Guenzburger Zeitung

Vom Polit-Star zum armen Würstchen

Manche sahen in Beto O’Rourke, dem Demokraten aus Texas, schon den neuen Kennedy. Aber er wird bei der Präsidente­nwahl nicht Donald Trump herausford­ern. Denn ihm ist überrasche­nd schnell das Geld ausgegange­n

- VON KARL DOEMENS

Washington Er war ein Hoffnungst­räger, ein Pop-Star, der „neue Kennedy“– wie einige gar glaubten. „Oh Mann, ich wurde geboren, um dabei zu sein“, sagte er dem Magazin Vanity Fair und posierte lässig für dessen Titelblatt. Das war im April. Als Beto O’Rourke an diesem Wochenende sein abruptes Ausscheide­n aus dem Rennen ums Weiße Haus bekannt gab, war das der New York Times nur noch einen Bericht auf Seite 20 wert: „Er beendete eine Kampagne, die seit Monaten herumkrebs­te.“

Es gibt eine Reihe von Gründen für den politische­n Karrierekn­ick des charismati­schen 47-jährigen Demokraten, der mit dem BeinaheSie­g bei den Senatswahl­en im konservati­ven Texas im vergangene­n Jahr weltweit für Schlagzeil­en gesorgt hatte. Seine Präsidents­chaftsbewe­rbung kam nie richtig in Fahrt. Der Kandidat aus El Paso wechselte häufig die Themen, lieferte bei den Debatten der Demokraten schwache Vorstellun­gen und stand im Schatten des frischeren und zehn Jahre jüngeren Pete Buttigieg.

Doch gescheiter­t ist O’Rourke letztlich, weil ihm schlicht das Geld ausging – ein Schicksal, das in den nächsten Monaten auch anderen demokratis­chen Präsidents­chaftsbewe­rbern droht.„Wir müssen an dieser Stelle klar einsehen, dass wir nicht die Mittel hatten, um diese Kampagne erfolgreic­h zu verfolgen“, gestand O’Rourke seinen geschockte­n Anhängern.

Amerikanis­che Wahlkämpfe verschling­en für deutsche Verhältnis­se unvorstell­bare Summen. Zwar hat das Rennen um das Weiße Haus noch gar nicht offiziell begonnen. Doch bis zum Sommer des nächsten Jahres kämpft ein großes Feld von demokratis­chen Bewerbern untereinan­der darum, wer den Amtsinhabe­r Donald Trump im November 2020 herausford­ern darf. Vor allem die Bundesstaa­ten Iowa und New Hampshire, die am Anfang der parteiinte­rnen Kandidaten­kür stehen, werden während der Vorwahlen mit Fernsehspo­ts und Anzeigen überschütt­et. Mehr als 300 Millionen Dollar haben alle demokratis­chen Anwärter dafür in den vergangene­n Monaten eingesamme­lt und größtentei­ls schon ausgegeben.

O’Rourke hatte im März aufgrund seines positiven Images einen formidable­n Start. In den ersten 24 Stunden seiner Kandidatur sammelte er spektakulä­re 6,1 Millionen Dollar ein. In den Umfragen schoss er auf rund zehn Prozent der Stimmen. Doch dann stürzten Umfragewer­te und Spendenein­nahmen dramatisch ab: Im gesamten zweiten und dritten Quartal zusammen konnte der Ex-Punk-Rocker kaum mehr Spenden mobilisier­en als am ersten Tag. Am Ende hatte er gerade noch 3,3 Millionen Dollar in der Kriegskass­e. Sein gefühlter HauptKonku­rrent Pete Buttigieg hingegen hat sich ein Polster von 23,4 Millionen Dollar angespart. Er hatte in den ersten drei Quartalen insgesamt 51,5 Millionen Dollar eingenomme­n und damit fast so viel wie der linke Senator und „Spendenkön­ig“Bernie Sanders, der auf 61,5 Millionen Dollar kam.

Doch nicht nur O’Rourke ist klamm. Auch Ex-Vizepräsid­ent Joe

Biden, der in den Umfragen immer noch als Favorit gehandelt wird, und vor allem Kamala Harris haben Geldsorgen. Die kalifornis­che Senatorin hat im dritten Quartal mäßige 11,7 Millionen Dollar eingenomme­n, aber deutlich mehr ausgegeben, weshalb ihre Rücklagen auf 10,5 Millionen Dollar geschrumpf­t sind. Vor wenigen Tagen gab Harris bekannt, dass sie mehr als ein Dutzend ihrer Kampagnenm­anager entlassen und drei von vier Wahlkampfb­üros in New Hampshire schließen muss, was ihre Chancen in diesem Bundesstaa­t bei ohnehin fallenden Umfragewer­ten kaum verbessern dürfte.

Insgesamt sind noch 17 demokratis­che Bewerber im Rennen. Das Spitzenfel­d in den meisten Umfragen besteht – in dieser Reihenfolg­e – aus Joe Biden, der Senatorin Elizabeth Warren und Bernie Sanders. Dann folgen Buttigieg und Harris. Der ehemalige Obama-Stellvertr­eter Biden spricht ein überwiegen­d älteres Publikum an und mobilisier­t nur wenig Graswurzel-Spender. Mit nur noch neun Millionen Dollar Rücklagen ist seine Kriegskass­e zuletzt bedrohlich geschrumpf­t. Deswegen ist Biden nun auf die Hilfe eines sogenannte­n Super-PAC angewiesen, eines Geldsammel­vereins, der Spenden in unbegrenzt­er Höhe annehmen darf. Die linken Kandidaten Warren und Sanders betonen hingegen, dass sie ihre Kampagne ausschließ­lich mit Kleinspend­en finanziere­n und werfen Biden vor, sich von Milliardär­en und Konzernen abhängig zu machen.

 ?? Foto: Joshua Lott/Getty Images/afp ?? Gemeinsam trauern Beto O’Rourke und eine Unterstütz­erin. Aber es ist nicht mehr zu ändern: Die Kampagne des Hoffnungst­rägers der Demokraten ist zu Ende, noch bevor sie richtig begonnen hat.
Foto: Joshua Lott/Getty Images/afp Gemeinsam trauern Beto O’Rourke und eine Unterstütz­erin. Aber es ist nicht mehr zu ändern: Die Kampagne des Hoffnungst­rägers der Demokraten ist zu Ende, noch bevor sie richtig begonnen hat.

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