nicht erhältlich war. Mit der Eröffnung einer 100 Quadratmeter großen Herrenmode-Boutique in der Herrnstraße in Würzburg legte er den Grundstein für seine Firma.
Die Boutique trug den Namen „Sir Oliver“. Der Name war inspiriert von der Modewelt Großbritanniens, die in den 60ern vielen Geschäften Namen mit „Sir“am Anfang bescherte. Bei der Wahl des Zusatzes „Oliver“ließ er sich von dem berühmten Gesellschaftsroman „Oliver Twist“von Charles Dickens inspirieren. In seiner Boutique führte er gemeinsam mit drei Angestellten hochwertige Markenmode. Die Kunden waren junge Männer, die modisch in sein wollten. 1975 besaß Freier bereits drei Geschäfte in der Stadt und begann erstmals auch Frauenmode zu verkaufen. Da die Nachfrage in seinen Läden stetig wuchs, entschied Bernd Freier bald, selbst Kleidung herzustellen. Ende 1978 kam es zu einem Rechtsstreit mit der Parfümmarke „4711“, das den Herrenduft „Sir“vertrieb – ein rechtlich geschützter Begriff. Aus Sir Oliver wurde s.Oliver. „Der Rechtsstreit und der daraus resultierende Namenswechsel, waren ein Glücksfall für uns“, sagt ein langjähriger Mitarbeiter. „So kamen wir zum heutigen s.Oliver, das sich für Damenund Herrenmode eignet.“Ende der 70er Jahre hatte das Unternehmen bereits rund 40 Mitarbeiter und acht Einzelhandelsgeschäfte.
Heute hat s.Oliver weltweit 6400 Mitarbeiter und verbucht einen Jahresumsatz von aktuell 1,3 Milliarden Euro. Darüber hinaus ist das Unternehmen als Sport-Sponsor bekannt – und zwar nicht nur für die Würzburger Bundesliga-Basketballer. In der Vergangenheit haben auch Sportgrößen wie Dirk Nowitzki, Ralf Schumacher und Wladimir Klitschko mit s.Oliver zusammengearbeitet. „Keep on punching, my friend!“, twitterte Klitschko zum 50. Jubiläum des Modekonzerns im Juli. Corbinian Wildmeister