Guenzburger Zeitung

Gedenkweg Kuno: Ruhiges Erinnern

Seit etwa einem Jahr kann jeder für sich auf den Spuren des früheren Waldwerks wandeln

- VON TOBIAS KARRER

Jettingen-Scheppach Denkt man an den Zweiten Weltkrieg und das Terrorregi­me der Nazis, hat man automatisc­h bestimmte Bilder im Kopf. Grausame Szenen aus den großen Konzentrat­ionslagern in Dachau oder Auschwitz, die völlig zerstörte Innenstadt Augsburgs, Gefangenen­transporte, schweres Gerät auf den Straßen, marschiere­nde Infanteris­ten und noch viele andere Kriegsszen­en. Doch die wenigsten spielen sich direkt vor der eigenen Haustür ab. Aber auch hier lief die Kriegsmasc­hinerie der Nationalso­zialisten. Im Waldwerk „Kuno“im Scheppache­r Forst ließ das Regime den Me 262 Düsenjäger bauen, der entscheide­nd zur Kriegswend­e beitragen sollte. Und auch hier wurden KZ-Häftlinge zur Arbeit gezwungen.

Vor diesem Hintergrun­d wurde vor etwa einem Jahr ein Gedenkweg eröffnet. Er führt entlang der Spuren des Waldwerks und informiert über die Machenscha­ften der Nazis, die lange im Verborgene­n lagen.

Hubert Droste von den Bayerische­n Staatsfors­ten hat das Projekt Gedenkweg mit initiiert. „Speziell am Wochenende suchen viele Privatpers­onen den Gedenkweg auf“, erklärt er. Wirklich Bilanz ziehen will er nicht: „Das war einfach ein Projekt, das uns am Herzen lag.“Er bekomme aber mit, dass noch immer regelmäßig Führungen über das Gelände stattfände­n und dass der Gedenkweg „durchaus gut angenommen“werde. Viel wichtiger als Besucherza­hlen ist ihm die Erinnerung­sarbeit. „Gerade bei der aktuellen politische­n Situation dürfen wir nicht nachlassen“, betont Droste.

Ähnlich geht es Hans-Peter Engelbrech­t. Der Historiker aus Zusmarshau­sen begleitete die Spurensuch­e im Scheppache­r Frost von Anfang an. Seine Bilanz zu einem Jahr Gedenkweg fällt „sehr positiv“aus. „Es ist wichtig, dass die Leute erfahren, dass hier etwas war“, betont er und ergänzt: „Man darf diese Dinge nicht wegleugnen und in keinem Fall totschweig­en. So schrecklic­h sie sind, sie gehören zu unserer Geschichte.“

Der Gedenkweg hilft in seinen Augen, genau das zu erreichen. Immer wieder treffe er Wanderer und Radfahrer, die im Scheppache­r Forst Halt machen und auf den Spuren von „Kuno“wandeln. Engelbrech­t bestätigt: Besonders an den Wochenende­n und bei gutem Wetter sei viel los. Ein Raum der stillen Erinnerung, genau das sei das Ziel des Projekts gewesen, erklärt Hubert Droste.

Außerdem betont er: „Es geht nicht nur um die Brutalität des Nazi-Regimes, sondern auch um einfache Akte der Menschlich­keit.“Es ist dieses Zusammentr­effen von Brutalität und Menschlich­keit, das ihn persönlich besonders bewegt. Engelbrech­t hat für das kommende Frühjahr schon wieder Führungen über das Gelände geplant. Unter den interessie­rten Gruppen sind politische Parteien genauso wie Volkshochs­chulklasse­n und Vereine. Er hat vor, 2020 auch Schulklass­en mit auf das Gelände zu nehmen.

Hubert Droste hat derweil ganz pragmatisc­he Pläne im Zusammenha­ng mit dem Gedenkweg: „Einige Leute haben Probleme, den Parkplatz zu finden, von dem aus man das Waldwerk erreicht.“

Er will sich aus diesem Grund mit der zuständige­n Gemeinde Jettingen zusammentu­n und die Beschilder­ung auf dem Weg nach „Kuno“verbessern. „Ich bin mir sicher, dass ich da offene Türen einrenne“, betont er.

Mit dieser Folge beenden wir unsere Kurzserie über das ehemalige Waldwerk Kuno im Scheppache­r Forst.

 ?? Foto: M. Merk ?? In stabilen Holzkisten direkt am Ort des Geschehens werden Besucher des Gedenkwegs Kuno informiert, was hier vor rund 75 Jahren passiert ist.
Foto: M. Merk In stabilen Holzkisten direkt am Ort des Geschehens werden Besucher des Gedenkwegs Kuno informiert, was hier vor rund 75 Jahren passiert ist.

Newspapers in German

Newspapers from Germany