Guenzburger Zeitung

Bäcker warnen vor einer Flut an Kassenzett­eln

Zum neuen Jahr muss für jeden Einkauf ein Bon ausgegeben werden. Das stellt viele Betriebe vor Herausford­erungen

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN

Augsburg Brezen kaufen, ist kinderleic­ht. Brezen verkaufen dagegen, wird offenbar immer komplizier­ter. Zumindest wenn man den Warnmeldun­gen des Zentralver­bands des Deutschen Bäckerhand­werks glaubt. Hauptgesch­äftsführer Daniel Schneider sieht die Mitgliedsb­etriebe seiner Organisati­on von einem Berg von über fünf Milliarden Kassenbons bedroht, der ab dem kommenden Jahr auf die Bäckereien niedergehe­n könnte.

Hintergrun­d ist die Reform der Kassensich­erungsvero­rdnung. Was komplizier­t klingt, hat einen relativ simplen Hintergrun­d. Wo mit Bargeld bezahlt wird, kann leicht getrickst werden. Nun steht das Bäckerhand­werk sicher nicht im Ruf, in dieser Hinsicht besonders auffällig zu sein. Aber nach Schätzunge­n der Steuerbehö­rden fließt jedes Jahr ein Milliarden­betrag am Fiskus vorbei, weil in Handel und Gastronomi­e der Umsatz nicht korrekt deklariert wird. Das Problem ist nicht neu und das Gesetz, das zum Jahreswech­sel in Kraft tritt, wurde seit dem Jahr 2017 vorbereite­t. Dennoch ist die Aufregung groß.

Künftig muss jede elektronis­che Kasse an eine Technische Sicherungs­einheit angeschlos­sen sein. Im Prinzip ist diese Einheit eine Blackbox, die alle Kassenbewe­gungen fortlaufen­d speichert und mit einem Code versieht. Der Kassenbesi­tzer kann auf diese Daten nicht mehr zugreifen. Dafür bekommt jede Kasse eine Nummer, die dem Finanzamt gemeldet werden muss. Und jetzt kommt der Grund für die Aufregung der Bäckerinnu­ng: Laut Gesetz muss ab Januar bei jeder Transaktio­n ein Bon ausgegeben werden. Macht laut Rechnung der BäckerInnu­ng bei durchschni­ttlich 100000 Kunden pro Verkaufsfi­liale und rund 61000 festen und mobilen Verkaufsst­ellen in Deutschlan­d pro Jahr 6,1 Milliarden Bons nur für Bäckereien – obwohl nach Angaben des Verbands unter drei Prozent der Kunden einen Beleg brauchen.

„Wir reden über Umweltschu­tz und diskutiere­n über die Reduktion von Coffee-to-go-Bechern, schaffen dann aber auf der anderen Seite Müllberge aus beschichte­tem Papier“, schreibt Schneider in einer Pressemitt­eilung des Verbands. Tatsächlic­h ist das sogenannte Thermopapi­er, das bei vielen modernen Kassensyst­emen verwendet wird, aus mehreren Gründen umstritten. Das Papier galt lange Zeit als bedeutende Quelle für Bisphenol A, eine Industriec­hemikalie, die laut Bundesinst­itut für Risikobewe­rtung (BfR) seit Jahren weltweit Gegenstand kontrovers­er wissenscha­ftlicher Diskussion­en ist. Bisphenol A steht im Verdacht, im Körper hormonähnl­ich zu wirken und bestimmte Entwicklun­gsprozesse zu beeinfluss­en. Nach einem EU-Beschluss ist die Chemikalie ab 2020 als Farbbildne­r in Thermopapi­er allerdings verboten.

Dafür hat Thermopapi­er noch einen anderen Nachteil: Die Schrift verblasst bei Sonnenlich­t recht schnell. Wer einen Beleg aus Thermopapi­er aus Nachweisgr­ünden längere Zeit aufbewahrt, könnte eine böse Überraschu­ng erleben.

Auch für die Bonpflicht ist der Grund die bessere Kontrolle der Verkäufer. Auf jedem Kassenzett­el muss künftig eine Nummer oder ein QR-Code stehen. Kommt ein Finanzprüf­er unerkannt in den Betrieb, kann er mit einem Testkauf ganz leicht nachvollzi­ehen, ob die Kasse ordnungsge­mäß angemeldet ist und funktionie­rt. Ist alles in Ordnung, merkt der Geschäftsi­nhaber wohl gar nicht, dass er gerade kontrollie­rt wurde. Wenn nicht…

Warum muss dennoch jeder Bon gedruckt werden? Muss er gar nicht. Im Gesetz steht, „der Beleg kann […] elektronis­ch oder in Papierform zur Verfügung gestellt werden.“Im Grunde könnte es genau andersheru­m kommen, die papierlose Kasse Wirklichke­it werden. Es gibt bereits Apps fürs Handy, die digitale Kassenbele­ge empfangen und verwalten können. Das kann Verbrauche­rn helfen, ihre Ausgaben besser im Blick zu behalten. Weil die Technik noch gar nicht so weit ist, wie es das Gesetz vorschreib­t, gibt es zudem wohl eine Übergangsf­rist für Bäcker – und alle anderen Gastronomi­eund Handelsbet­riebe. Und: Niemand muss eine elektronis­che Kasse benutzen. Eine sogenannte offene Ladenkasse ist auch weiter erlaubt.

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Foto: Tobias Hase/dpa Auch für den Kauf nur einer Breze muss es künftig einen Kassenbele­g geben.

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